Mindestens ein Planet um Barnards Pfeilstern
von
Stefan Deiters astronews.com
4. Oktober 2024
Barnards Pfeilstern zählt zu den nächstgelegenen Sternen und
steht deswegen natürlich unter besonderer Beobachtung. Schon 2018 hatte man
Hinweise auf eine Supererde in dem System gefunden, die sich allerdings nicht
bestätigten. Beobachtungen über mehrere Jahre mit dem Very Large Telescope
deuten nun jedoch auf die Existenz von mindestens einem Stern in dem System hin.
So wie in dieser künstlerischen Darstellung könnte der jetzt
entdeckte Planet Barnard b um Barnards Pfeilstern aussehen.
Bild: ESO / M. Kornmesser [Großansicht] |
Barnards Pfeilstern ist mit einer Entfernung von nur sechs Lichtjahren das
zweitnächste Sternsystem. Näher liegen nur noch die drei Sterne von Alpha
Centauri. Das macht Barnards Pfeilstern zum nächstgelegenen bekannten
Einzelstern und damit zu einem Hauptziel bei der Suche nach erdähnlichen
Exoplaneten. Im Jahr 2018 dachte man schon, ein Supererde in dem System
nachgewiesen zu haben, was allerdings in der Folgezeit nicht bestätigt werden
konnte.
Nun aber berichtet ein Forschungsteam von der Entdeckung eines neuen
extrasolaren Planeten um Barnards Pfeilstern. Der Fund basiert auf der Analyse
von Beobachtungen, die in den letzten fünf Jahren mit dem Very Large Telescope
der europäischen Südsternwarte ESO auf dem Paranal in Chile durchgeführt wurden.
"Auch wenn es lange gedauert hat, waren wir immer zuversichtlich, dass wir etwas
finden würden", meint Jonay González Hernández, Forscher am Instituto de
Astrofísica de Canarias in Spanien. Das Team suchte gezielt nach Signalen
von möglichen Exoplaneten in der sogenannten habitablen Zone um Barnards
Pfeilstern, also in einem Bereich, in dem theoretisch flüssiges Wasser auf der
Planetenoberfläche existieren kann. Da es sich bei Barnards Pfeilstern um einen
Roten Zwerg handelt, der deutlich leuchtschwächer ist als unsere Sonne, liegt
diese Region in sehr viel geringerer Entfernung vom Stern als im Sonnensystem.
Daher lassen sich hier auch massearme Gesteinsplaneten einfacher nachweisen
als beispielsweise um sonnenähnliche Sterne.
Barnard b, so der Name des neu entdeckten Exoplaneten, ist seinem
Zentralstern zwanzig Mal näher als der Merkur der Sonne. Er umkreist Barnards
Pfeilstern in 3,15 Erdtagen und dürfte eine Oberflächentemperatur von etwa 125
°C aufweisen. "Barnard b ist einer der masseärmsten bekannten Exoplaneten und einer der
wenigen bekannten Exoplaneten mit einer Masse kleiner als die der Erde", so
González Hernández. "Aber der Planet ist zu nah an seiner Sonne, um sich noch in
der habitablen Zone zu befinden. Auch wenn Barnards Pfeilstern etwa 2500 Grad
kühler ist als unsere Sonne, ist es auf dem Planeten zu heiß für flüssiges
Wasser auf der Oberfläche."
Für ihre Beobachtungen nutzte das Team den
Spektrografen ESPRESSO. Umlaufende Planeten verursachen nämlich bei ihrem
Zentralstern eine leichte Taumelbewegung, die sich im Spektrum des Sterns verrät
- wenn es denn präzise genug ist. Mithilfe dieser
sogenannten Radialgeschwindigkeitsmethode wurde bereits unzählige extrasolare Planeten
aufgespürt. Die Auswertung der ESPRESSO-Daten wurde durch Beobachtungen anderer
Instrumente, wie HARPS am La-Silla-Observatorium der ESO, HARPS-N auf La Palma
und CARMENES auf dem Calar Alto, bestätigt. Die Hinweise auf eine Supererde um
Barnards Pfeilstern, über die 2018 erstmals berichtet wurde, konnten die neuen
Daten hingegen nicht bestätigen.
Allerdings fand das Team Indizien für drei weitere Exoplaneten um Barnards
Pfeilstern. Um deren Existenz zu verifizieren, sind jedoch weitere Beobachtungen
mit ESPRESSO erforderlich. "Wir müssen diesen Stern nun weiter beobachten, um
die Signale der anderen Kandidaten zu bestätigen", sagt Alejandro Suárez
Mascareño vom Instituto de Astrofísica de Canarias. "Aber die
Entdeckung dieses Planeten, zusammen mit anderen früheren Entdeckungen wie
Proxima b und d, zeigt, dass unsere nähere kosmische Umgebung voll von
massearmen Planeten ist."
Über ihre Entdeckung berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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