Detaillierter Blick auf Eisverlust in Grönland
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Deutschen GeoForschungsZentrums Potsdam astronews.com
29. Mai 2012
Wissenschaftler haben jetzt die erste satellitengestützte Vermessung der
Veränderung der Eismassen auf Grönland vorgelegt. Die Studie beruht auf
der Kombination verschiedenartiger Satellitenmessungen und zeigt, dass
das Abschmelzen des grönländischen Eisschildes einen wichtigen Beitrag
zum beobachteten Anstieg des Meeresspiegels leistet.
Der Verlust des grönländischen Eisschildes kann
inzwischen präzise aus dem All erfasst werden.
Foto: Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches
GeoForschungsZentrum - GFZ |
Der grönländische Eisschild verliert weiter an Masse und trägt damit pro
Jahr etwa 0,7 Millimeter zur aktuell beobachteten Meeresspiegeländerung
von rund drei Millimeter pro Jahr bei. Dieser Trend steigert sich in
jedem Jahr um weitere 0,07 Millimeter pro Jahr. Zugleich ergibt sich ein
differenziertes räumliches Bild der Eismassenveränderung: Der
Massenverlust ist im Südwesten und Nordwesten Grönlands am größten. Dies
sind die Ergebnisse der Studie einer internationalen Forschergruppe
unter Leitung des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ, die in der
neusten Ausgabe von Earth and Planetary Science Letters
veröffentlicht wurden.
Ermöglicht wurden die Resultate durch einen neuen Vergleich dreier
unterschiedlicher Arten von Satellitenbeobachtungen: die Messung der
Änderung der Erdanziehungskraft durch die Eismassenänderung mit dem
Satellitenpaar GRACE; die Vermessung der Höhenänderung mit dem
Laseraltimeter auf dem NASA-Satelliten ICESat und die
Bestimmung der Differenz zwischen Akkumulation aus regionalen
Atmosphärenmodellen und dem Gletscherausstoß, wie er mit Radardaten
gemessen wird.
Die Forscher konnten auch erstmals für jede Region mit bisher nicht
erreichter Genauigkeit bestimmen, welchen Anteil Schmelzen,
Eisbergkalben und Schwankungen im Niederschlag am gegenwärtigen
Massenverlust haben. "So ist eine Zunahme des Massenverlusts im
Nordwesten nach 2005 zum Teil auf starke Niederschläge in der Zeit davor
zurückzuführen", erläutert Dr. Ingo Sasgen vom GFZ. "Dieser vorherige
Massenzuwachs wurde in den folgenden Jahren abgebaut. Ähnlich verhält es
sich im Osten Grönlands: dort wurde in den Jahren 2008 und 2009 sogar
ein Massenzuwachs beobachtet."
Die Forscher konnten nun zeigen, dass dieser Massenzuwachs nicht durch
langsamer fließende Gletscher bedingt war, sondern durch zwei Winter mit
besonders starkem Schneefall. Inzwischen setzt sich auch hier der
Verlust von Eismasse fort. Für alle untersuchten Regionen sind die
Schmelz- und Kalbungsraten zwischen 2002 und 2011 außergewöhnlich hoch
im Vergleich zu denen der letzten fünf Jahrzehnte.
Die Untersuchung entstand im Rahmen des Verbundes "Regionale
Klimaänderung" REKLIM der Helmholtz-Gemeinschaft und des EU-Projekts
ice2sea. Durch die Studie sind die Forscher dem Verständnis der
gegenwärtigen Entwicklungen des Grönländischen Eisschilds ein Stück
näher gekommen. "Wir wissen jetzt sehr genau, welchen Beitrag
Gletscherkalben und Schmelzen an der gegenwärtigen Massenbilanz haben,
und wo regionale Trends lediglich auf Niederschlagsvariationen
zurückzuführen sind. Und wir wissen auch, wo unsere Messungen noch
verbessert werden müssen", so Sasgen.
Eine solche Region ist der Nordwesten Grönlands, wo der Vergleich der
Daten auch auf einen abrupten Anstieg in der Kalbungsrate hinweist, der
von den Radardaten nur ungenügend erfasst wurde. Wodurch dieser Anstieg
verursacht sein könnte, ob er kontinuierlichen oder episodischen
Charakter hat, wollen die REKLIM/ice2sea -Wissenschaftler in Zukunft
klären. Eine notwendige Voraussetzung dafür ist eine genügend lange
Messreihe, die durch Fortführung der präzisen Schwerefeldmessungen im
Rahmen der geplanten GRACE-Nachfolgemission GRACE-FO
erstellt werden soll - das "FO" steht dabei für "Follow-on".
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