Ein Fingerabdruck der Erde
von
Stefan Deiters astronews.com
2. September 2019
Aus den Daten eines Satelliten, der durch gezielte Messungen
Informationen über die Erdatmosphäre liefern sollte, haben Astronomen nun einen
Fingerabdruck der Erde rekonstruiert. Er zeigt, was Forscher auf einem
extrasolaren Planeten bei einem Transit der Erde vor der Sonne beobachten
würden. Dies könnte auch bei der Suche nach anderen, potentiell
lebensfreundlichen Planeten helfen.
Wie findet man erdähnliche Planeten im All? Ein neuer
"Fingerabdruck" der Erde könnte nun helfen, diese Frage zu
beantworten.
Bild: NASA, ESA und G. Bacon (STScI) [Großansicht] |
Mit dem im Jahr 2003 gestarteten kanadischen Satelliten SciSat1 wurden Daten
über die Erdatmosphäre und das Ozonloch über der Arktis gesammelt. Dabei
analysierte man das Sonnenlicht, das durch die Erdatmosphäre in die Instrumente
an Bord von SciSat1 fiel - ein Verfahren, das grundsätzlich ähnliche
Informationen liefert, wie die Analyse des Lichts eines fernen Sterns, das durch die
Atmosphäre eines Planeten fällt, dessen Transit wir gerade beobachten.
Evelyn Macdonald und ihr Betreuer Professor Nicolas Cowan von der McGill
University im kanadischen Montreal haben daher diese
Informationen von SciSat1 genutzt, um einen "Fingerabdruck" der Erdatmosphäre zu
erstellen. Diesen könnten auch Astronominnen und Astronomen auf einem
extrasolaren Planeten beobachten, wenn sie zufällig sehen können, wie die Erde
vor unserer Sonne vorüberzieht. Der Fingerabdruck liefert Informationen über das
Vorhandensein wichtiger Moleküle - im Falle der Erde etwa das gleichzeitige Auftreten
von Ozon und Methan, das es nach Ansicht von Forschern nur dann geben kann, wenn
es eine organische Quelle dieser Stoffe auf einem Planeten gibt. Man nennt diese
speziellen Hinweise im "Fingerabdruck" eines Planeten auch "Biosignaturen".
"Eine Handvoll Wissenschaftler haben schon versucht, ein Transitspektrum der
Erde zu simulieren", so Cowan, "aber dies ist das erste empirische
Infrarot-Transitspektrum der Erde. Es ist also genau das, was außerirdische
Astronomen sehen würden, wenn sie einen Transit der Erde beobachten".
Fast
alle extrasolaren Planeten, die man bis heute entdeckt hat, lassen sich nur
indirekt nachweisen. Ein tatsächliches Bild der fernen Welt ist also nicht zu
bekommen. Ein solches wäre aber für spektroskopische Untersuchungen nötig, die
dann mehr über die Zusammensetzung der Atmosphäre verraten und auch Hinweise auf
mögliches Leben liefern könnten.
Beobachtet man aber den Transit eines Planeten
vor seinem Stern, gibt es eine Chance, ein solches Spektrum aufzunehmen: Zwar
sieht man auch hier nicht den Planeten selbst, sondern verfolgt nur, wie er
das Licht seines Muttersterns geringfügig verdunkelt, doch fällt während des
Transits das Licht des Sterns auf dem Weg zur Erde auch durch die Atmosphäre des
Planeten. Eine sorgfältige Analyse des Lichts kann also ein Spektrum der fernen
Planetenatmosphäre liefern. Die Idee für die jetzt vorgelegte Studie entstand
auf einem Treffen am McGill Space Institute, bei dem Cowan erläutert hatte, wie man während
eines Transits eines extrasolaren Planeten Spektren von dessen Atmosphäre
aufnimmt. Ein anderer Teilnehmer wies dann darauf hin, dass dieses Verfahren der
Methode gleicht, mit der auch SciSat1 Messungen durchführt.
Mit künftigen Teleskopen, wie etwa dem Hubble-Nachfolger James
Webb Space Telescope, werden noch detailliertere Messungen möglich sein.
Macdonald und Cowan haben daher simuliert, was James Webb von einer erdähnlichen
Atmosphäre etwa eines Planeten im rund 40 Lichtjahre entfernten TRAPPIST-1-System sehen würde. Das Teleskop
sollte auf jeden Fall in der Lage sein, Kohlendioxid und Wasser in der
Atmosphäre nachzuweisen und - bei ausreichender Beobachtungszeit - auch
Biosignaturen wie Methan und Ozon.
Der neue Fingerabdruck der Erde könnte also ein hilfreiches Werkzeug sein, um
nach potentiell bewohnten Planeten Ausschau zu halten, da er den Forschern
verrät, nach was genau man suchen muss. Die Studie wurde nun in der
Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society
veröffentlicht.
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