Viele unentdeckt in unserer Nachbarschaft?
von Stefan Deiters astronews.com
7. September 2016
In unserer Nachbarschaft könnte es noch unzählige kühle
Braune Zwerge geben, die bislang unentdeckt geblieben sind. Das ist das Ergebnis
einer Durchmusterung von 28 Prozent des Himmels mit zwei Teleskopen. Dabei
wurden 165 äußerst kühle Braune Zwerge aufgespürt, die bislang übersehen worden waren.
Befinden sich in unserer Nachbarschaft noch
zahlreiche bislang unentdeckte kühle Braune
Zwerge? Hier eine künstlerische Darstellung eines
Braunen Zwergs.
Bild: NASA, ESA und JPL-Caltech [Großansicht] |
Braune Zwerge sind zwar nicht so spektakuläre Objekte wie Riesensterne oder
Schwarze Löcher, trotzdem sind sie aber für Astronomen äußerst interessant: Es handelt sich
nämlich um Objekte, die vermutlich wie ein Stern entstehen, allerdings nicht massereich
genug sind, um die Fusionsprozesse in ihrem Inneren dauerhaft zu zünden und
dadurch zu einer richtigen Sonne zu werden. Braune Zwerge stellen damit eine Art
Bindeglied zwischen den masseärmsten Sternen und den Gasplaneten dar.
"Jeder wird von der Untersuchung Brauner Zwerge profitieren", ist
Jonathan Gagné von der Carnegie Institution for Science überzeugt, der zudem auch am
Institute for
Research on Exoplanets der Université de Montréal arbeitet. "Man
findet sie oft in relativer Einsamkeit, so dass man sie beobachten und
untersuchen kann, ohne dass ein heller Stern die Instrumente beeinträchtigt."
Die Entdeckung neuer Brauner Zwerge liefert zudem auch Informationen darüber,
wie häufig diese Objekte in unserer direkten Nachbarschaft und in der übrigen
Milchstraße sind. Dies wiederum könnte wichtige Daten über die Massenverteilung
im Universum und über die Entstehung Brauner Zwerge liefern. So fragt man sich
beispielsweise, ob einzelne Braune Zwerge tatsächlich so einsam
entstanden sind oder eventuell aus einem größeren Planetensystem
hinausgeschleudert wurden.
Das von Jasmin Robert von der der Université de Montréal geleitete
Astronomenteam vermutet, dass es noch Hunderte von äußerst kühlen Braunen
Zwergen gibt, die mit den bisherigen Suchverfahren schlicht übersehen wurden.
Ursache dafür könnte etwa sein, dass diese Braunen Zwerge eine ungewöhnlichere
Zusammensetzung haben und daher bei Durchmusterungen, die nach diesen Objekten
auf Grundlage ihrer Farbe suchen, nicht so einfach entdeckt werden können.
Im Rahmen des Projekts Sondage Infrarouge de Mouvement Propre (SIMP)
wurde daher mit der Camera PAnoramique Proche-InfraRouge am
1,5-Meter-Teleskop des Cerro Tololo Inter-American Observatory und am
1,6-Meter-Teleskop des Observatoire du Mont Mégantic etwa 28 Prozent
des Himmels erfasst und nach bislang unentdeckten Braunen Zwergen gefahndet.
Und tatsächlich: Das Team entdeckte 165 äußerst kühle Braune Zwerge, von denen
etwa ein Drittel eine eher ungewöhnliche Zusammensetzung aufwies oder andere
Besonderheiten hatte. Als äußerst kühlen Braunen Zwerg bezeichnen die Astronomen
Objekte mit einer Temperatur von knapp 2000 Grad Celsius.
"Die Suche nach aüßerst kühlen Braunen Zwergen in der Nachbarschaft des
Sonnensystems ist aber noch lange nicht beendet", so Gagné. "Unsere Ergebnisse
deuten darauf hin, dass sich in den existierenden Durchmusterungen noch viele
dieser Objekte verbergen."
Über ihre Arbeit berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel, der in
der Zeitschrift The Astrophysical Journal erscheint.
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