Neues Forschungszentrum in Berlin
Redaktion
/ Pressemitteilung der Technischen Universität Berlin astronews.com
8. September 2014
Der Bau und die Entwicklung von Kleinstsatelliten gilt schon
länger als ideales Ausbildungsprojekt für Studierende der Raumfahrttechnik und
verwandter Fachrichtungen. Inzwischen gibt es aber auch immer mehr ernsthafte
Anwendungen für die Satellitenwinzlinge. In Berlin wurde daher jetzt ein neues
Forschungszentrum für Nanosatelliten eröffnet.
Die Antennenanlage auf dem Dach der TU Berlin
gehört zur Bodenstationstechnik des Fachgebiets
Raumfahrttechnik.
Foto: TU Berlin /PR / Ulrich Dahl [Großansicht] |
Je kleiner und leichter ein Satellit ist, desto günstiger ist er beim Start.
Zehn bis 100 Millionen Euro muss man aufbringen, um einen gewöhnlichen
Satelliten von ein paar Hundert Kilogramm und einigen Metern Länge mit einer
Rakete in den Orbit zu befördern. Pro Kilo wird mit 20.000 Euro Startkosten
gerechnet. An der TU Berlin werden Kleinstsatelliten entwickelt und betrieben,
die in eine Handtasche passen und nur ein bis 15 Kilogramm wiegen.
Mit dem kürzlich eröffneten Forschungszentrum für Nanosatelliten, das als
universitäre Einrichtung weltweit einmalig ist, bekommt die Universität jetzt
auf dem Campus Charlottenburg einen Ort, an dem Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler gemeinsam mit Studierenden an derzeit sieben neuen Satelliten
forschen und bauen. Diese können mit Infrarotkameras Waldbrände erkennen, neue
Technologien im Weltraum erproben oder ein Kommunikationsnetz für
Satellitenschwärme herstellen.
"Am Fachgebiet Raumfahrttechnik der TU Berlin befördern sich Forschung und
Lehre gegenseitig auf sehr eindrucksvolle Weise," erklärt Prof. Dr. Christian
Thomsen, Präsident der TU Berlin. "Die Satelliten, die von Studierenden und
Promovierenden mitentwickelt und gebaut werden, setzen im weltweiten Vergleich
Meilensteine in der Kleinstsatellitenforschung. Das Forschungszentrum für
Nanosatelliten ist nicht nur ein Ort für Innovationen, sondern auch für den
Nachwuchs, der sich hier auf Herausforderungen in Wissenschaft und Industrie
sehr gut vorbereiten kann."
Prof. Dr.-Ing. Klaus Brieß, Leiter des Fachgebiets Raumfahrttechnik an der TU
Berlin, sieht in der Kleinstsatellitenforschung großes Potential: "Die Klasse
der Nanosatelliten mit einer Masse von ein bis 15 Kilogramm steht noch am Anfang
ihrer Entwicklung zu vollwertigen Werkzeugen der Umweltüberwachung,
Fernerkundung oder Kommunikation. Wir forschen an neuartigen Komponenten für
Kleinstsatelliten sowie an der Weltraumdemonstration neuer
Instrumentenplattformen und Satellitensysteme."
Das neue Forschungszentrum Nanosatelliten hat auf insgesamt 330 Quadratmetern
ein Missionskontrollzentrum, einen elektrostatisch-geschützten Integrations- und
Testbereich mit Thermalkammer, Vakuumkammer und Lageregelungsstand sowie
Computerarbeitsplätze und einen Besprechungsraum. Die Gesamtkosten für den Bau
und die Einrichtung des Forschungszentrums belaufen sich auf rund 100.000 Euro.
In dem Labor werden die Nanosatelliten TUBIN, TechnoSat und
vier S-Net-Modelle montiert, die im Rahmen von Projekten, welche das
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie fördert, entwickelt werden. Die
Satelliten sollen anspruchsvolle Forschungsaufgaben übernehmen: Mit TUBIN
(TU Berlin Infrared Nanosatellite) wird die Erdfernerkundung mit optischen
Instrumenten entwickelt und erprobt. Der Satellit hat eine Gesamtmasse von etwa
15 Kilogramm und misst etwa 30 mal 45 mal 45 Zentimeter.
TUBIN wird zwei Infrarot-Kameras an Bord haben, sowie eine Kamera
mit Sensitivität im sichtbaren Wellenlängenbereich. Die Infrarotnutzlast soll
die Anwendbarkeit der so genannten Bolometer-Technologie zur Detektion und
Beobachtung von Hotspots wie zum Beispiel Waldbränden aus dem Weltraum
demonstrieren. Die Mission soll 2016 starten.
Primäres Ziel der TechnoSat-Mission (geplanter Start 2015) ist die
Demonstration und Weltraumerprobung neu entwickelter Komponenten und Subsysteme
für Nanosatelliten. Sekundäres Missionsziel ist die Entwicklung und der Einsatz
des adaptiven und wiederverwendbaren Nanosatellitenbusses TUBiX20 (TU
Berlin innovative neXt generation 20 kg nanosatellite plattform). Unter
Adaptivität wird hier die Anpassungsfähigkeit des Satellitenbusses an
verschiedene Nutzlasten, Orbits und Missionsszenarien verstanden. TechnoSat
wird eine Startmasse von etwa 15 Kilogramm und eine Größe von etwa 30 mal 45 mal
45 Zentimeter aufweisen.
Mit den vier S-Net-Satelliten sollen die methodischen, theoretischen und
technischen Grundlagen für eine zuverlässige moderne Kommunikation zwischen
Satelliten untersucht und demonstriert werden. Mögliche Anwendungsbereiche sind
Umwelt- und Klimaforschung, globale Frühwarnsysteme, Katastrophenmonitoring,
Verkehrsüberwachung sowie On-Orbit-Servicing und planetare Robotik. Vier
Funktransceiver zur Inter-Satellitenkommunikation, die an der TU Berlin
entwickelt wurden, sollen auf vier niedrig fliegenden Satelliten aus der zehn
Kilogramm-Klasse integriert werden. Die Nanosatelliten werden in einer Formation
fliegen und ein Kommunikationsnetz im S-Band bilden. Die Experimente im Weltall
starten voraussichtlich 2016.
Die Arbeit nach minimalistischen Prinzipien am Fachgebiet Raumfahrttechnik
der TU Berlin, sowohl in Technik als auch in Bezug auf den Energieverbrauch,
sollte ursprünglich zu Lehr- und Ausbildungszwecken dienen. Seit 1963 werden an
der Universität die Grundlagen der Raumfahrttechnik gelehrt und seit 25 Jahren
gemeinsam mit Studierenden Mikro-, Nano- und Picosatelliten entwickelt und
gebaut. Nun ist die TU Berlin mit der Kleinstsatellitenforschung weltweit an der
Spitze.
Zehn TU-Satelliten sind bereits erfolgreich in den Orbit gebracht, darunter
auch die drei BEESAT-Picosatelliten (Berliner Experimental- und
Ausbildungssatelliten), dessen erste Reihe als technologischer Meilenstein gilt.
Sie sind mit jeweils rund zehn Zentimetern Kantenlänge und 1 Kilogramm
Gesamtmasse die kleinsten Satelliten, die am Fachgebiet gebaut wurden. Der
Missionsstart von BEESAT-4 ist für 2015 geplant.
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