Schwarze
Löcher in kollidierenden Galaxien
von Stefan Deiters astronews.com
22. Mai 2007
Dank einer leistungsfähigen adaptiven Optik konnten
Astronomen mit dem Keck II-Teleskop auf Hawaii nun den genauen Ort von zwei
supermassereichen Schwarzen Löchern bestimmen, die sich im Zentrum zweier
kollidierender Galaxien befinden. Die Beobachtungen geben auch Aufschluss über
die Umgebung der Schwerkraftfallen in 300 Millionen Lichtjahren Entfernung.
Unter anderem entstehen hier noch neue Sterne.
Infrarot-Aufnahme von NGC 6240, die mit dem Keck
II-Teleskop auf Hawaii mit adaptiver Optik
aufgenommen wurde. Die grüne vertikale Linie im
oberen Bild entspricht einer Distanz von 1.600
Lichtjahren. Bei den blauen Punkten handelt es
sich um Sternhaufen, die durch die Kollision
entstanden sind. Die Position der beiden Schwarzen
Löcher ist im unteren Bild markiert.
Bild: C. Max, G. Canalizo,
und W. de Vries.
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Beide Schwarzen Löcher sind nach Beobachtung der Astronomen von
einer Wolke aus Sternhaufen umgeben, die entstanden sind als durch die Kollision
der beiden Galaxien Gas komprimiert wurde und so neue Sternentstehung einsetzen
konnte. "Das Studium des Zusammenspiels zwischen Galaxienkollisionen und - verschmelzungen, Sternentstehung und der Aktivität von einem Schwarzen Loch im
Zentrum ist entscheidend, um verstehen zu können, wie unser Universum sich zu
den Galaxien und Strukturen entwickelt hat, die wir heute sehen", erläutert
Gabriela Canalizo vom Institut für Geophysik und Planetare Physik an der
University of California in Riverside. Zusammen mit Claire E. Max und
William H. de Vries hat die Wissenschaftlerin die Ergebnisse ihrer Beobachtungen
jetzt im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht.
"NGC 6240 ist ein System aus zwei Galaxien, die man gerade bei der
Verschmelzung beobachten kann", erzählt Canalizo. "Damit ist das Paar ein
ideales Versuchsobjekt, um unsere gegenwärtigen Theorien über
Galaxienentwicklung zu testen." NGC 6240 würde den Forschen nämlich nicht nur
Schwarze Löcher bieten, die gerade dabei sind in beachtlichen Mengen Material zu
verschlingen, sondern auch heftige Sternentstehung und eine gerade ablaufende
Galaxienkollision. "Zudem dürften die beiden Schwarzen Löcher bald verschmelzen.
Das gesamte System ist uns darüber hinaus auch noch vergleichsweise nahe, so dass man Details gut
beobachten kann." NGC 6240 ist rund 300 Millionen Lichtjahre von der Erde
entfernt.
Die beiden aktiven Schwarzen Löcher waren bereits aus früheren Beobachtungen
bekannt: "Das Paar kollidierender Galaxien wurde von vielen Astronomen in den
verschiedensten Wellenlängenbereichen beobachtet. Doch es stellte sich
heraus, dass es recht schwierig war, die einzelnen Beobachtungen in
Übereinstimmung zu bringen und damit den exakten Ort der Schwarzen Löcher
zu ermitteln", so Claire E. Max, Professorin für Astronomie und Astrophysik an der
University of California in Santa Cruz und Direktorin des Zentrums für
adaptive Optik. "Erst die Beobachtungen mit der adaptiven Optik haben es uns
erlaubt, das Bild zusammenzusetzen. Jetzt können wir alles sehen: den heißen
Staub im Infraroten, die Sternen im Infraroten und im sichtbaren Bereich des
Lichtes und die Röntgenstrahlen und Radioemissionen, die direkt aus der Nähe
der Schwarzen Löcher kommen."
Unter "adaptiver Optik" versteht man ein System aus Teleskopen, Computern und
verbiegbaren Spiegeln. Die Spiegel werden durch einen Computer so gesteuert,
dass sie die Störungen der Erdatmosphäre ausgleichen und so einen deutlich
detailreicheren Blick erlauben als es eigentlich von der Erde aus möglich wäre.
"Durch die adaptive Optik konnten wir exakt die Position der beiden Schwarzen
Löcher bestimmen", so Canalizo. "Mit dieser Information können wir nun erstmals
das Zusammenspiel zwischen den aktiven Schwarzen Löchern und der Sternentstehung
um sie herum studieren und modellieren. Das verschafft und dann einen Einblick
darin, wie Galaxien aus kleineren Einheiten zu immer größeren Galaxien werden,
wie wir sie auch heute beobachten."
Bilder von NGC 6240 im sichtbaren Bereich des Lichts, die das
Weltraumteleskop Hubble gemacht hat, zeigen eindrucksvoll die
Auswirkungen der Kollision auf das Aussehen der beiden Galaxien. Auch lassen
sich zwei helle Zentren erkennen, doch wird der Kernbereich durch Staubwolken
verdeckt. Dass es sich hier wirklich um zwei Schwarze Löcher handelt,
konnte das Röntgenteleskop Chandra erstmals im Jahr 2002 nachweisen
(astronews.com berichtete). Auch zwei punktförmige Radioquellen wurden
nachgewiesen. Die beiden schwarzen Löcher in NGC 6240 dürften sich vermutlich innerhalb der
nächsten zehn bis 100 Millionen Jahre auf spiralförmigen Bahnen immer
weiter annähern und schließlich verschmelzen.
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