Raumfahrtantriebe für die Zukunft
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
10. März 2016
Am Standort Lampoldshausen des Deutschen Zentrums für Luft-
und Raumfahrt (DLR) diskutierten Experten in dieser Woche die Entwicklung auf dem Markt für
Trägerraketen. Die Teilnehmer dieses vierten Industrial Day des DLR konnten vor
Ort zudem verschiedene Teststände für neue Raketentriebwerke in Augenschein nehmen.
Test eines Vulcain-2-Triebwerkes am Prüfstand
P5 während des vierten Industrial Day beim DLR
Lampoldshausen.
Foto: DLR / Frank Eppler [Großansicht] |
Die Raumfahrt befindet sich in einem signifikanten Wandel - um langfristig
erfolgreich zu sein, gilt es, die Veränderungen in der Raumfahrt aktiv
mitzugestalten, neue Raumfahrtmärkte zu erschließen sowie die Chancen
fortschrittlicher Technologien zu nutzen. Welche Raumfahrtantriebe sind
visionär, welche realistisch und welche nachhaltig? Wie sehen richtungsweisende
Entwicklungen bei den Raumfahrtantrieben aus und sind Europas Forschungs- und
Entwicklungsarbeiten in diesem Bereich derzeit ausreichend? Diese Fragen
diskutierten führende Raumfahrtexperten gestern und heute auf dem vierten
Industrial Day des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in
Lampoldshausen.
"Die Bedeutung der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im Bereich der
Raumfahrtantriebe nimmt zu, denn von den Antriebskonzepten der Zukunft hängen
Faktoren wie Vielfältigkeit, Leistungsstärke, Flexibilität und
Wettbewerbsfähigkeit unmittelbar ab", sagte Prof. Pascale Ehrenfreund,
Vorstandsvorsitzende des DLR. "Kaum ein anderes Technologiefeld beeinflusst den
Erfolg von Trägerraketen in diesem Ausmaß."
Flüssige chemische Raumfahrtantriebe sind eine Stärke des DLR – seit
Jahrzehnten baut das DLR am Standort Lampoldshausen seine Forschungsschwerpunkte
auf dem Gebiet der Raumfahrtantriebe mit neuen Schlüsselkompetenzen und
Investitionen in Prüfstandanlagen weiter aus. Darüber hinaus schließt das
DLR-Institut für Raumfahrtantriebe gezielt strategische Kooperationen. Sie
unterstützen den Transfer der Forschungsergebnisse in die industrielle
Anwendung, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Raumfahrt aufrecht zu
erhalten.
Am Rande des Industrial Day unterzeichneten Prof. Hansjörg Dittus,
DLR-Vorstand für Raumfahrtforschung und Technologie und Jean-Marc Astorg,
Direktor Trägerraketen der französischen Raumfahrtagentur CNES ein gemeinsames
deutsch-französisches Forschungsprogramm für wiederverwendbare Trägerraketen. Zu
den Schwerpunkten des gemeinsamen Vorhabens gehören die Antriebstechnologie und
Flugversuche im Rahmen der ReFEX-Experimente.
Am Institut für Raumfahrtantriebe testen DLR-Ingenieure an einzigartigen
Prüfständen Raumfahrtantriebe insbesondere unter Weltraumbedingungen wie dem
Vakuum. Ihre Verfügbarkeit sowie die Anpassung an zukünftige Testanforderungen
sind essentiell für die europäischen Trägerprogramme. So wird der Beitrag des
DLR an der Entwicklung der Ariane 6 sein, die entsprechenden Triebwerke zur
Flugreife zu qualifizieren. Dazu läuft gegenwärtig eine Testkampagne mit dem
neuen Oberstufentriebwerk Vinci am Höhensimulationsprüfstand P4.1.
Ziel dieser Kampagne ist es, nach langjähriger Entwicklung das endgültige
Design von Vinci für die ab 2017 folgenden Qualifikationskampagnen
festzulegen. Mit Hilfe dieser Tests erzielen DLR-Wissenschaftler Erkenntnisse
über das Triebwerksverhalten, die beim Hersteller Airbus Safran Launchers
für letzte Optimierungen genutzt werden.
Auch die neue Unterstufe der Ariane 6 erhält ein neues Triebwerk,
das Vulcain 2.1. Hierbei handelt sich um eine Weiterentwicklung des
Vulcain-2-Triebwerk der Ariane 5, bei dem unter anderem eine neue
Sandwichdüse zum Einsatz kommt. Für die Entwicklungs- und Qualifizierungstests
des Vulcain 2.1, die ab 2017 geplant sind, wird der Prüfstand P5 des
DLR gegenwärtig an die neuen Anforderungen angepasst.
Zurzeit wird am DLR Lampoldshausen zudem der Prüfstand P5.2 im Auftrag der
Europäischen Weltraumorganisation ESA gebaut, um dort Tests mit der zukünftigen
Oberstufe der neuen Ariane-6-Trägerrakete durchzuführen. Dazu zählen
Versuche zur Be- und Enttankung sowie Heißlauftests der Stufe mit dem Vinci-Triebwerk.
Mit seiner Hilfe können beim DLR in Lampoldshausen zukünftig nicht nur
Triebwerke und einzelne Komponenten, sondern komplette kryogene Oberstufen
qualifiziert werden. Dieser neue Oberstufenprüfstand, dessen Fertigstellung in
2017 geplant ist, ergänzt die Test- und Prüfstandanlagen des DLR in idealer
Weise.
Pünktlich zum vierten Industrial Day startete am Morgen des 9. März 2016 die
Ariane 5 bereits zu ihrem zweiten Flug dieses Jahres. Es war
gleichzeitig der 71. erfolgreiche Flug in Folge seit Anfang 2003. Für das
laufende Jahr plant Arianespace eine Rekordanzahl von acht Ariane-5-Starts
— darunter der erste von insgesamt drei geplanten Starts mit jeweils vier
Galileo-Satelliten zum weiteren Aufbau des europäischen Navigationssystems.
In den vergangenen 30 Jahren hat die Ariane-Rakete ihre hohe
Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit unter Beweis gestellt und somit über 50
Prozent des kommerziellen Satellitenmarktes erobert. Gleichzeitig hat sie damit
Europas eigenständigen Zugang zum Weltraum gesichert.
Auf diesem Fundament fußt jetzt die Neuentwicklung der Ariane 6, die
aufgrund der zunehmenden weltweiten Konkurrenz auch noch die zusätzliche Aufgabe
hat, wesentlich kostengünstiger zu sein. Airbus Safran Launchers ist
industrieller Hauptauftragnehmer für die künftige Trägerrakete Ariane 6.
Der Entwicklungsvertrag mit der ESA wurde am 12. August 2015 unterzeichnet. Der
Erstflug der Ariane 6 wird voraussichtlich 2020 stattfinden – die
Ariane 5 soll dann noch parallel bis 2023 eingesetzt werden und nach über
25 Jahren ihren Dienst beenden.
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