Gammalicht von einer aktiven Galaxie
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Physik astronews.com
17. Dezember 2015
Erstmals haben Forscher Gammastrahlung einer bekannten, weit
entfernten, aktiven Galaxie nachgewiesen. Die aktuelle Beobachtung führt nicht nur zu einem besseren
Verständnis aktiver Galaxien: Da das Licht des Systems etwa 7,6 Milliarden
Jahre zur Erde unterwegs war, erhoffen sich Forscher auch neue Erkenntnisse aus
dem "Mittelalter" des Universums.
Die Galaxie PKS 1441+25 gehört zur Gruppe der
Quasare: Ein Schwarzes Loch im Zentrum der
Galaxie zieht Materie an, wobei ein Teil davon in
Form von zwei "Jets" mit Lichtgeschwindigkeit
nach außen geschleudert wird (künstlerische
Darstellung).
Bild: M. Weiss/CfA [Großansicht] |
PKS 1441+25, so der Name des beobachteten Systems, zählt zu den etwa zehn Prozent aktiver Galaxien im Universum. Ihr
gemeinsames Kennzeichen: Sie produzieren mehr Licht als sich allein mit der
Helligkeit von Sternen und Staub erklären ließe. In ihrem Zentrum befindet sich
ein supermassereiches Schwarzes Loch, das fast so schwer ist wie eine Milliarde
Sonnen.
Die Schwarzen Löcher üben eine starke Gravitationskraft auf die Materie in
ihrer Umgebung aus. Bevor die Materie vom Schwarzen Loch verschluckt wird,
kreist sie als hell leuchtende Scheibe um den aktiven Kern. PKS 1441+25 gehört
außerdem zur Klasse der extrem hellen Quasare: Bei diesen Objekten werden
Elementarteilchen als sogenannte Jets mit Lichtgeschwindigkeit ins All
geschleudert, im Fall von PKS1441+25 Richtung Erde.
Mit dem MAGIC-Teleskop auf La Palma in Spanien beobachteten Wissenschaftler
hochenergetische Gammastrahlen bei PKS 1441+25. Das Licht des Quasars erreicht
die Erde nach etwa 7,6 Milliarden Jahren – die Galaxie befindet sich somit im
"Mittelalter" des 13,8 Milliarden alten Universums. "Außer PKS 1441+25 kennen
wir nur eine weitere so weit entfernte aktive Galaxie, bei der Gammastrahlen zu
entdecken waren", erklärt Dr. Razmik Mirzoyan, Sprecher des MAGIC-Verbundes und
Forscher am Max-Planck-Institut für Physik. "Auch diese Galaxie, B0218+357,
haben wir mit MAGIC entdeckt und untersucht."
Die Beobachtung von PKS 1441+25 zeigte, dass die Aktivität des Quasars
hochvariabel ist: Die energiereichsten Gammastrahlen-Emissionen lagen bei 250
Gigaelektronenvolt. Diese Ausbrüche waren bis zu 100 Mal stärker als das sonst
beobachtete Gammastrahlenprofil. Die Gründe für diese große Bandbreite liegen
noch im Dunklen. Allerdings konnten die Wissenschaftler beobachten, wo der
Ursprung der extrem heftigen Ausbrüche liegt. "Sie entstehen viele Milliarden
Kilometer vom aktiven Kern entfernt", sagt Mirzoyan, "während die anderen
Emissionen viel näher am Schwarzen Loch gebildet werden".
Abgesehen von seinem ungewöhnlichen Verhalten ist der Quasar in einer
weiteren sehr wichtigen Hinsicht interessant. Der Kosmos ist angefüllt mit
diffusem extragalaktischen Hintergrundlicht. Dabei handelt es sich um die
Lichtteilchen aller Sterne und Galaxien, die je im Universum existierten. Damit
birgt der kosmische Nebel wichtige Informationen über die Vergangenheit des
Universums.
Da sich von unserer Milchstraße aus kaum erschließen lässt, wie dicht das
Hintergrundlicht ist, nutzen Astrophysiker eine indirekte Methode. Sie messen
Gammastrahlen von entfernten Galaxien. Auf ihrem Weg zur Erde werden die
hochenergetischen Strahlen abgeschwächt: Wenn sie auf ein Lichtteilchen treffen,
wandeln sie sich in ein Elektron und ein Positron um – und sind damit für die
Beobachtung verloren. Je dichter der Dunst, umso mehr Gammastrahlen werden vom
Hintergrundlicht geschluckt.
"Für die exakte Bestimmung des extragalaktischen Hintergrundlichts sind
Gammastrahlen weit entfernter Objekte erforderlich", sagt Mirzoyan. "Mit PKS
1441+25 haben wir jetzt eine Gammaquelle 'erwischt', die zweimal so weit
entfernt ist wie bisher untersuchte Objekte. Damit haben wir unsere bisherige
Rekord-Beobachtungsreichweite aus dem Jahr 2007 verdoppelt und erhalten Auskunft
über den Zustand des Universums vor 7,6 Milliarden Jahren."
Die aktuellen Messungen stehen im Einklang mit gängigen Modellen zur
Entwicklung von Sternen und Galaxien. Mit 250 Gigaelektronenvolt liegt die
Gammastrahlung von PKS 1441+25 in der passenden Größenordnung. "Spannend wäre es
gewesen, wenn wir Gammastrahlen mit wesentlich höheren Energien zum Beispiel ab
etwa 1.000 Gigaelektronenvolt gefunden hätten", erläutert Mirzoyan. "Dann
müssten wir unsere Modelle überdenken – oder davon ausgehen, dass wir es mit
bisher unbekannten physikalischen Vorgängen zu tun haben, die dafür sorgen, dass
mehr Gammastrahlen durch das kosmische Hintergrundlicht zu uns dringen."
Entdeckt wurde die starke Gammastrahlung der aktiven Galaxie im April 2015,
als der Quasar einen besonders starken Materiejet in Richtung Erde schleuderte.
"Gesehen" hat sie zunächst das LAT-Instrument des NASA-Satelliten Fermi.
Dieser scannt den gesamten Nachthimmel in nur etwa drei Stunden. Da Fermi
nur den unteren Bereich des Gammastrahlenspektrums erfasst, wurde schnell das
auf höhere Energien spezialisierte, erdgebundene Doppelteleskop MAGIC
"zugeschaltet". Der Ausbruch wurde später auch von den VERITAS-Teleskopen in
Arizona, USA beobachtet. Insgesamt sammelte MAGIC Beobachtungsdaten über einen
Zeitraum von zehn Tagen.
Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift The Astrophysical Journal Letters erschienen ist.
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