Nicht mehr Huckepack ins All
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
13. November 2018
Mini-, Mikro- und Nanosatelliten werden immer
leistungsfähiger und könnten das Satellitengeschäft in den nächsten Jahren
deutlich verändern. Bislang wurden diese Winzlinge meist Huckepack, also als
Beigabe zu größeren Satelliten, ins All befördert. Im Rahmen des Projekts SMILE
entwickeln Forscher nun ein Triebwerk, das speziell für den Start von
Kleinsatelliten genutzt werden soll.
Seine erste Bewährungsprobe bestand das
Triebwerk auf dem Hochdruckprüfstand des
SMILE-Projektpartners PLD Space.
Foto: DLR [Großansicht] |
Ob allein oder im Schwarm – kleine Satelliten mit einem Gewicht von wenigen
Kilogramm (Nanosatelliten) bis zu mehreren hundert Kilogramm (Mikro- und
Minisatelliten) werden technologisch immer ausgereifter und haben das Potenzial,
die Branche grundlegend zu verändern. In den nächsten Jahren sollen Hunderte
solcher Kleinsatelliten in die Erdumlaufbahn befördert werden. Im Zuge des
EU-Projekts SMILE (Small Innovative Launcher for Europe) haben Forscher am
Institut für Bauweisen und Strukturtechnologie des Deutschen Zentrums für Luft-
und Raumfahrt (DLR) ein wiederverwendbares Raketentriebwerk speziell für den
Start solcher Satelliten entwickelt und in ersten Versuchen am Prüfstand
erfolgreich getestet.
Bisher gelangen Kleinsatelliten oft an Bord von großen Raketen ins All, wenn
dort noch Platz übrig ist. Primäres Ziel dieser Flüge ist es, große Satelliten
in eine bestimmte Umlaufbahn zu bringen. Was Timing und Zielorbit angeht, müssen
sich die kleinen Satelliten den großen unterordnen. Vierzehn europäische
Forschungseinrichtungen und Unternehmen arbeiten deshalb im Projekt SMILE daran,
einen wirtschaftlichen Raketenträger zu entwerfen. Mit dessen Hilfe sollen
kleine Satelliten bis zu einem Gewicht von 70 Kilogramm in erdnahe Umlaufbahnen
gebracht werden. Im Fokus des Projekts stehen die notwendigen Technologien für
Antrieb, Bordelektronik und kosteneffiziente Produktion.
Das von den DLR-Wissenschaftlern speziell für diesen Anwendungsbereich
entwickelte Raketentriebwerk setzt sich aus zwei zentralen Komponenten zusammen:
dem metallischen Einspritzkopf und der keramischen Brennkammer. Der belgische
Projektpartner 3D Systems realisierte den aus einer Nickel-Chrom-Legierung
bestehenden Einspritzkopf mittels metallischem 3D-Druck. Beim 3D-Druck handelt
es sich um ein additives Verfahren: Auf Basis digitaler Konstruktionsdaten wird
dabei durch das Ablagern von Material schichtweise die gewünschte Struktur
aufgebaut beziehungsweise gedruckt.
"Mithilfe dieser neuen Fertigungstechnologie benötigen wir signifikant
weniger Einzelteile und Verfahrensschritte, was den Herstellungsprozess des
Einspritzkopfes beschleunigt und die Produktionskosten senkt. Gleichzeitig
konnten wir das Gewicht der Komponente deutlich reduzieren, was bei
Raumfahrtanwendungen immer ein sehr wichtiger Faktor ist", fasst Markus Kuhn,
der das Projekt am DLR-Institut für Bauweisen und Strukturtechnologie in
Stuttgart federführend betreut, zusammen.
Für die Brennkammer verwendeten die Forscher einen speziellen
Hochleistungswerkstoff: eine kohlenstofffaserverstärkte Keramik, die
hauptsächlich aus Siliziumkarbid besteht und die maßgeblich am Stuttgarter
DLR-Institut entwickelt wurde. Sie eignet sich besonders gut für
Hochtemperaturanwendungen und hält auch extreme Temperaturwechsel zuverlässig
aus. "Ein wichtiger Aspekt bei der Entwicklung war die Wiederverwendbarkeit:
Lässt sich das gesamte System mehrfach einsetzen, sinken die Betriebskosten
erheblich, was eine kommerzielle Umsetzung für Unternehmen attraktiv macht",
beschreibt Ilja Müller, DLR-Ingenieur für Raketenantriebe am Institut für
Bauweisen und Strukturtechnologie, weiter.
Bei Heißtests im September 2018 unterzog das Team um DLR-Forscher Kuhn das
Raketentriebwerk einer ersten Bewährungsprobe: Am Hochdruckprüfstand des
spanischen Projektpartners PLD Space absolviertes es erfolgreich insgesamt 18
Versuche mit einer Brennzeit von bis zu 45 Sekunden und zeigte dabei sehr hohe
Verbrennungseffizienzen von mehr als 90 Prozent. Zum Einsatz kamen dabei
flüssiger Sauerstoff und Kerosin.
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