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Forscher der Technischen Universität Berlin wollen die Raumfahrt grüner machen. Die Experten arbeiten an einem Konzept, mit dessen Hilfe man Satelliten nach einem Baukastenprinzip zusammensetzen und so einfacher im All warten und reparieren kann. Dies soll unter anderem dazu beitragen, Weltraummüll zu vermeiden, der schon jetzt eine Gefahr für die Raumfahrt darstellt.
Der Menschheit ist inzwischen gelungen, auch im Weltall tonnenweise Schrott zu hinterlassen. Nach Angaben des US Space Surveillance Network schwirrten im April 2013 etwa 6.300 Tonnen Raumfahrtmüll unkontrolliert um die Erde. Vor fünf Jahren, am 10. Februar 2009, passiert es dann: Erstmals kollidierte ein aktiver mit einem abgeschalteten Satellit. Bei dem Crash wurden beiden Satelliten zerstört. Der Müll gefährdet also ganz konkret die Raumfahrt. Das betrifft jedoch auch das Leben auf der Erde, denn ohne Satelliten funktioniert auf dem blauen Planeten kaum noch etwas. Ganze Wirtschaftszweige wie die Logistik, der Verkehr, die Wettervorhersage und die Wissenschaft sowieso, von der gesamten Kommunikation ganz zu schweigen - sie alle hängen von Satelliten ab. Auch in der Landwirtschaft kommen sie mittlerweile zum Einsatz. Wie das Problem des Weltraummülls in den Griff zu bekommen ist, ist deshalb in der Raumfahrt, aber auch in der Wissenschaft von nicht unwesentlicher Bedeutung. Herumvagabundierende Satelliten und bei Kollisionen freigesetzte Teile einzusammeln und sie auf sogenannte "Friedhoforbits" zu schießen, wo sie keine Gefahr mehr darstellen, beziehungsweise sie in die Erdatmosphäre zu bringen und dort verglühen zu lassen, ist eine Strategie.
Im Bereich Raumfahrttechnik der Technischen Universität Berlin arbeiten Forscher jetzt an einer Alternative: Raumfahrtmüll soll von vornherein vermieden beziehungsweise minimiert werden. In dem Projekt "iBOSS" - Intelligente Baukastenkonzepte für das On-Orbit-Satelliten-Servicing" verfolgen die TU-Forscher zusammen mit ihren Kooperationspartnern deshalb das Ziel, Satelliten im Weltall zu reparieren. Das klingt allerdings leichter, als es ist. "Bislang werden Satelliten so konstruiert und gebaut, dass sie nicht zu reparieren sind. Es sind monolithische Systeme, man könnte auch sagen Wegwerfsysteme", erklärt Jana Weise, die Koordinatorin des iBOSS-Projekts. "Der Austausch von defekten oder veralteten Baugruppen ist nicht vorgesehen. Das wäre jedoch ein Weg, die Lebensdauer von Satelliten zu verlängern und sie am Ende vielleicht auch zu entsorgen." In der ersten Projektphase haben Weise und ihre Kollegen daran geforscht, wie ein Satellit gebaut werden muss, damit er überhaupt gewartet werden kann. Ihre Lösung: ein Baustein-Konzept. "Wir haben den Satelliten in die Komponenten seiner einzelnen Subsysteme wie etwa die Energieversorgung, die Lageregelung, die Kommunikation und viele weitere zerlegt", erklärt Weise das Prinzip. "Diese Komponenten verpacken wir in Bausteine, die jeweils eine standardisierte Grundgröße oder auch das Vielfache dieser Grundgröße aufweisen. In einem Modul zum Beispiel ist die Sternkamera untergebracht. In einem anderen der Tank, wiederum in einem anderen die Batterie und in einem vierten das Funksystem. Bei einem Defekt, zum Beispiel der Batterie, was nicht selten der Fall ist, kann dann der entsprechende Baustein herausgelöst und dem Satelliten ein neuer Batteriebaustein eingesetzt werden," so Weise weiter. Die Modularisierung der Satelliten ermöglicht dabei nicht nur eine Reparatur, sondern auch den Austausch veralteter Systeme durch moderne. Wartung und Modernisierung würden so die Lebensdauer eines Satelliten verlängern und Müll vermeiden. Das Baustein-Prinzip bringt aber eine weitere wissenschaftliche Herausforderung mit sich. Es entstehen Schnittstellen: mechanische, elektrische, thermische und die Datentransferschnittstelle. Die mechanische Schnittstelle betrifft die Kopplung der Bausteine miteinander. Die Verbindungen müssen einerseits stabil, andererseits wieder lösbar sein. Diese Anforderung gilt für alle vier Schnittstellen. Die elektrische Schnittstelle muss gewährleisten, dass alle Systeme in den Bausteinen trotz fehlender durchgehender Kabel mit Energie versorgt werden. Das Gleiche gilt für die Datenübertragungsschnittstelle: Die Kamera in Baustein C muss den Befehl vom Computer in Baustein A erhalten, ein Bild zu machen oder die Daten zur Erde zu funken. Die thermische Schnittstelle schließlich muss garantieren, dass alle Systeme in den für sie angemessenen Temperaturbereichen arbeiten. Batterien zum Beispiel reagieren auf Kälte sehr empfindlich, weshalb es notwendig werden kann, Wärme von einem Baustein zu einem anderen zu transferieren. Die Entwicklung einer wartungsfähigen Satellitenarchitektur und intelligenter Schnittstellen (bis auf die mechanische) gehören zu den Aufgaben der TU-Forscherinnen und -Forscher. Neben der Betrachtung von Regelungskonzepten in modularisierten Satellitensystemen wird das Schnittstellenproblem einer der Schwerpunkte in der zweiten Projektphase sein, die über drei Jahre bis 2015 läuft. "Der Nachhaltigkeitsgedanke kommt in der Raumfahrt bislang kaum vor. Mit unserem Baustein-Konzept, bestehend aus reparaturfähigen standardisierten Modulen, wollen wir beginnen, auch die Raumfahrt 'grün' zu machen", blickt Weise in die Zukunft. Die Reparatur der Satelliten würde dann ein sogenannter Service-Satellit übernehmen, der mit allen dazu benötigten Fähigkeiten ausgestattet ist. Das Projekt "iBOSS" wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie gefördert.
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