Eine Supererde um Barnards Pfeilstern
von Stefan Deiters astronews.com
15. November 2018
Astronomen haben um Barnards Pfeilstern einen Planeten
nachgewiesen, der mindestens die 3,2-fache Masse der Erde hat. Die vermutlich
recht frostige Welt ist der zweitnächste bekannte extrasolare Planet und der
nächstgelegene Planet, der um einen Einzelstern kreist. Der Fund gelang durch
Auswertung von Daten zahlreicher Teleskope.
Um Barnards Pfeilstern kreist eine Supererde.
Wie es auf ihr aussieht, weiß man nicht, aber
diese künstlerische Darstellung zeigt eine
Möglichkeit.
Bild: ESO / M. Kornmesser [Großansicht] |
Barnards Pfeilstern zählt mit einer Entfernung von nur rund sechs Lichtjahren
zu den uns am nächsten gelegenen Sternen. Es handelt sich um einen Roten
Zwergstern mit einer Helligkeit von gerade einmal 9,5 Magnituden, so dass er mit
bloßem Auge nicht zu sehen ist. Der Stern bewegt sich außerordentlich schnell
durch unsere Galaxie und nähert sich aktuell dem Sonnensystem: In knapp 10.000
Jahren wird die Entfernung zum Stern nur noch rund 3,8 Lichtjahre betragen.
Anschließend entfernt er sich wieder von uns.
Doch dies ist nicht die einzige Besonderheit von Barnards Pfeilstern: In
einer heute erscheinenden Veröffentlichung berichten Astronomen von der
Entdeckung eines Planeten um den Stern. Diese fremde Welt hat mindestens die 3,2-fache Masse der
Erde, ist also eine sogenannte Supererde.
Der Planet umkreist seine Sonne in rund 233 Tagen, dürfte von dem
schwachleuchtenden Stern aber nur rund zwei Prozent der Energie erhalten, die
die Erde von der Sonne abbekommt. Dies sollte auf seiner Oberfläche zu Temperaturen
führen, die bei vielleicht -170 Grad Celsius liegen. Der Planet liegt damit
nicht in der habitablen Zone um seinen Stern, in der Wasser in flüssiger Form
vorkommen kann, sondern in der Nähe der sogenannten Eislinie, ab der flüchtige Stoffe
wie Wasser gleich in Eis übergehen. Er dürfte daher kaum lebensfreundlich sein -
zumindest nicht für Leben, wie wir es kennen.
Aufgrund seiner Nähe zur Erde war Barnards Pfeilstern schon wiederholt das
Ziel von Planetenjägern, bislang allerdings mit einem enttäuschenden Ergebnis.
Der aktuelle Durchbruch gelang durch die Kombination von der Daten zahlreicher
Teleskope, darunter das Very Large Telescope der europäischen
Südsternwarte ESO, das Keck-Teleskop auf Hawaii und das Magellan-Teleskop.
"Nach einer sehr sorgfältigen Analyse der Daten sind wir zu 99 Prozent
sicher, dass es da einen Planeten gibt", so Ignasi Ribas vom spanischen
Institut de Ciències de l’Espai, und dem Institut d’Estudis
Espacials de Catalunya. "Wir werden diesen sich schnell bewegenden Stern
jedoch weiterhin beobachten, um mögliche, aber unwahrscheinliche natürliche
Variationen der stellaren Helligkeit auszuschließen, die als das Signal eines
Planeten fehlgedeutet werden könnten."
Entdeckt wurde der Planet um Barnards Pfeilstern mithilfe der sogenannten
Radialgeschwindigkeitsmethode, bei der man nach einem leichten Wackeln eines
Sterns sucht, das durch umlaufende Planeten verursacht wird und aus diesem dann
auf Umlaufdauer und Mindestmasse des Planeten schließt. Dieses Wackeln lässt
sich aus dem Spektrum des Sterns ablesen.
"Wir haben Beobachtungen von sieben verschiedenen Instrumenten aus 20 Jahren
Messzeit verwendet, was diesen zu einem der größten und umfangreichsten
Datensätze macht, die jemals für präzise Radialgeschwindigkeitsstudien verwendet
wurden", unterstreicht Ribas. "Die Kombination aller Daten führte zu insgesamt
771 Messungen - eine riesige Menge an Informationen!"
Die jetzt vorgestellten Ergebnisse sind Teil der "Red Dots"-Kampagne, in
deren Rahmen auch schon ein Planet um den sonnennächsten Stern Proxima Centauri
entdeckt wurde. Sie sind in einem Fachartikel beschrieben, der heute in der
Zeitschrift Nature erscheint.
Hinweis (4. Oktober 2024): Eine
Studie aus dem Oktober
2024 findet keinen Hinweis auf die hier beschriebene Supererde um Barnards
Pfeilstern, konnte aber mindestens einen anderen extrasolaren Planeten in dem
System finden.
|