Triebwerktests für Ariane 6
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
27. Februar 2019
Auf die künftige Rakete Ariane 6 werden große
Hoffnungen gesetzt, soll sie doch die europäische Stellung auf dem Markt der
Trägerraketen sichern und ausbauen helfen. Vor dem Erststart im kommenden Jahr
müssen ihre Triebwerke gründliche Tests durchlaufen. Beim DLR in Lampoldshausen
wurde dazu nun ein neuer Prüfstand eingeweiht.
Der neue Prüfstand P5.2 des DLR in
Lampoldshausen. In dieser Anlage können gesamte
Oberstufen getestet werden - ein
Alleinstellungsmerkmal in Europa.
Foto: DLR [Großansicht] |
Die zukünftige europäische Trägerrakete Ariane 6 soll im Jahr 2020
zum ersten Mal ins All starten. Damit sie alle Nutzlasten sicher auf ihre
Umlaufbahnen bringen kann, müssen zuvor die Triebwerke für den neuen Träger
ausführlich getestet werden. Für den Test der Oberstufe der neuen Trägerrakete
ist am 26. Februar 2019 ein zentraler Schritt erfolgt: Am DLR-Standort
Lampoldshausen wurde der neue Prüfstand P5.2 von der DLR-Vorstandsvorsitzenden
Prof. Pascale Ehrenfreund, Daniel Neuenschwander, ESA-Direktor für Raumtransport
und Pierre Godart, CEO ArianeGroup GmbH, im Beisein zahlreicher Vertreter aus
Raumfahrtpolitik, -industrie und Wissenschaft feierlich eröffnet.
Mit dem Prüfstand P5.2 können in Zukunft kryogene Oberstufen unter
Bodenbedingungen getestet werden. Die Besonderheit des Prüfstands liegt darin,
dass nicht nur Triebwerke oder deren Komponenten - wie auf den anderen
Testständen am Standort - sondern die komplette kryogene Oberstufe, das
sogenannte "Upper Liquid Propulsion Module" (ULPM), der europäischen
Trägerrakete Ariane 6 getestet werden kann. "Der neue Prüfstand ist
eines der größten Projekte in der Geschichte des DLR-Standorts in Lampoldshausen
und europaweit einzigartig. Er ist unsere Antwort auf die neuen Anforderungen im
weltweiten Raumtransport: anpassungsfähig in kurzer Zeit, flexibel im Einsatz
und kosteneffizient. Dieser Prüfstand spiegelt die strategische und
wirtschaftliche Bedeutung des europäischen Raumtransports wider und trägt
maßgeblich zum Erhalt eines sicheren, wettbewerbsfähigen und unabhängigen
Zugangs zum All bei", sagte Ehrenfreund.
Die hochkomplexe und extrem leistungsfähige Anlage wurde im Rahmen der
Entwicklung der zukünftigen europäischen Trägerrakete Ariane 6 im
Direktauftrag der Europäischen Weltraumorganisation ESA entwickelt und gebaut.
Der Prüfstand wird aus den deutschen ESA-Beiträgen zum Ariane-6-Entwicklungsprogramm
finanziert. Für die Bereitstellung und Koordination dieser Mittel ist das DLR
Raumfahrtmanagement im Auftrag der Bundesregierung verantwortlich. "In Zeiten
des disruptiven Wandels der Raumfahrtbranche weltweit, in denen das
Wettbewerbsumfeld mit neuen Playern immer komplexer wird und die Taktung bei
Innovationen fortschrittlicher Technologien enorm steigt, ist ein moderner und
effektiver Entwicklungs- und Teststandort für flüssige, chemische
Raumfahrtantriebe entscheidend für die Zukunftsfähigkeit der deutschen und der
europäischen Raumfahrt", betonte Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstand für das
Raumfahrtmanagement, und ergänzte: "Der flexible Einsatz der Prüfstände wird
dabei zum zentralen Hebel für effizientere Entwicklungs- und Abnahmeprozesse in
der Raumfahrt."
Der Grundstein für den Prüfstand P5.2 wurde gemeinsam mit den Projektpartnern
im Herbst 2014 gelegt. Die Inbetriebnahme durch das DLR-Institut für
Raumfahrtantriebe soll bis Ende 2019 erfolgen. Insgesamt wurden rund 50
Millionen Euro investiert. "Diese in ihrer Bauweise einzigartige Anlage
ermöglicht den DLR-Ingenieuren sowohl Be- und Enttankungs-, als auch komplette
Stufentests, bei denen die Oberstufe mit laufendem Triebwerk betrieben wird",
erläuterte Prof. Hansjörg Dittus, Mitglied des DLR-Vorstands für
Raumfahrtforschung und -technologie.
An keinem Standort der europäischen Raumfahrt sei die Verzahnung zwischen
Forschung, Entwicklung, Design und Planung sowie Triebwerktests an
Großprüfständen für Raumfahrtantriebe so eng wie beim DLR in Lampoldshausen:
"Wir verkürzen so die Entwicklungszeiten und erhöhen signifikant den Reifegrad
der chemischen, flüssigen Raumfahrtantriebe. Um die Kontinuität des Standorts
nach der Ariane-6-Entwicklung zu sichern, werden die Teststände auf
Methan-Verbrennung ausgebaut", ergänzte Dittus.
Die geplante Großinvestition in Höhe von 30 Millionen Euro unterstützt die
europäischen Pläne zur Entwicklung des neuen Prometheus-Methan-Triebwerks. Das
Testen aller europäischen flüssigen Raumfahrtanriebe gehört zu den zentralen
Zukunftsfeldern des DLR in Lampoldshausen. Die Triebwerke der neuen europäischen
Ariane-6-Trägerrakete absolvieren vor ihrem Start ins All viele Tausend
Testsekunden an den Prüfständen in Baden-Württemberg.
"Die Zukunft der europäischen Trägerraketenfamilie und die Zukunft des
DLR-Standorts sind eng miteinander verknüpft. Wir bauen auf 60 Jahre Erfahrung,
und unser Ziel ist klar: Mit unseren Prüfständen sind wir als europäisches
Forschungs- und Testzentrum in der Lage, alle notwendigen Testkampagnen für
Flüssigantriebe der Ariane durchzuführen, von der Entwicklung über die
Qualifikation bis hin zu Abnahmetests", sagte Prof. Stefan Schlechtriem,
Direktor des DLR-Instituts für Raumfahrtantriebe. Von Kleinprüfständen zum
Testen von Komponenten und Technologiedemonstratoren bis hin zu Großanlagen, wie
sie für die Haupt- und Oberstufentriebwerke der Trägerraketen benötigt werden,
ist beim DLR in Lampoldshausen alles zentral an einem Ort verfügbar.
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