Die möglichen Farben ferner Welten
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
17. März 2015
Astronomen und Biologen haben die chemischen Fingerabdrücke
von 137 verschiedenen Arten von Mikroorganismen bestimmt. Das Ergebnis ist ein
erster Schritt, um in Zukunft vielleicht einmal Leben auf der Oberfläche von
erdähnlichen Exoplaneten nachweisen zu können. Mit aktuellen Instrumenten ist
dies allerdings noch nicht möglich.
Acht der 137 Proben von Mikroorganismen, die
genutzt wurden, um die charakteristischen Farben
für den Katalog zusammenzustellen. In jedem
Bildteil ist oben ein herkömmliches Foto der
Probe zu sehen, unten eine Mikrofotografie mit
400-facher Vergrößerung. Bild:
Hegde et al. / MPIA [Großansicht] |
Astronomen und Biologen haben sich zusammengetan, um eine neue Suchstrategie
für Leben auf extrasolaren Planeten zu entwickeln. Bisherige Strategien hatten
sich auf indirekte Spuren von Leben konzentriert, etwa die Auswirkungen, die
Leben auf die Zusammensetzung der Atmosphäre des betreffenden Planeten hat. Wird
die Oberfläche eines Exoplaneten allerdings von einer bestimmten Lebensform
dominiert, könnte ein direkterer Nachweis von Leben möglich sein: anhand des
Lichts, das von Organismen reflektiert wird und dabei eine charakteristische
Färbung annimmt.
Astronomen untersuchen Planeten, indem sie das Sternenlicht auffangen, das
von Atmosphäre und Oberfläche des Planeten reflektiert wird. Stehen Jupiter oder
Venus hell leuchtend am Himmel, dann handelt es sich bei ihrem Licht um
Sonnenlicht, das von diesen Planeten reflektiert wird. Außerirdische Astronomen,
die detaillierte Beobachtungen unseres Heimatplaneten vornehmen, würden
feststellen, dass ein Teil des von der Erde reflektierten Lichts grün eingefärbt
ist, weil es von Bäumen und anderen Pflanzen reflektiert wurde.
Entsprechend könnte auch ein Organismus, der hinreichend große Teile einer
Exoplanetenoberfläche bedeckt, direkt nachgewiesen werden, indem man die Färbung
misst, die er dem reflektierten Licht aufprägt. Diese Färbung wiederum hängt von
den Pigmenten ab, also den Farbstoffen, die der Organismus enthält. Die Details
der Färbung lassen sich im Spektrum des Lichts nachweisen, also in der Zerlegung
des Lichts in seine einzelnen Farben.
In einem solchen Spektrum hinterlassen unterschiedliche Farbstoffe
unterschiedliche Intensitätsmuster - das chemische Analogon eines
Fingerabdrucks, der zur Identifikation der unterschiedlichen Arten von
Mikroorganismen genutzt werden kann. Jetzt hat sich eine Gruppe von Astronomen
und Biologen unter der Leitung von Siddharth Hegde daran gemacht, die Vielfalt
der Möglichkeiten solcher chemischer Fingerabdrücke zu erkunden.
Hegde, während dieser Forschungen Doktorand am Max-Planck-Institut für
Astronomie, und Lisa Kaltenegger, Direktorin des Institute for Pale Blue
Dots an der Cornell-Universität, taten sich dazu mit der Biologin Lynn
Rothschild, ihrem Postdoktoranden Ivan Paulino-Lima und dem Biologen Ryan Kent
zusammen, die am Ames Research Center der NASA arbeiten. Das gemeinsame
Ziel: herauszufinden, welche chemischen Fingerabdrücke unterschiedlichen
Mikroorganismen entsprechen, und was das für die Färbungsmöglichkeiten für die
Oberflächen von Exoplaneten bedeutet.
Zu diesem Zweck stellte das Team Kulturen von 137 unterschiedlichen Arten von
Mikroorganismen zusammen: 36 aus existierenden Sammlungen von Kulturen, 100 die
Paulino-Lima zusammengestellt hatte sowie einen Organismus, den Rocco Mancinelli
vom Bay Area Environmental Research Institute am Ames-Standort
Mountain View isoliert hatte.
Hauptkriterium bei der Auswahl der Arten war es, eine möglichst große
Vielfalt an Pigmentierungen zu bekommen: Die 137 Organismen weisen eine große
Farbvielfalt auf und stammen aus ganz unterschiedlichen Lebensräumen, von der
chilenischen Atacamawüste in Chile bis zu Hawaiianischem Salzwasser und
Holzbauten an einer Solequelle im Boone's Lick State Park in Missouri.
Bei ihren Untersuchungen ließen die Forscher in kontrollierter Weise Licht
auf jede der Kulturen fallen, maßen den chemischen Fingerabdruck des
reflektierten Lichts und stellten ihre Ergebnisse in einem Online-Katalog
zusammen. Der Katalog enthält Reflexionsspektren bei sichtbaren und
nahinfraroten Wellenlängen von 0,35 bis 2,5 Mikrometer. Er ist der
vollständigste und vielfältigste seiner Art, und der erste Katalog, der direkt
im Hinblick auf die Oberflächeneigenschaften von Exoplaneten zusammengestellt
wurde.
Das Team plant, noch weitere Proben zu sammeln und den Katalog so zu
erweitern, dass er eine noch größere Vielfalt an Mikroorganismen erfasst. Das
Ergebnis sollte nicht nur für Astrobiologen interessant sein, sondern auch für
Astronomen, die Modelle für Planetenatmosphären berechnen. Der Nachweis solcher
chemischen Fingerabdrücke von Organismen auf einer Planetenoberfläche stellt
allerdings selbst für die nächste Generation von Teleskopen eine beachtliche
Herausforderung dar.
Derzeit ist es noch nicht möglich, reflektiertes Licht eines Exoplaneten von
ähnlicher Größe wie die Erde zu beobachten - solch ein Planet würde durch seinen
Stern schlicht überstrahlt. "Diese Datenbank gibt uns erste Einblicke in die
Vielfalt an nachweisbaren Lebensspuren auf den vielen verschiedenen Welten, die
es da draußen geben könnte," beschreibt Kaltenegger den aktuellen Nutzen der
Datenbank.
Die Ergebnisse sind als Online-Datenbank und in den Proceedings of the
National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS)
veröffentlicht.
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