Unser Weltraum muss sauberer werden
von Stefan Deiters astronews.com
25. April 2013
Raketenteile und ausgediente Satelliten sollten möglichst
schnell aus dem Erdorbit entfernt und neue Missionen so angelegt werden, dass
kein neuer Weltraummüll entsteht - das ist die zentrale Forderung, mit der heute
in Darmstadt die bislang größte europäische Konferenz zum Thema Weltraummüll zu
Ende ging. Würde man nämlich nichts tun, könnte Raumfahrt in einigen
Jahrzehnten unmöglich werden.
Idee für eine
Mission zum Einfangen eines ausgedienten
Satelliten.
Bild: ESA |
"Unter Experten besteht gar kein Zweifel darüber, dass es höchste Zeit ist, mit
der Entfernung von Weltraummüll zu beginnen", so Heiner Klinkrad, der Leiter des
Space Debris Office der europäischen Weltraumagentur ESA. "Unser
Bewusstsein für das ständig wachsende Problem mit dem Weltraummüll lässt sich
vergleichen mit der Erkenntnis von vor rund 20 Jahren, dass man etwas gegen den
Klimawandel tun muss."
Am European Space Operations Centre der ESA in Darmstadt hatten seit
Montag rund 350 Experten aus aller Welt über Weltraummüll, dessen Vermeidung und
über Strategien diskutiert, wie sich der Weltraum rund um die Erde wieder von
Raketenstufen, Trümmerteilen und ausgedienten Satelliten säubern lässt. Die
Konferenz ging heute zu Ende. Dabei herrschte unter den Teilnehmern Einigkeit
darüber, dass künftige Mission nicht nur so ausgelegt sein müssen, dass dabei
kein neuer Weltraummüll entsteht, sondern möglichst bald auch mit einer ersten
Pilotmission zur Säuberung von wichtigen Orbitregionen rund um unseren
Heimatplaneten begonnen werden muss.
Seit Beginn des Weltraumzeitalters haben unzählige Raumfahrtmissionen Reste und
Trümmer im Weltraum hinterlassen, die bis heute um die Erde kreisen. Dazu zählen
beispielsweise abgesprengte Raketenstufen, nicht mehr steuerbare Satelliten oder
auch bei Arbeitseinsätzen im All verlorenes Werkzeug - obwohl letzteres wohl das
geringste Problem darstellen dürfte.
Diese nicht steuerbaren Trümmerteile können im Laufe der Zeit miteinander
kollidieren, wobei dann ganze Wolken aus kleineren Trümmern entstehen, die sich
noch schwerer überwachen lassen, die aber weiterhin mit hoher Geschwindigkeit um
die Erde kreisen. Ignoriert man das Problem weiterhin, könnte es im Laufe der
kommenden Jahrzehnte so viele Trümmerteile im Erdorbit geben, dass es unter
ihnen zu kaskadenartigen Kollisionen kommt. Dadurch würde im erdnahen Weltraum
so viel Weltraummüll entstehen, dass Raumfahrt praktisch nicht mehr möglich ist.
Die Dienste von Satelliten aber sind aus unserem heutigen Leben kaum noch
wegzudenken. Den Wert der derzeit im All existierenden Infrastruktur aus rund
1.000 aktiven Satelliten schätzen die Experten auf rund 100 Milliarden Euro. Der
Verlust dieser Satelliten würde allerdings für die globale Wirtschaft einen
Schaden bedeuten, der erheblich über diesem Wert liegen dürfte.
"Obwohl die Maßnahmen gegen die weitere Entstehung von Weltraummüll sowie die
aktive Entfernung von ausgedienten Satelliten aus den Umlaufbahnen technologisch
anspruchsvoll und potenziell kostspielig sind, gibt es keine andere Möglichkeit,
das Weltall als wertvolle Ressource für unsere kritische Satelliteninfrastruktur
zu schützen", so Klinkrad, der auch Vorsitzender der Konferenz war. "Die
direkten Kosten von Satelliten und die Kosten, die mit ihrem möglichen Verlust
entstehen, sind weitaus höher, als die Kosten der Abhilfemaßnahmen."
Die ESA hat inzwischen die Entwicklung von Verfahren zur Beseitigung von
Weltraummüll zu einem strategischen Ziel erklärt. Das Problem, so die
Konferenzteilnehmer, sei allerdings ein globales und müsse international
angegangen werden, auch auf Ebene der Vereinten Nationen. Mit der Initiative
Clean Space ("Sauberer Weltraum") will die ESA neue Technologien
entwickeln, mit denen Objekte eingefangen und kontrolliert zum Absturz gebracht
werden können. Eine entsprechende erste Mission wird bereits geprüft.
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