Weitaus mehr Braune Zwerge in Sonnennähe?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) astronews.com
8. April 2016
Wie viele Braune Zwerge gibt es in der näheren Umgebung der
Sonne? Bislang hatten Astronomen angenommen, dass sie den größten Teil dieser
Objekte zwischen Stern und Planet zu kennen. Eine neue Analyse der vorhandenen
Daten ergab nun aber ein vollkommen anderes Bild: Offenbar hat man viele
Braune Zwerge noch nicht entdeckt.
Die Verteilung der bekannten nahen
Braunen Zwerge (Ausschnitt). Bild:
AIP/2MASS [Großansicht] |
Bislang glaubte man, die Umgebung der Sonne und die dort beheimateten Braunen
Zwerge sehr gut zu kennen. Eine neue Studie von Gabriel Bihain und Ralf-Dieter
Scholz, beide Wissenschaftler am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP),
stellt dies grundlegend in Frage. Die tatsächliche Anzahl Brauner Zwerge in
verschiedenen Himmelsregionen zu kennen, ist unter anderem wichtig, um den
Prozess der Sternentstehung und die Bewegungen von Sternen in der Milchstraße
besser zu verstehen.
Braune Zwerge sind eine Art Bindeglied zwischen Sternen und Planeten. Mit ihrer
geringen Masse von weniger als etwa sieben Prozent der Sonnenmasse können sie in
ihrem Inneren nicht genug Druck und Hitze für die Wasserstofffusion zu Helium
aufbauen, den grundlegenden Prozess zur Strahlungserzeugung in Sternen. Die
Sternentstehung ist also quasi fehlgeschlagen, wenn ein Brauner Zwerg entsteht.
Bihain und Scholz haben sich die Verteilung bekannter naher Braunen Zwerge nun
nochmals aus einem anderen Blickwinkel angesehen. Überraschenderweise fanden sie
eine signifikante Asymmetrie, die stark von der Verteilung der Sterne abweicht.
"Ich habe die bekannten nahen Braunen Zwerge auf die galaktische Ebene
projiziert und bemerkt: der halbe Himmel ist beinahe leer! Das war eine völlig
unerwartetes Ergebnis, denn wir betrachten eine Umgebung, die eigentlich
gleichförmig aussehen sollte", beschreibt Bihain seine Entdeckung.
Die leere Region überlappt von der Erde aus gesehen zu einem großen Teil mit dem
Nordhimmel. Die Forscher gehen davon aus, dass es viele weitere Braune Zwerge
gibt, welche die von ihnen gefundene Lücke füllen werden. Wenn sich diese
Annahme als richtig herausstellt, bedeutet dies, dass die Sternentstehung mit
einem Verhältnis von einem Braunen Zwerg zu vier Sternen deutlich öfter
fehlschlägt als bislang gedacht. In jedem Fall müsste das etablierte Bild der
Sonnenumgebung und der Eigenschaften der Population Brauner Zwerge insgesamt neu
geprüft werden.
"Es ist durchaus wahrscheinlich, dass sich neben normalen Braunen Zwergen auch
weitere Objekte mit noch geringerer, planetarer Masse in den Beobachtungsdaten
verstecken. Es lohnt sich also definitiv, die vorhandenen und zukünftigen Daten
noch einmal neu zu durchforsten", so Scholz.
Über ihre Untersuchung berichten die Forscher in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheinen wird.
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