Erster Test mit neuem Haupttriebwerk
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
24. Januar 2018
Ab 2020 sollen Satelliten mit der neuen Trägerrakete
Ariane 6 ins All befördert werden. Der Nachfolger der erfolgreichen
Ariane 5 soll Nutzlasten wesentlich günstiger in einen Erdorbit bringen und
damit die Konkurrenzfähigkeit des europäischen Trägerraketensystems sichern. Nun
wurden auf einem Prüfstand erste Tests für das neue Raketentriebwerk Vulcain
2.1 durchgeführt.
Am 22. Januar 2018 stellten die Ingenieure des DLR das von der ArianeGroup entwickelte Triebwerk Vulcain 2.1 im Prüfstand P 5 in Lampoldshausen
erstmals erfolgreich auf die Probe.
Foto: DLR (CC-BY 3.0) [Großansicht] |
Höhere Effizienz bei geringeren Kosten - das ist die Aufgabe des neuen
Raketentriebwerks Vulcain 2.1, das im Jahr 2020 die künftige europäische
Trägerrakete Ariane 6 ins All befördern soll. Doch bevor solch ein
Start erfolgreich durchgeführt werden kann, müssen zunächst
Entwicklungstriebwerke unter Beweis stellen, dass es seiner enormen Schubkraft
von 130 Tonnen, rund 3.000 Grad Celcius in seiner Brennkammer, hohen Drehzahlen
seiner Turbopumpen und Drücken in seinen Treibstoffleitungen gewachsen ist. Am
22. Januar 2018 stellten die Ingenieure des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) das von der ArianeGroup entwickelte Triebwerk im Prüfstand P 5
in Lampoldshausen erstmals erfolgreich auf die Probe.
"Nur mit kontinuierlichen Tests, bei denen wir uns Schritt für Schritt dem
realen Einsatz im All nähern, kann das Triebwerk für die Hauptstufe auf seine
Funktionsfähigkeit hin untersucht werden", erläutert Prof. Stefan Schlechtriem,
Direktor des DLR-Instituts für Raumfahrtantriebe. Insgesamt zwölf Versuche sind
für die erste Testkampagne beim DLR geplant.
Das Vorgängermodell, das Hauptstufentriebwerk Vulcain 2, ist mit der
derzeitigen Trägerrakete Ariane 5 im Einsatz und hat bisher 70
erfolgreiche Flüge in Folge absolviert. Für die nächste kostengünstigere und
noch effizientere Generation wurde aus Vulcain 2 das neue Vulcain
2.1-Triebwerk - mit einem im 3D-Druck gefertigten Gasgenerator, einer neu
konstruierten, vereinfachten Düse und der Zündung der Brennkammer mit einem
Bodensystem. Vulcain 2.1 wird entscheidend dazu beitragen, die
Ariane 6 zukünftig in den ersten zehn Flugminuten auf eine Höhe von 150
Kilometern zu befördern. Der Test des DLR mit dem Hauptstufentriebwerk Vulcain
2.1 dauerte elf Minuten, rund ein Drittel länger als das Triebwerk benötigt, um
gemeinsam mit den beiden Boostern die Trägerrakete Ariane 6 in die Höhe
zu befördern.
Die Entscheidung für die Entwicklung eines neuen Trägersystems fiel im
Dezember 2014: Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Weltraumorganisation ESA
beschlossen auf der Ministerratskonferenz, die bestehende Generation der Ariane
weiterzuentwickeln, um sich der wachsenden Konkurrenz und den gestiegenen
Ansprüchen auf dem Weltmarkt anzupassen. Dabei sollte auf bereits bestehende
Bausteine der Ariane 5 zurückgegriffen werden. Je nach Konfiguration
soll die Ariane 6 bis zu elf Tonnen Nutzlast in den Weltraum
transportieren und dabei die Kosten für den Start im Vergleich zur Ariane 5
halbieren. Seit 2016 wird das neue wiederzündbare Vinci-Triebwerk für
die Oberstufe der Ariane 6 daher unter anderem im DLR-Lampoldshausen
getestet, nun sind die Testläufe für das neue Hauptstufentriebwerk Vulcain
2.1 hinzugekommen.
Ziel der insgesamt sieben Monate dauernden Testkampagne ist die genaue
Kenntnis über alle relevanten Triebwerkskenndaten, die das neue
Hauptstufentriebwerk der Ariane-6-Trägerrakete auszeichnen. "Nur wer diese
Kennzahlen genau kennt, kann in das sensible Gefüge aus mechanischen und
elektronischen Komponenten eingreifen, und so das Triebwerk bis zu seiner
technischen Reife hin qualifizieren", betont Schlechtriem.
Der erste Versuch orientierte sich dabei noch an dem bereits etablierten
Vulcain-2-Triebwerk der derzeitigen Ariane - so wurden in diesem
Test beispielsweise alle pyrotechnischen Zünder beibehalten, um das neue
Triebwerk mit dem alten Triebwerk vergleichen zu können. Beim nächsten
Versuchslauf wird die Zündung der Brennkammer mittels Propangas vom Prüfstand
aus erfolgen. Zum Ende der Testkampagne wird das Triebwerk dann in seiner
endgültigen Flugkonfiguration im DLR-Prüfstand erfolgreich seine Generalprobe
für den Flug ins All absolvieren müssen.
"Bei den Tests geht es uns aber nicht nur darum, diese Technologien unter
regulären Betriebsbedingungen zu erproben. Wir müssen ihr Verhalten auch
jenseits der im Flug üblichen Belastungen verstehen können - das heißt zum
Beispiel bei höheren Temperaturen, bei höheren und niedrigeren
Brennkammerdrücken und Treibstoffmischungsverhältnissen", sagt Anja Frank,
Leiterin der Abteilung Versuchsanlagen beim DLR Lampoldshausen. "So können wir
am Entwicklungstriebwerk testen, wo die Grenzen des Vulcain-2.1-Triebwerks
liegen."
Das Ergebnis der Tests, die die Ingenieure, Techniker und
Prüfstandshandwerker am DLR-Institut für Raumfahrtantriebe durchführen, ist
dabei nicht nur der Nachweis der Funktionstüchtigkeit, sondern vor allem eine
große Menge Daten: Der Einsatz eines hochgenauen Mess- und Analysesystems
ermöglicht es, exakte Ergebnisse zu liefern und erlaubt so dem
Triebwerksentwickler ArianeGroup detaillierte Rückschlüsse auf technische
Fragestellungen. Für das finale Design des Hauptstufentriebwerks ist die genaue
Kenntnis der Drücke, der Temperaturen in den Treibstoffleitungen, der Drehzahlen
der Turbopumpen, der Drücke im Gasgenerator und in der Brennkammer sowie der
entstehenden Vibrationen, denen das Triebwerk während eines Heißlaufs ausgesetzt
ist, ausschlaggebend.
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