Wie verrät sich Leben in fernen Atmosphären?
von Stefan Deiters astronews.com
15. September 2014
Sobald Astronomen einen extrasolaren Planeten gefunden
haben, auf dem es theoretisch Leben geben könnte, stellt sich natürlich sofort
die nächste Frage: Hat sich auf der fernen Welt tatsächlich auch Leben
entwickelt? Jetzt haben Forscher die Zusammensetzung extrasolarer Atmosphären
simuliert, um Substanzen zu identifizieren, die auf Leben auf dem Planeten
hinweisen könnten.
Wie verrät sich
Leben in einer Atmosphäre: die Antwort könnte das
gemeinsame Auftreten von Methan und Sauerstoff
sein.
Bild: NASA [Großansicht] |
Wenn Astronomen Glück haben und nicht nur einen Planeten entdecken, auf dem
Leben theoretisch möglich wäre, sondern auch in der Lage sind, Spektren von
dessen Atmosphäre aufzunehmen, stellt sich sofort die nächste Frage: Welche
Elemente und Verbindungen in der fernen Atmosphäre, die in dem Spektrum sichtbar
werden, könnten biologischen Ursprungs sein? Welche Signatur verrät, dass es auf
der fernen Welt Leben gibt?
Die Frage ist nicht einfach zu beantworten. Das zeigten umfangreiche Simulationen, die Wissenschaftler am
Virtual Planetary Laboratory
des NASA Astrobiology Institute in den vergangenen Jahren durchgeführt
haben. Insbesondere gibt es offenbar keinen einzelnen Stoff, den man als
untrüglichen Hinweis auf Leben verwenden könnte.
"Als wir diese Berechnungen machten, haben wir in einigen Fällen einen großen
Anteil von Ozon gesehen, das sich in der Atmosphäre angesammelt hat, obwohl es
in der Atmosphäre keinen Sauerstoff gab", erklärt Shawn Domagal-Goldman vom
Goddard Space Flight Center der NASA. "Dies hat für unsere weiteren Pläne für
die Suche nach Leben außerhalb der Erde bedeutende Konsequenzen."
Sauerstoff und Ozon in der Atmosphäre galten nämlich bislang als deutliche
Hinweise auf Leben. Ozon entsteht bei uns durch eine Reaktion von atomarem und
molekularem Sauerstoff und letzterer wird hauptsächlich durch Photosynthese
erzeugt. Die neue Studie zeigt nun aber, dass dies nicht bedeuten muss, dass
Ozon und Sauerstoff auch in einer anderen Atmosphäre ein Hinweis auf Leben sind.
So könnten die Stoffe nämlich hier entstehen, wenn Kohlendioxid durch starke
ultraviolette Strahlung aufgespalten wird - und dies sogar in Mengen, die von der
Erde aus nachweisbar wären.
Auch Methan gilt als Hinweis auf mögliches Leben auf einem Planeten. Es kann
allerdings auch auf andere Weise freigesetzt werden. So könnten etwa Vulkane am
Meeresboden dafür verantwortlich sein. "Unsere Studie hat aber gezeigt, dass
Methan und Sauerstoff zusammen oder Methan und Ozon zusammen noch immer ein
guter Hinweis auf Leben sein dürften", so Domagal-Goldman.
Der Grund dafür ist relativ simpel: In einer Atmosphäre mit
sauerstoffhaltigen Molekülen wird Methan sehr schnell zerstört. Domagal-Goldman
verdeutlicht dies mit einer Analogie: "Es ist wie mit Studenten und Pizza: Wenn
man eine Pizza in einem Raum sieht, in dem sich auch Studenten befinden, ist die
Chance recht groß, dass die Pizza gerade frisch geliefert wurde, da die
Studenten eine Pizza in der Regel recht schnell verspeisen."
"Genauso ist es mit Methan und Sauerstoff", fährt Domagal-Goldman fort. "Wenn
es beide zusammen in einer Atmosphäre gibt, muss Methan relativ frisch sein,
weil Sauerstoff Teil einer Reaktionskette ist, die Methan verbraucht. Der beste
Weg, um in Gegenwart von Sauerstoff für neues Methan zu sorgen, ist Leben. Auch
umgekehrt gilt es: Wenn man Sauerstoff in einer Atmosphäre mit viel Methan
haben will, muss man ständig neuen Sauerstoff zugeben. Und auch das
funktioniert am besten durch Leben."
Für ihre Studie haben die Wissenschaftler mehrere Tausend Simulationen von
Atmosphären außerirdischer Planeten durchgeführt und dabei ganz verschiedene
Zusammensetzungen und auch verschiedene Typen von Zentralsternen berücksichtigt.
Letzteres ist wichtig, da die Strahlung eines Sterns einen bedeutenden Einfluss
auf die Zerstörung bestimmter Verbindungen in der Atmosphäre haben kann.
Entscheidend ist es auch, eine Atmosphäre im Gleichgewichtszustand zu
betrachten, in dem sie über lange Zeiträume existieren kann. Ein zufälliger
kurzzeitiger Anstieg eines bestimmten Stoffes - etwa durch eine Eruption - fällt
da nicht so ins Gewicht, weil es sehr unwahrscheinlich ist, dass man den
betreffenden Planeten gerade zu diesem Zeitpunkt beobachtet.
Über ihre Untersuchung berichteten die Astrononen in der vergangenen Woche in
der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal.
|