Neuer Schub für die Ariane 6
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
29. Juni 2017
Mit der Entwicklung der neuen Trägerrakete Ariane 6
reagiert Europa auf die wachsende Konkurrenz auf dem Markt für einen Zugang zum
All. 2020 soll der Nachfolger der bewährten Ariane 5 erstmals starten.
Am Mittwoch hat in Ottobrunn die Produktion der Schubkammer des
Oberstufentriebwerks Vinci begonnen, das der Ariane 6 zu einer
ganz neuen Flexibilität verhelfen soll.
Europas neue Rakete: Der Erstflug der rund 60
Meter hohen Ariane 6 ist für das Jahr 2020
geplant. Je nach Konfiguration kann die Rakete
mit zwei oder vier Motoren ausgestattet werden
und so fünf oder elf Tonnen Nutzlast in den
Weltraum transportieren.
Bild: ESA–David Ducros, 2017 [Großansicht] |
Ohne Raketen keine Raumfahrt. So einfach ist die Gleichung für alle
Weltraumaktivitäten. Trägersysteme verbinden die Erde mit dem All. Sie bringen
Mensch und Material in den Weltraum, Forschungs- und kommerzielle Satelliten auf
ihre Umlaufbahnen. Nur mit Raketen lässt sich das Universum wissenschaftlich
erforschen und wirtschaftlich erschließen. Um im heutigen Wettbewerb bestehen zu
können, muss auch der Zugang zum Weltraum ökonomisch sein.
"Europas Antwort auf diese Herausforderung ist die neue Ariane-6-Rakete
mit ihrem innovativen, kostengünstigen und wiederzündbaren Vinci-Oberstufentriebwerk
der nächsten Generation. Die Schubkammer, das "Herz" des Triebwerkes, und andere
wichtige Teile kommen aus Deutschland. Dies ist das Ergebnis europaweit
einzigartiger Kompetenzen und Fähigkeiten, die auch durch die Förderung durch
das Raumfahrtmanagement im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
aufgebaut werden konnten", betonte Dr. Gerd Gruppe, DLR-Vorstand zuständig für
das Raumfahrtmanagement. Die Produktion bei ArianeGroup in Ottobrunn
ist nun am 28. Juni 2017 angelaufen - ein wichtiger Meilenstein für Europas Tor
zum Weltraum.
Um die Erde und ihre Anziehung hinter sich zu lassen, braucht eine Rakete
viel Energie. Das erledigen bei der Ariane zunächst die Hauptstufe und
sogenannte Feststoffbooster. Haben diese ihre Arbeit beendet, übernimmt die
Oberstufe mit dem Vinci-Triebwerk. Entscheidend für die optimale
Fortbewegung im All sind energie-effiziente Triebwerke, die sich mehrmals
wiederzünden lassen. "Bei Vinci ist es gelungen, die Effizienz des
Triebwerkes erheblich zu steigern und gleichzeitig das Triebwerk bis zu fünfmal
zünden zu lassen. So können verschiedene Nutzlasten schnell und zuverlässig ihre
unterschiedlichen Umlaufbahnen erreichen", erklärt Denis Regenbrecht, der im
Raumfahrtmanagement des DLR für das Ariane-Programm zuständig ist.
Die Hauptverantwortung der Produktion liegt im französischen ArianeGroup-Standort
Vernon. "Das Herz des gesamten Triebwerks - die Brennkammer - wird aber im
bayerischen Ottobrunn gefertigt. In ihr läuft die eigentliche Verbrennung ab,
die wiederum den Schub von 180 Kilonewton erzeugt", fügt Regenbrecht hinzu.
Vinci arbeitet mit tiefkaltem, sogenannten kryogenem Wasserstoff als Brennstoff
und tiefkaltem Sauerstoff als Oxidator nach dem sogenannten Expander Cycle:
Zuerst umströmt der Treibstoff die Brennkammer, kühlt sie herunter und verdampft
dabei. Die entstehenden Gase werden als Antriebsmedium für die Treibstoffpumpen
genutzt und anschließend zusammen mit dem Oxidator in die Brennkammer geleitet
und verbrannt.
Doch die Brennkammer der neuen Generation dieses Triebwerks wird nicht
alleine von ArianeGroup in Ottobrunn gebaut. Viele deutsche kleine und mittlere
Unternehmen sind an dem Projekt beteiligt. Für die Fertigung des
Vinci-Oberstufentriebwerks kommen innovative Techniken wie 3D-Druck und
Pulvermetallurgie zum Einsatz. "Beide Verfahren haben große Vorteile gegenüber
gegossenen oder geschmiedeten Produkten, denn die hergestellten Teile können
nahezu ohne mechanische Nachbearbeitung in hoher Stückzahl auch bei komplexer
Struktur hergestellt werden. Die Einsparung verschiedener, teurer
Fertigungsschritte und die Vereinfachung der Triebwerksstruktur senken die
Kosten erheblich", erklärt Regenbrecht.
Solche Kosteneinsparungen in der Produktion sind dringend notwendig, denn die
Situation auf dem Raumfahrttransportsektor hat sich in den letzten Jahren
entscheidend geändert - sowohl beim Angebot als auch bei der Nachfrage. "Die
europäischen Träger sind wachsender Konkurrenz und einem intensiven Wettbewerb
auf dem Weltmarkt ausgesetzt, der den Preisdruck auch künftig weiter steigen
lässt. Eine Antwort hierauf ist die Ariane 6, deren Startkosten im
Vergleich zum europäischen Vorgängermodell Ariane 5 um rund die Hälfte
reduziert werden sollen", betont Regenbrecht.
Die Ariane 5 zählt mit 79 erfolgreichen Starts zu den sichersten
Trägerraketen überhaupt. Damit auch ihr Nachfolger sicher seine Nutzlasten ins
All transportiert, werden die Triebwerke sorgfältig getestet. Das geschieht auch
mit dem Vinci-Triebwerk der neuesten Generation am Institut für
Raumfahrtantriebe des DLR-Standorts in Lampoldshausen. Dazu laufen gerade
Testkampagnen am Höhensimulationsprüfstand P4.1, um die Entwicklung des
Triebwerksdesigns zu vervollständigen und die Qualifikation der Triebwerke für
den Flugbetrieb zu erreichen. Mithilfe dieser Tests erzielen DLR-Wissenschaftler
Erkenntnisse über das Triebwerksverhalten, die beim Hersteller ArianeGroup
für letzte Verbesserungen genutzt werden.
Für die Ariane 6 wird bei vielen Bauteilen auf die Erfahrungen und
die Technologien von Ariane 5 zurückgegriffen. Die Konstrukteure
kombinieren dabei bereits vorhandene Bausteine, die sich als zuverlässig
erwiesen haben, mit neuen Elementen. So wird es möglich sein, innerhalb von nur
fünf Jahren ein neues Raketensystem fertig zu entwickeln. Der Erstflug der rund
60 Meter hohen Ariane 6 ist für das Jahr 2020 geplant. Je nach
Konfiguration kann die Rakete mit zwei oder vier Motoren ausgestattet werden und
so fünf oder elf Tonnen Nutzlast in den Weltraum transportieren.
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