Unerwartete Transparenz für Gammastrahlen
Redaktion /
Pressemitteilung der MPG astronews.com
27. Juni 2008
Mit dem MAGIC-Teleskop auf der Kanareninsel La Palma haben
Max-Planck-Physiker Gammastrahlen gemessen, die ihre Quelle vor fünf Milliarden
Jahren verlassen haben. Das Licht stammt aus der Umgebung des Schwarzen Lochs im
Zentrum der Galaxie 3C279 und ist doppelt so lange unterwegs wie alle bisher
beobachteten Gammasignale. Offenbar ist das Universum für Gammastrahlen
transparenter als gedacht.
Von MAGIC aufgezeichnete Himmelskarte der Region
um die Galaxie 3C279 im Licht der
hochenergetischen Gammastrahlung.
Bild: MAGIC-Kollaboration |
Das schwarze Loch in der Galaxie 3C279 hat eine Masse von etwa einer Milliarde
Sonnenmassen und legt immer weiter zu. Dieser sogenannte aktive Galaxienkern
schluckt alles, was ihm zu nahe kommt - Gas und Sterne aus seiner Umgebung - und
lässt die Materie in einer Scheibe um sich rotieren. In diesem kosmischen
Strudel stoßen die Teilchen miteinander zusammen und setzen Energie frei: Die
Scheibe strahlt im gesamten Energiespektrum, von Radiowellen über optisches
Licht bis zu den energiereichen Gammaquanten.
Fast alle ausgesandte Strahlung durchläuft das Universum weitgehend ungestört.
Nur das Gammalicht ist da eine Ausnahme: Es reagiert mit der
Hintergrundstrahlung, die das Universum durchzieht und wird auf diese Weise
ausgedünnt. Die Hintergrundstrahlung stammt von anderen bekannten und vielleicht
auch unbekannten Sternen und Galaxien.
3C279 ist fünf Milliarden Lichtjahre von uns entfernt, was nahezu dem halben
Radius des Alls entspricht. "Bis vor kurzem hat man gedacht, dass Gammastrahlen
von so weit weg gar nicht auf der Erde ankommen dürften", sagt Robert Wagner vom
Max-Planck-Institut für Physik. "Neueste Messungen haben bereits angedeutet,
dass das All transparenter ist als vermutet. Wir haben aber nun herausgefunden,
dass es noch durchlässiger ist."
Den Forschern des Münchner Max-Planck-Instituts für Physik gelang es nämlich das
Licht von 3C279 aufzuspüren. Als Detektor diente das weltweit größte
Gammastrahlen-Teleskop MAGIC (Major Atmospheric Gamma-ray Imaging Cherenkov)
auf der Insel La Palma vor der afrikanischen Küste. Die Entdeckung der
MAGIC-Kollaboration stellt damit die gängigen Theorien über das intergalaktische
Hintergrundlicht in Frage, da sich unser Universum als für Gammalicht
durchlässiger herausgestellt hat als erwartet. Entgegen gängiger Vermutungen
enthält der Kosmos offenbar nur das geschätzte Minimum an Licht - nämlich jenes
aller bekannten Galaxien und Sterne - und keine Strahlung aus bislang
unbekannten Quellen.
Das Hintergrundlicht ist von großem Interesse für die Forscher: Da es alles
jemals ausgestrahlte Licht des Universums enthält, kündet es von den Strukturen
im frühen Universum. Auf ihrem Weg durch das All sammeln die Gammastrahlen
Informationen über die Regionen, die es passiert. "Mit den Messungen von MAGIC
können wir das Hintergrundlicht von damals modellieren und so etwas über die
Geschichte des Alls lernen", sagt Wagner.
Es steckt aber noch mehr in der Beobachtung von Gammastrahlung. Das
hochenergetische Licht wird von den gewaltigsten und exotischsten Quellen im
Weltall erzeugt: von Supernovae, aktiven galaktischen Kernen oder den
kurzlebigen Gammablitzen. Diese Strahlung erlaubt es den Wissenschaftlern,
extreme physikalische Phänomene näher zu erforschen, die weit mehr Energie
freisetzen, als sich auf der Erde erzeugen lässt. Da Gammastrahlen nicht geladen
sind, werden sie auch nicht von Magnetfeldern abgelenkt und weisen direkt auf
ihren Ursprung. Damit verfügen die Astronomen über ein Fenster, durch das sie
ferne Objekte direkt beobachten können.
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