15 Jahre das Erdschwerefeld im Blick
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Deutschen GeoForschungsZentrum Potsdam astronews.com
15. März 2017
Seit fast genau 15 Jahren senden die beiden GRACE-Sonden
Daten über das Schwerefeld der Erde - und damit schon drei Mal länger, als
ursprünglich geplant. Nun ist allerdings ein Ende der erfolgreichen
amerikanisch-deutschen Mission abzusehen, da der Treibstoff der Sonden zur Neige
geht. Nachfolger stehen aber schon bereit.
Die beiden GRACE-Satelliten von GFZ und NASA zeichnen Veränderungen der
Erdanziehungskraft auf und liefern Daten für monatliche Gravitationskarten.
Bild: Astrium/GFZ [Großansicht] |
Seit das deutsch-amerikanische Satelliten-Duo am 17. März 2002 angefangen hat
zu senden, haben die Daten des Gravity Recovery and Climate Experiments
(GRACE) den Blick der Wissenschaft auf die Bewegung des Wassers und auf
Grundwasserspeicher grundlegend verändert. "GRACE hat es uns ermöglich, mittels
der Beobachtung von Massenverlagerungen nachzuverfolgen, wie Wasser sich im
Untergrund verhält", sagt Reinhard Hüttl, Vorstandsvorsitzender und
Wissenschaftlicher Vorstand des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ in Potsdam.
"Dieser Bereich war der Weltraum-gestützten Fernerkundung davor nicht zugänglich
und das hat uns neue Möglichkeiten eröffnet, Klimaveränderungen zu beobachten
und zu quantifizieren."
Das GFZ betreibt die Satellitenmission zusammen mit dem Deutschen Zentrum für
Luft- und Raumfahrt (DLR) und auf amerikanischer Seite mit dem Jet
Propulsion Laboratory der US-Raumfahrtbehörde NASA. Wie viele Revolutionen
begann GRACE mit einem radikalen Gedanken: "Die völlig neue Idee bei GRACE war,
dass man Messungen der Masse nutzen könnte, um Informationen über das System
Erde zu gewinnen", erinnert sich der leitende Wissenschaftler Byron Tapley vom
Center for Space Research der University of Texas in Austin.
Massenverlagerungen zu verfolgen war der Schlüssel zu einem besseren Verständnis
dafür, wie Wasser und die feste Erde sich im Untergrund verhalten, wo niemand
hinsehen kann.
Je größer die Masse eines Objektes ist, desto größer ist auch dessen
Anziehungskraft. So üben die Alpen beispielsweise eine höhere Anziehungskraft
aus als die norddeutsche Tiefebene. Die winzigen Unterschiede merkt kein Mensch,
aber Satelliten können die Veränderung messen. Wenn sie die Erde umkreisen und
über eine massereiche Region fliegen, dann beschleunigen sie minimal, wenn sie
darauf zufliegen, und werden langsamer beim Wegfliegen.
Der weitaus größte Teil der Erdanziehungskraft rührt von der Masse im
Erdinneren. Ein winziger Bruchteil allerdings geht auf das Wasser auf oder nahe
der Oberfläche zurück. Ozeane, Flüsse, Seen, Gletscher und Grundwasser verändern
sich viel rascher als das zähflüsssige Gestein im Erdinneren, denn sie reagieren
auf Jahreszeiten, Stürme, Dürren oder andere Wettereffekte. GRACE entstand nun
aus der Erkenntnis, dass die daraus resultierenden winzigen
Schwerkraftänderungen aus dem All zu messen seien und so die Geheimnisse des
Wasserkreislaufs lüften könnten.
Das Prinzip: GRACE misst die Massenveränderungen, indem es deren Effekt auf
das Satelliten-Duo aufzeichnet, das mit 220 Kilometer Abstand hintereinander
unseren Planeten umkreist. Wird ein Satellit schneller, weil er als erstes auf
ein massereiches Objekt zufliegt, vergrößert sich der Abstand um den Bruchteil
einer Haaresbreite. Mittels Mikrowellen können diese Änderungen gemessen werden:
Die Satelliten senden sich wechselseitig Pulse zu und registrieren, wann die
Wellen zurückgestrahlt werden. Hinzu kommen GPS-Sensoren an Bord sowie
Beschleunigungsmesser, um die Überflughöhe zu bestimmen und Bremseffekte zu
erkennen, die etwa durch Reibung an atmosphärischen Teilchen entstehen.
Aus all diesen Daten errechnen die Forscherinnen und Forscher monatliche
Karten der regionalen Änderungen der Erdanziehungskraft und der daraus
resultierenden Veränderungen der Massen an der Oberfläche. "Als die NASA diese
komplexe Hochpräzisionsmission für ihr Earth System Science Pathfinder-Programm
auswählte und ich Ende der 1990-er Jahre ins GRACE-Projekt kam, hatte ich schon
meine Zweifel, ob mit GRACE jemals monatliche Schwerefeldkarten produziert
werden", erinnert sich Frank Flechtner vom GFZ. Er war als deutscher
GRACE-Projektmanager eingestiegen und ist heute einer der beiden leitenden
Wissenschaftler bei GRACE. "Schon gar nicht dachte ich, dass wir so lange
Zeitreihen erhalten würden."
Mit 15 Jahren hat GRACE dreimal so lange wie ursprünglich geplant
funktioniert. Die Projektmanager haben alles getan, um das Leben der Sonden zu
verlängern, aber das Satelliten-Duo wird demnächst seine Treibstoffvorräte
aufgebraucht haben – vermutlich in diesem Sommer. Die NASA und das GFZ haben
seit 2012 an einer Nachfolge-Mission, GRACE Follow-On (GRACE-FO), gearbeitet.
Die Zwillings-Satelliten sollen zwischen Dezember 2017 und Februar 2018 an den
Start geht.
Die neue Mission konzentriert sich auf die Fortsetzung der erfolgreichen
GRACE-Zeitreihen. Die neuen Satelliten werden eine ähnliche Hardware wie GRACE
benutzen, sollen aber außerdem eine Technologie demonstrieren, die ein
neuartiges Laser Ranging Interferometer (LRI) benutzt, um die Distanz zwischen
beiden Satelliten zu überwachen. Das LRI ist eine deutsch-amerikanische
Entwicklung, die das Potenzial hat, noch genauere Intersatelliten-Messungen und
daraus resultierende Schwerkraftkarten zu produzieren.
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