Drei Schwarze Löcher auf Kollisionskurs
von
Stefan Deiters astronews.com
1. Oktober 2019
Astronominnen und Astronomen haben mithilfe verschiedener
Teleskope auf der Erde und im All drei supermassereiche Schwarze Löcher entdeckt,
die vermutlich irgendwann verschmelzen werden. Die
Forschenden hatten eigentlich nach Schwarze-Loch-Paaren gesucht und waren dabei
auf das faszinierende System in rund einer Milliarde Lichtjahre Entfernung
gestoßen.
Das System SDSS J084905.51+111447.2 in dem gleich drei
supermassereiche Schwarze Löcher entdeckt wurden. Unten links
eine Ansicht des markierten Bereichs im Röntgenlicht.
Bild: NASA / CXC /
George Mason Univ. / R. Pfeifle et al. (Röntgen), SDSS & NASA
/ STScI (Optisch) [Großansicht] |
"Wir haben nach Paaren von Schwarzen Löchern gesucht", erinnert sich Ryan
Pfeifle von der George Mason University in Fairfax im US-Bundesstaat
Virginia. "Doch dann sind wir mit unserem Auswahlverfahren auf dieses
faszinierende System gestoßen. Es ist der bislang beste Beweis für die Existenz
von Dreier-Systemen aus aktiven, materialverschlingenden supermassereichen
Schwarzen Löchern."
Das Galaxiensystem, in dem sich das Trio befindet, ist als SDSS
J084905.51+111447.2 katalogisiert und rund eine
Milliarde Lichtjahre von der Erde entfernt. Um es aufzuspüren, waren mehrere Schritte
nötig: Zunächst hatten Bürgerwissenschaftler des Projektes Galaxy Zoo in Daten
des Sloan Digital Sky Survey (SDSS) das System als kollidierende Galaxien
identifiziert. Auf Daten des Wide-field Infrared Survey Explorer der NASA
erschien es extrem hell im Infraroten, was auf mehr als ein aktives - also
materialverschlingendes - Schwarzes Loch während einer Galaxienverschmelzung
hindeutete.
Das NASA-Röntgenteleskop Chandra zeigte dann Röntgenquellen in dem
System genau dort, wo man die Zentren der an der Verschmelzung beteiligten
Galaxien vermutete und damit auch ihre supermassereichen Schwarzen Löcher.
Solche gewaltigen Schwarzen Löcher mit der millionen- bis milliardenfachen Masse
unserer Sonne dürfte es - so die aktuelle Theorie - in praktisch jeder Galaxie
geben. Chandra und das Nuclear Spectroscopic Telescope Array (NuSTAR)
fanden zudem auch Hinweise auf große Mengen an Gas um eines der Schwarzen
Löchern, was typisch für verschmelzende Schwarze-Loch-Systeme ist.
Spektren aus dem SDSS und vom Large Binocular Telescope in Arizona
lieferten parallel dazu Informationen über das Material, das von den drei
Schwarzen Löchern gerade verschlungen wird. "Optische Spektren verraten jede
Menge über eine Galaxie", so Christina Manzano-King von der University of
California in Riverside. "Man kann durch sie aktive materialverschlingende
Schwarze Löcher identifizieren und daraus auch Schlüsse auf deren Auswirkungen
auf den Rest der Galaxie ziehen."
Schwarze-Loch-Tripletts dieser Art sind in der Regel schwer aufzuspüren, weil
sie sich meist hinter dichten Gas- und Staubwolken verstecken, die einen
Großteil ihres Lichts verschlucken. Durch Beobachtungen im Infraroten und im
Röntgenbereich konnte man dieses Problem aber umgehen. "Durch die Nutzung von
verschiedenen großen Observatorien konnten wir einen neuen Weg aufzeigen, wie
man diese Dreifachsysteme identifizieren kann", so Pfeifle. "Wir hoffen, dass
wir mit diesem Verfahren noch weitere Dreifachsysteme aufspüren können."
"Doppel- und Dreifachsysteme von Schwarzen Löchern sind äußerst selten",
unterstreicht Shobita Satyapal von der George Mason University. "Aber
solche Systeme sind eine natürliche Folge von Galaxienverschmelzungen, durch die
nach unseren Theorien Galaxien wachsen und sich weiterentwickeln."
Die Verschmelzung von drei Schwarzen Löchern läuft anders ab als es von nur
zwei Schwarzen Löchern zu erwarten ist. So vermutet man, dass eine Kollision und
Verschmelzung von zwei Schwarzen Löchern eines Trios sehr viel schneller
passiert, als es bei nur zwei sich umkreisenden Schwarzen Löchern der Fall wäre.
Das dritte Schwarze Loch könnte hier eine Art "Hilfestellung" leisten.
Computersimulationen deuten darauf hin, dass es bei etwa 16 Prozent von
Schwarze-Loch-Paaren in kollidierenden Galaxien zuvor eine Wechselwirkung mit
einem dritten Schwarzen Loch gegeben hat.
Die Verschmelzung von Schwarzen Löchern ist eine starke
Quelle von Gravitationswellen, wie man sie in den letzten Jahren immer wieder
mithilfe großer Gravitationswellendetektoren nachweisen konnte.
Über ihre Entdeckung berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal erschienen ist.
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