Drehachse von Enceladus einst gekippt?
von Stefan Deiters astronews.com
2. Juni 2017
Die Pole des Saturnmonds Enceladus unterscheiden sich
dramatisch: Während man es am Südpol mit einer jungen Oberfläche und teils sogar
mit aktiven Regionen zu tun hat, erscheint die Nordpolarregion verkratert und
sehr alt. Jetzt haben Wissenschaftler eine mögliche Erklärung für die
Unterschiede präsentiert: Die Rotationsachse von Enceladus könnte einst gekippt
sein.
Blick auf den Saturnmond Enceladus. Die
Farben wurden in dieser Cassini-Aufnahme
verstärkt.
Bild: NASA/JPL/Space Science Institute [Großansicht] |
Der Saturnmond Enceladus war eine der großen Überraschungen der Mission der
Saturnsonde Cassini: Im Jahr 2005 entdeckte man, dass aus einem "Tigerstreifen"
genannten Bereich in der Nähe des Südpols des Mondes Fontänen aus Wasserdampf
und feinen Eispartikeln ins All geschleudert werden. Inzwischen glaubt man auch,
dass der Trabant über einen Ozean unter der eisigen Oberfläche verfügt.
Diese Oberfläche unterscheidet sich von Region zu Region allerdings dramatisch: Während die
Südpolarregion sehr jung erscheint und hier kaum Einschlagkrater zu erkennen
sind, ist die Landschaft rund um den Nordpol von Kratern überzogen und damit
sehr alt. Jetzt präsentierten Wissenschaftler eine mögliche Erklärung für diese
Unterschiede: Nach Analyse diverser Oberflächenstrukturen auf dem Mond glauben
sie, dass die Rotationsachse von Enceladus sich um 55 Grad verlagert hat -
eventuell als Folge der Kollision mit einem Asteroiden.
"Wir haben eine Kette von tiefergelegenen Regionen oder Becken entdeckt, die
sich wie ein Gürtel um die Oberfläche ziehen", so Radwan Tajeddine von der
Cornell University, der auch Mitglied des Imaging-Teams von Cassini
ist. "Wir glauben, dass
es sich bei diesen Strukturen um fossile Überreste eines einstigen Äquators und
der Pole handelt."
So könnte sich die heute aktive Tigerstreifen-Region in der Nähe des Südpols
einst deutlich näher am Äquator befunden haben. Hier könnte der Asteroid
eingeschlagen sein und so auch die ungewöhnliche Aktivität von Enceladus
verursacht haben. "Die geologische Aktivität in diesem Gebiet lässt sich nur
schwer durch innere Prozesse auslösen", so Tajeddine. Jedoch könnte ein
Einschlag für die Entstehung dieser aktiven Region verantwortlich sein.
Und dieser hatte dann Folgen: Durch die Entstehung der Tigerstreifen-Region kam es
zu einer Verschiebung der Massenverteilung von Enceladus, wodurch die Rotation des Mondes
gestört wurde. Es dürfte über eine Million Jahre gedauert haben, bis sich der
Mond wieder stabilisieren konnte. Dabei hat sich aber die Rotationsachse von Enceladus deutlich verschoben.
Vor der Verschiebung dürften sich die Gebiete rund um den Nord- und Südpol
des Mondes recht ähnlich gewesen sein. Erst infolge der Entstehung der
Tigerstreifen-Region durch den vermuteten Einschlag hat sich genau diese Region
dann Richtung Südpol bewegt, so dass es zu den heute sichtbaren Unterschieden
gekommen ist.
Über ihre Analyse berichten die Forscher in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Icarus erschienen ist.
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