Eigener Satellit für Datenautobahn im All
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
10. Mai 2019
Erdbeobachtungssatelliten spielen für unser Leben inzwischen
eine sehr wichtige Rolle und produzieren gewaltige Datenmengen, die wieder zur
Erde übertragen werden müssen. Dies funktioniert allerdings nur, wenn die
Satelliten Sichtkontakt zu einem Empfänger auf der Erde haben - oder zu einem
Relais-Satelliten. Mit EDRS-C bekommt eine solche Datenautobahn im All bald
Verstärkung.
Das Europäische Datenrelais-Satellitensystem EDRS, auch bekannt als
"Datenautobahn im All", setzt einen neuen Standard in der
Echtzeit-Datenübertragung: Die innovativen Laserknoten können Datenvolumen von
bis zu 1,8 Gigabit pro Sekunde mit minimalem Zeitverzug auf die Erde
transportieren. Der erste Kommunikationsknoten des Programms, EDRS-A, ist am 29.
Januar 2016 gestartet und bietet seine Relais-Dienste schon für die
Datenweitergabe von vier Sentinel-Satelliten des EU-Erdbeobachtungsprogramms
Copernicus an. Der Vorteil: Die Erdbeobachtungsatelliten können mit dem
Relais-Satelliten deutlich mehr Daten deutlich schneller zur Erde und damit auch
zu den Endnutzern liefern.
Der erste eigene Satellit für EDRS - EDRS-C - wurde in Deutschland entworfen,
gebaut und getestet. Er wurde in den vergangenen elf Monaten final auf Herz und
Nieren geprüft und tritt voraussichtlich im Juni 2019 seine Reise zum
Europäischen Raumflugzentrum der ESA nach Kourou an, von wo er am 24. Juli 2019
an Bord einer Ariane-5-Trägerrakete in den geostationären Orbit aufbrechen soll.
EDRS ist eine Private-Public-Partnership der europäischen Raumfahrtagentur
ESA und des industriellen Hauptauftragnehmers Airbus. Mit einer Beteiligung von
rund 235 Millionen Euro (61 Prozent) trägt Deutschland den Hauptanteil im
entsprechenden ESA-Programm. Das Raumfahrtmanagement im DLR steuert im Auftrag
der Bundesregierung diese Beiträge.
Der EDRS-C-Satellit gilt als ein Meilenstein in dem Programm: Er folgt einem
ersten experimentellen Laser-Kommunikationsterminal, gestartet 2013 auf dem
europäischen Telekommunikationssatelliten Alphasat, sowie dem
operationellen Kommunikationsknoten EDRS-A. "Mit EDRS-C soll das Netzwerk seinen
ersten eigenen Satelliten erhalten. EDRS-C ist vollgespickt mit deutscher
Hochtechnologie und folgt der Strategie, in Deutschland einen Systemanbieter für
Telekom-Satelliten zu etablieren. Das deutsche Engagement unterstützt somit die
Systemkompetenz für Telekommunikationssatelliten und -Nutzlasten und sichert uns
den technologischen Vorsprung im Bereich der optischen Kommunikation", betont
Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstand für das Raumfahrtmanagement.
Zu EDRS-C haben praktisch alle großen deutschen Raumfahrtstandorte
beigetragen. Es ist der zweite Telekommunikationssatellit der Bremer OHB System
AG und er erweitert die SmallGEO-Produktlinie relativ leichter geostationäre
Satelliten um eine rein chemisch angetriebene Variante. Das Herzstück des
Satelliten bildet das Laser-Terminal: Die Backnanger Firma Tesat steuert dabei
nicht nur die Technologie bei, sondern hat die Gesamtverantwortung für die
EDRS-Kommunikationsnutzlast. Diese umfasst auch Wanderfeldröhren von Thales Ulm,
dem europäischen Standort für Radiofrequenz-Verstärkerelemente.
Wichtige Subsysteme und Komponenten der Satellitenplattform kommen ebenfalls
von Zulieferern aus Deutschland. So stammt das chemische Antriebssystem von der
Ariane Group in Lampoldshausen. Strukturelemente des Satelliten und Drucktanks
wurden von der Firma MT Aerospace in Augsburg beigesteuert. Mit dem Sternsensor
von Jena Optronik und den Drallrädern von Collins Aerospace aus Heidelberg
wurden zudem zentrale Elemente der Lagesensorik und -Regelung in Deutschland
gefertigt. Die umfangreichen Satellitentests vor dem Start wurden bei der IABG
und Airbus in Ottobrunn durchgeführt.
Airbus betreibt bereits EDRS-A und wird nach dem Start von EDRS-C auch für
diesen Satelliten die Missionskontrolle übernehmen. Mit Unterstützung des DLR
und der ESA ist Airbus damit in der Lage, einen weltweit einzigartigen Dienst
anzubieten. Die Steuerung der Nutzlasten sowie die Kontrolle des
EDRS-C-Satelliten hat das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum des DLR in
Oberpfaffenhofen im Auftrag von Airbus übernommen. In den Aufbau des gesamten
EDRS-Bodensegments und die Vorbereitungen des Betriebs investierte das DLR aus
Forschungsmitteln 8,7 Millionen Euro. Das Bayerische Staatsministerium für
Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie stellte 7,5 Millionen Euro zur
Verfügung.
Trotz der großen deutschen Anteile ist EDRS aber ein europäisches Projekt, an
dem sich 14 ESA-Mitgliedsstaaten beteiligen. Mit Copernicus hat EDRS
einen wichtigen Ankerkunden in Europa. Zudem benötigt die optische
Kommunikationsnutzlast auf EDRS-C nicht alle Ressourcen, der Satellit beherbergt
auch eine Nutzlast des britischen Satellitenbetreibers Avanti. Nach einem Aufruf
der ESA während der Designphase des Satelliten hatten sich mehrere Interessenten
gemeldet. Avanti mit der kommerziellen Nutzlast "HYLAS 3" hat dabei den Zuschlag
erhalten und trägt somit auch anteilige Plattform- und Startkosten.
Das Prinzip der europäischen "Datenautobahn im All" lässt sich gut anhand des
Zusammenspiels der Sentinel-Satelliten des europäischen
Erdbeobachtungsprogramms Copernicus und EDRS verdeutlichen. Ohne EDRS
können die in einem niedrigeren Orbit kreisenden Erdbeobachtungssatelliten ihre
Daten nur dann direkt zur Erde senden, wenn sie gerade über eine Bodenstation
fliegen. Das ist innerhalb ihrer Umlaufzeit von eineinhalb Stunden für nur etwa
zehn Minuten der Fall.
Im Gegensatz dazu bleiben die EDRS-Kommunikationsknoten deutlich länger für
die Sentinel-Satelliten sichtbar, nämlich während der Hälfte ihrer
Umlaufzeit, das heißt zirka 45 Minuten lang. Daten können mit EDRS also über
einen deutlich längeren Zeitraum gesendet werden. Die Daten werden dabei auch
direkt nach Europa gesendet, sodass man nicht auf Bodenstationen außerhalb
Europas angewiesen ist. Die Sentinel-Satelliten nutzen diesen Dienst
täglich, und bislang wurden mit 20.000 solcher Satellitenverbindungen bereits
deutlich mehr als 1 Petabyte an Daten übertragen.
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