Erfolgreiche Schwerefeldmission ist beendet
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
30. Oktober 2017
Fünf Jahre lang sollten die beiden Satelliten der Mission
GRACE das Schwerefeld der Erde vermessen, nach mehr als 15 Jahren wurde die
Mission in der vergangenen Woche für beendet erklärt: Die Batterie einer der beiden Satelliten
spielte nicht mehr mit. GRACE-1 und GRACE-2 werden nun in der Erdatmosphäre
verglühen. Eine Nachfolgemission soll im Frühjahr starten.
Mehr als 15 Jahre lang dokumentierten die
Satelliten GRACE-1 und GRACE-2 Veränderungen des
Erdschwerefeldes und lieferten damit wertvolle
Daten zum besseren Verständnis des Systems Erde,
aber auch zu konkreten Auswirkungen des
Klimawandels.
Bild: GFZ [Großansicht] |
Nach mehr als 15 Jahren geht die deutsch-amerikanische Wissenschaftsmission
GRACE (Gravity Recovery and Climate Experiment) zur genauen Vermessung des
Erdschwerefelds zu Ende: Seit ihrem Start am 17. März 2002 an Bord einer
Rockot-Rakete vom russischen Kosmodrom in Plesetsk waren die beiden
Zwillingssatelliten GRACE-1 und GRACE-2 in engem "Verfolgungsflug" in der
Erdumlaufbahn unterwegs und haben genau dokumentiert, wie sich das Schwerefeld
der Erde im Zeitverlauf verändert. GRACE war eine gemeinsame Mission des Jet
Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena (Kalifornien) und des Deutschen
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Die wissenschaftliche Datenauswertung
oblag dem Zentrum für Weltraumforschung der Universität Texas in Austin und dem
Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum.
"Die GRACE-Mission war für fünf Jahre geplant und hat für mehr als 15 Jahre
sehr erfolgreich - und dreimal länger als ursprünglich vorgesehen - gearbeitet.
Die beiden GRACE-Satelliten haben wissenschaftliche Daten geliefert, die unser
Verständnis von den geophysikalischen Vorgängen der Erde neu geprägt haben. Sie
hat auch verdeutlicht, was die satellitengestützte Erdbeobachtung für die
Klimaforschung und die Beobachtung des Klimawandels leisten kann", betont Prof.
Pascale Ehrenfreund, Vorstandsvorsitzende des DLR. "Die Messungen haben gezeigt,
wie im Lauf der Zeit Wasser, Eis und festes Material auf der Erde bewegt werden.
Diese Daten helfen uns, beispielsweise Veränderungen des Grundwassers oder den
Gletscherschwund genau zu dokumentieren. Auch dessen Einfluss auf den
Meeresspiegelanstieg lassen sich dank unserer GRACE-Messungen aufdecken",
ergänzt Prof. Reinhard Hüttl, wissenschaftlicher Vorstand des GFZ.
Denn GRACE basierte als eine der wenigen Erdbeobachtungsmissionen nicht auf
von der Erde ausgesandter oder reflektierter elektromagnetischer Strahlung wie
Licht oder Radiowellen, sondern auf der Messung von relativem Abstand und
Geschwindigkeit der beiden Satelliten mithilfe von Mikrowellen; Werte, aus denen
auf die lokale Gravitation und auch Veränderungen der Gravitation geschlossen
werden kann. "Wir konnten sozusagen wiegen, wie die Kontinente von einem Monat
zum anderen abnehmen oder zunehmen", veranschaulicht Dr. Achim Friker,
GRACE-Projektleiter im DLR Raumfahrtmanagement in Bonn. Das ermöglichte die
quantitative Bestimmung zahlreicher Auswirkungen des Klimawandels, etwa der
Gletscherschmelze in Grönland und der Antarktis, des Grundwasser-Rückgangs in
Indien und Kalifornien und lieferte einen unverzichtbaren Beitrag zur
Modellierung des Meeresspiegel-Anstieges.
Verantwortlich für den Betrieb der beiden GRACE-Satelliten war das Deutsche
Raumfahrtkontrollzentrum beim DLR in Oberpfaffenhofen mit seinen Bodenstationen
in Weilheim und Neustrelitz: "Der Ausfall der achten von insgesamt 20
Batteriezellen an Bord von GRACE-2 hat die Kapazität der Batterie so reduziert,
dass eine wissenschaftliche Nutzung des Satelliten jetzt wirklich nicht mehr
möglich ist", erklärt GRACE-Missionsmanager Sebastian Löw. Insbesondere in
Flugphasen ohne direkte Sonneneinstrahlung reichten die Energiereserven jetzt
nicht mehr aus, um Reboots des "On Board"-Computers und damit verbundene
Kommunikationsausfälle zu vermeiden.
Die Batterie ist eine entscheidende Ressource für die lange Missionsdauer.
Sie zeigte 2013, nach mehr als zehn Jahren im Orbit, erste Alterserscheinungen.
Nachdem im September 2017 bereits eine siebte Zelle ausgefallen war, wurde
beschlossen, Anfang Oktober noch einmal zu versuchen, GRACE 2 für den
wissenschaftlichen Betrieb zu präparieren. "Dann wären wir in einem sogenannten
Full Sun Orbit gewesen, der einen Betrieb auch mit einer stark geschwächten
Batterie möglich gemacht hätte", sagt Sebastian Löw. Einige Tage vor Erreichen
dieser Phase fiel jedoch eine weitere Zelle aus.
Daraufhin haben die Hauptwissenschaftler, Prof. Byron Tapley von der
Universität Austin, und Prof. Frank Flechtner vom GFZ, die GRACE-Mission für
beendet erklärt. GRACE-1 wird jetzt noch letzte Tests durchführen, bevor auch er
in den kommenden Wochen kontrolliert außer Betrieb genommen werden wird. GRACE-2
fliegt derzeit (Stand: Mitte der vergangenen Woche) in 302 Kilometern Höhe knapp
3800 Kilometer vor GRACE-1. Der Satellit wird durch den Widerstand der
Restatmosphäre ohne Treibstoff schnell absinken. Ein Kollisionsrisiko mit
GRACE-1 besteht jedoch nicht.
Die Flugbahn von GRACE-2 stellt auch keine Gefahr für andere aktive
Satelliten dar, betonen DLR und NASA. "Wir gehen davon aus, den Kontakt zum
Satelliten bis kurz vor Wiedereintritt in die Atmosphäre zu halten. Allerdings
wird es während dieser Zeit immer wieder Phasen geben, in denen wir aufgrund der
niedrigen Batteriespannung nicht mit dem Satelliten kommunizieren können", so
Löw.
NASA und DLR werden gemeinsam verfolgen, wie GRACE-2 in die Atmosphäre
zurückkehrt und dort nahezu vollständig verglüht. Beide GRACE-Satelliten sind
entsprechend der NASA-Bestimmungen so gebaut, dass sie beim Wiedereintritt in
die Atmosphäre auseinanderfallen und fast vollständig verglühen.
Im Frühjahr 2018 soll die Nachfolgemission GRACE Follow-On mit einer
Falcon 9-Rakete der US-Firma SpaceX vom kalifornischen Vandenberg aus
starten. Diese führt die Messung von Abstand und relativer Geschwindigkeit
zwischen den beiden Satelliten weiter. Dies geschieht wie schon bei GRACE
mithilfe von Mikrowellen, wird aber durch eine zusätzliche Messung mit Lasern
ergänzt, was die Genauigkeit weiter erhöhen soll.
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