Gammalicht von entferntem Blazar
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Physik astronews.com
4. November 2016
Astronomen haben erstmals hochenergetische Gammastrahlung
von einem weit entfernter Blazar messen können. Die Größe des
Gammastrahlen-Universums hat sich mit diesen Beobachtungen praktisch verdoppelt.
Möglich wurden die Messungen dank der MAGIC-Teleskope auf der Kanareninsel La
Palma und der Hilfe von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie.
Die MAGIC-Teleskope auf La Palma.
Foto: Robert Wagner [Gesamtansicht] |
Astronomen ist es jetzt gelungen, die Strahlung einer gewaltigen Explosion in
der Nähe eines weit entfernten supermassereichen Schwarzen Lochs zu beobachten.
Bei dem ins Visier genommenen Objekt QSO B0218+357 handelt es sich um einen
Blazar, eine besondere Spezies eines aktiven Schwarzen Lochs.
Man geht heute davon aus, dass sich im Zentrum aller Galaxien ein
supermassereiches Schwarzes Loch befindet. Schwarze Löcher, in die gerade
Materie stürzt, nennt man aktiv. Sie stoßen dabei extrem helle gebündelte
Partikelstrahlen, sogenannte Jets, aus. Weisen diese Ausbrüche in Blickrichtung
der Erde, spricht man von einem Blazar. Das von den Astronomen beobachtete
Ereignis fand vor sieben Milliarden Jahren statt, als das Universum nicht einmal
halb so alt war wie heute.
"Entdeckt wurde der Blazar am 14. Juli 2014 zunächst vom Large Area
Telescope (LAT) des Fermi-Satelliten", erläutert Razmik Mirzoyan,
Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Physik und Sprecher der
MAGIC-Kollaboration. "Sofort nahmen die auf der Erde stationierten
Gammastrahlenteleskope den Blazar ins Visier, um mehr über das Objekt zu
erfahren."
Eines dieser Teleskope war MAGIC auf der Kanareninsel La Palma, das auf sehr
energiereiche Gammastrahlen spezialisiert ist: Es kann Photonen – Lichtteilchen
– einfangen, deren Energie 100 Milliarden mal größer ist, als die von unserer
Sonne ausgesandten und tausendfach größer als die von Fermi-LAT gemessenen.
Allerdings hatten die MAGIC-Wissenschaftler zunächst Pech: Wegen Vollmond konnte
das Teleskop in der fraglichen Zeit nicht in Betrieb gehen.
Elf Tage später erhielt MAGIC jedoch eine zweite Chance. Denn die von QSO
B0218+357 freigesetzten Gammastrahlen gelangten nicht nur auf direktem Weg zur
Erde: Eine Milliarde Jahre nach ihrem Aufbruch erreichten sie die Galaxie
B0218+357G. Dort kam Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie ins Spiel. Sie
besagt, dass eine große Masse im Universum, zum Beispiel eine Galaxie, Licht
eines dahinter liegenden Objekt ablenkt. Außerdem wird das Licht wie in einer
gigantischen optischen Linse gebündelt – einem entfernten Beobachter erscheint
das Objekt viel heller, aber auch verzerrt. Außerdem passieren die Lichtstrahlen
die Linse je nach Blickwinkel unterschiedlich schnell.
Diese Gravitationslinse war der Grund, das MAGIC QSO B0218+357 – und damit das
weiteste Objekt im hochenergetischen Gammastrahlenspektrum – doch noch messen
konnte. "Von Beobachtungen von Fermi und Radioteleskopen im Jahr 2012
wussten wir, dass die Photonen, die den längeren Weg nahmen, elf Tage später
ankommen würden", sagt Julian Sitarek von der Universität Łódz in Polen, der die
Studie geleitet hat. "So konnten wir das erste Mal beobachten, dass
hochenergetische Photonen von einer Gravitationslinse abgelenkt werden."
Dass energiereiche Gammastrahlen eines entfernten Himmelskörpers die
Erdatmosphäre erreichen, ist alles andere als selbstverständlich. Das Weltall
ist angefüllt mit Photonen niedriger Energie, die von Galaxien und Sternen
stammen. "Viele Gammastrahlen gehen verloren, wenn sie mit diesen Photonen
wechselwirken", so Mirzoyan. "Mit der MAGIC-Beobachtung hat sich der Bereich des
Universums, den wir mit Gammastrahlen erschließen können, verdoppelt."
Die Tatsache, dass das Licht zum berechneten Zeitpunkt auf der Erde ankam,
könnte einige Theorien über die Struktur des Vakuums ins Wanken bringen –
allerdings sind dafür weitere Untersuchungen erforderlich. "Derzeit verweist die
Beobachtung auf neue Möglichkeiten für Hochenergie-Gammastrahlen-Observatorien –
und setzt ein Ausrufezeichen für die nächste Generation von Teleskopen im
CTA-Projekt", resümiert Mirzoyan.
Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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