Neuer interstellarer Besucher heißt Borisov
von Stefan Deiters astronews.com
24. September 2019
Vor zwei Jahren wurde mit 1I/ʻOumuamua erstmals ein Objekt
entdeckt, das aus einem anderen Sonnensystem stammt. Ende August fiel einem
Amateurastronom ein kometenähnliches unbekanntes Objekt auf einer ungewöhnlichen
Bahn auf. Inzwischen ist klar, dass es sich auch dabei um einen interstellaren
Besucher handelt, der nun den Namen seines Entdeckers trägt: 2I/Borisov.
Der
interstellare Komet 2I/Borisov in einer Aufnahme
des Gemini-North-Teleskops auf Hawaii. Das Bild
entstand in der Nacht vom 9. auf den 10.
September.
Bild: Gemini Observatory/NSF/AURA [Großansicht] |
Am 30. August 2019 machte der Amateurastronom Gennady Borisov mithilfe seines
selbstgebauten 65-Zentimeter-Teleskops von der Krim aus eine Entdeckung, die auf
den ersten Blick wie ein ganz gewöhnlicher Komet aussah, der sich langsam dem
inneren Sonnensystem nähert. Das Objekt verfügte nämlich bereits über eine Koma
und entwickelte später sogar einen kleinen Schweif.
Nachdem das neue, zunächst C/2019 Q4 genannte Objekt eine Woche lang von
professionellen Astronomen und Amateuren beobachtet worden war, konnte auch eine
erste Bahn des vermeintlich "normalen" Kometen berechnet werden: Es
stellte sich heraus, dass dieses Objekt sehr wahrscheinlich nicht aus unserem
Sonnensystem stammen kann, sondern - genau wie der Ende 2017 entdeckte 1I/ʻOumuamua
- aus dem interstellaren Raum kommt und dem inneren Sonnensystem nur eine
Stippvisite abstattet.
Inzwischen ist die Bahn so gut bekannt, dass kein Zweifel mehr daran besteht,
dass der Amateur auf der Krim den zweiten interstellaren Besucher überhaupt
entdeckt hat. Die Internationale Astronomische Union hat dem Objekt daher heute
offiziell die Bezeichnung "2I" gegeben - sowie den Namen des Entdeckers, wie es
bei kometenähnlichen Objekten üblich ist. Es heißt somit "2I/Borisov".
Die Bahn von 2I/Borisov ist äußerst auffällig: Bislang hat man keinen Kometen
entdeckt, der einen so hyberbolischen Orbit hatte, wie der neue interstellare
Besucher. Die Entdeckung von zwei interstellaren Objekten innerhalb von nur zwei
Jahren könnte bedeuten, dass solche Objekte vergleichsweise häufig sind. Ihre
Untersuchung könnte den Astronomen daher einen neuen Weg eröffnen,
etwas über Vorgänge in anderen Planetensystemen zu erfahren.
2I/Borisov wird seinen sonnennächsten Punkt am 7. Dezember 2019 erreichen und
dann zwei Astronomische Einheiten von der Sonne und auch von der Erde entfernt
sein. Im Dezember und Januar dürfte 2I/Borisov dann vor allem von der
Südhalbkugel aus zu sehen sein. Erste Beobachtungen haben ergeben, dass der
interstellare Besucher einen Durchmesser von einigen Kilometern haben sollte.
Ein erstes Spektrum deutet zudem auf eine für Kometen übliche Zusammensetzung
hin.
Der neue Besucher im inneren Sonnensystem dürfte in den kommenden Wochen und
Monaten intensiv beobachtet werden. Vielleicht lässt sich dadurch auch die Frage
beantworten, die sich so mancher Astronom nach der nunmehr zweiten Entdeckung
eines solchen Objektes stellen dürfte: Sollten interstellare Besucher
tatsächlich vergleichsweise
häufig sein, warum ist es dann nicht bereits früher gelungen, ähnliche Objekte
zu entdecken?
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