Zwei Schwarze Löcher vor Verschmelzung
von Stefan
Deiters
astronews.com
10. April 2006
Fast jede Galaxie beherbergt in ihrem Zentrum ein
supermassereiches Schwarzes Loch. Wenn Galaxien kollidieren, entsteht ein
Schwarzes Loch-Duo, das irgendwann einmal zu einem einzelnen Schwarzen Loch
verschmilzt. Astronomen ist es nun gelungen, im 300 Millionen Lichtjahre
entfernten Galaxienhaufen Abell 400 ein solches Paar aufzuspüren.
Das Millionen Grad heiße Gas im Galaxienhaufen Abell
400 (blau) und die beiden im Radiobereich entdeckten Jets, die
in der Umgebung der Schwarzen Löchern (helle Punkte) ihren
Ursprung haben. Foto: NASA/CXC/AIfA/D.Hudson & T.Reiprich
et al. (Röngten); NRAO/VLA/NRL (Radio)
Die Galaxie NGC 1128 im sichtbaren Bereich des Lichtes. Die
Schwarzen Löcher befinden sich beiden in dieser Galaxie, deren
ungewöhnliche Form vermutlich auf eine Kollision von zwei
Galaxien zurückgeht. Foto: Pal. Obs. DSS |
Ein internationales Astronomenteam unter Leitung von Dr. Daniel Hudson von
der Universität Bonn gelang es, zwei supermassereiche Schwarze Löcher
aufzuspüren, die gerade dabei sind, zu einem doppelten Schwarzen Loch zu werden.
Mit Hilfe von Beobachtungen des NASA-Röntgenteleskops Chandra konnten die
Wissenschaftler die beiden Schwerkraftfallen in dem rund 300 Millionen
Lichtjahre entfernten Galaxienhaufen Abell 400 so detailliert beobachten, dass
Rückschlüsse auf ihr weiteres Schicksal möglich werden.
"Die beiden Schwarzen Löcher im Galaxienhaufen Abell 400 sind bereits seit
geraumer Zeit durch die Radiowellen bekannt", erläutert Hudsons Kollege Dr.
Thomas Reiprich. "Mit Chandra konnten wir jetzt endlich unsere Vermutung
beweisen, dass sie durch die Schwerkraft aneinander gefesselt sind und
irgendwann verschmelzen werden."
Bis es zu einer solchen Verschmelzung kommt, werden allerdings noch einige
Millionen Jahre vergehen: Die beiden Schwarzen Löcher haben sich, so die Ansicht
der Astronomen, gerade erst gefunden. Nun werden sie sich zunächst einige Zeit
lang umkreisen und dabei, durch so genannte "dynamische Reibung", Energie
verlieren. Dadurch rücken die beiden Schwarzen Löcher näher zusammen.
In einer zweiten Phase können die Schwarzen Löcher dann andere Sterne aus ihrer
Umgebung anziehen, beschleunigen und schließlich ins All hinauskicken. Durch
diesen Prozess wird dem System weitere Energie entzogen, so dass sich die
Schwarzen Löcher weiter aneinander annähern. In der finalen Phase schließlich
senden die beiden sich umkreisenden Schwerkraftfallen starke Gravitationswellen
aus.
Durch diese von Einstein vorhergesagten Wellen, die die Raumzeit stauchen
und strecken, dürfte schließlich so viel Energie verloren gehen, dass die beiden
Schwarzen Löcher verschmelzen. Auch durch die Verschmelzung selbst sollte es zu
einem gewaltigen Ausbruch an Gravitationswellen kommen – es dürfte sich dann
sogar um eine der markantsten Gravitationswellen-Quellen im Universum handeln.
Galaxienhaufen sind Ansammlungen von Galaxien und heißem Gas, dessen
Konzentration im Zentrum des Haufens am größten ist. "Chandra misst mit
einer bisher unerreichten räumlichen Auflösung die Röntgenstrahlung, die von dem
Gas ausgeht. Und diese verrät uns Temperatur, Dichte und Druck des Gases",
erläutert Hudson. Zusammen mit Reiprich und seinen amerikanischen Kollegen Tracy
Clark und Craig Sarazin konnte er mit Hilfe der Chandra-Daten zeigen,
dass das Gas relativ zur Bewegungsrichtung der Schwarzen Löcher strömt, ähnlich
den Wellen hinter einem Schiff - die Schwarzen Löcher bewegen sich also zusammen
in eine Richtung.
Aus dieser Tatsache folgern die Wissenschaftler, dass die beiden Schwarzen
Löcher aneinander gebunden sind, also zusammen durch den Galaxienhaufen wandern.
Den Astronomen gelang es auch, die Geschwindigkeit zu messen, mit der die
Schwarzen Löcher durch den Galaxienhaufen rasen: 1.200 Kilometer pro Sekunde.
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