Der Radiohimmel über Südafrika
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
4. Dezember 2014
Radioastronomen freuen sich über die gelungene Finanzierung
eines Empfängers für den gerade in Südafrika entstehenden Radioteleskopverbund
MeerKAT. Die Forscher erhoffen sich von dem Empfänger ganz neue Einsichten etwa
in die Physik der Pulsare und von anderen Phänomenen. Die Datenmengen, die dabei
zu bewältigen sein werden, sind gewaltig.
Eine MeerKAT-Radioantenne
und der afrikanische Nachthimmel.
Bild: SKA South
Africa[Großansicht] |
Radioastronomie ermöglicht einen gegenüber dem sichtbaren Licht völlig
unabhängigen Einblick in unser Universum. Sie erlaubt die Untersuchung von
Objekten und Abläufen im Kosmos, die sonst nicht zugänglich sind; dadurch wird
die Bearbeitung eines weiten Spektrums von Fragen zur Astrophysik und
Fundamentalphysik möglich.
Eingegrenzt wird das Ganze durch die Empfindlichkeit der derzeitigen
Radioteleskope, aber auch Faktoren wie Zugänglichkeit der Himmelsregionen, Zeit-
und Frequenzauflösung, Datendurchsatz (bzw. Geschwindigkeit von
Himmelskartierungen) und Komplementarität zu bereits bestehenden Einrichtungen
spielen eine wichtige Rolle.
Zur Zeit gibt es eine Reihe von Initiativen, Fortschritte bei allen diesen
Faktoren zu erreichen. Eine Entwicklung an vorderster Front stellt dabei das
MeerKAT-Radioobservatorium in Südafrika dar, das nach seiner Fertigstellung ein
Observatorium von Weltklasse darstellen wird. MeerKAT wird dabei sogar noch
etwas empfindlicher sein als die größten beweglichen Einzelteleskope auf der
Nordhalbkugel der Erde, das 100-Meter-Radioteleskop Effelsberg und das
Green-Bank-Teleskop in West Virginia.
Darüber hinaus wird es eine räumliche Auflösung haben, vergleichbar mit einem
Radioteleskop von acht Kilometern Durchmesser. Mit diesen Eigenschaften wird
MeerKAT über ein enormes wissenschaftliches Potential verfügen. "Das MeerKAT-Empfängerprojekt
an unserem Institut wird ein Empfangssystem bereitstellen, das in hervorragender
Weise auf die Forschungsinteressen unserer Max-Planck-Wissenschaftler
ausgerichtet ist", erläutert Gundolf Wieching, Leiter der Elektronikabteilung am
Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR), wo der neue Empfänger gebaut
wird. "Dadurch wird es uns möglich, das volle Potential des Empfängers
auszunutzen und es bringt die Max-Planck-Astronomen in eine optimale Position,
sich zukünftige Forschungseinrichtungen nutzbar zu machen."
Das bereits finanzierte Empfangssystem für einen Radiofrequenzbereich von 1,6
bis 3,5 GHz ermöglicht wissenschaftliche Untersuchungen, die in ein zentrales
Interessensgebiet des MPIfR fallen. "Unsere Forschungsinteressen liegen im
Bereich Fundamentalphysik mit Tests von Theorien der Gravitation und dem
Nachweis von Gravitationswellen über Pulsarbeobachtungen", sagt Michael Kramer,
Direktor am MPIfR und Leiter der Forschungsabteilung "Radioastronomische
Fundamentalphysik". "Von dem neuen Empfängerprojekt erwarten wir uns einen
vielfältigen wissenschaftlichen Fortschritt bei den Pulsaren, aber auch in
anderen Bereichen der Astronomie."
Dies umfasst die Erforschung von dynamischen Veränderungen am Radiohimmel,
etwa mit der Entdeckung von kurzzeitigen Radiostrahlungsausbrüchen in
kosmologischen Entfernungen, sowie hochempfindliche Molekülspektroskopie des
interstellaren Mediums oder hochauflösende Bilder von Radioquellen mit der
Very Long Baseline Interferometry (VLBI). Für jede dieser
Forschungsrichtungen allein sind Beobachtungen mit MeerKAT schon extrem
wünschenswert, zusammengenommen ergibt sich ein überzeugender Hintergrund für
eine hervorragende Positionierung von Max-Planck-Astronomen in diesem
hochaktuellen Forschungsbereich.
Zusätzlich zur Bereitstellung des Frontends wird das komplette
Empfängerprojekt auch Design und Aufbau eines modernen digitalen Backend-Systems
beinhalten; dadurch sollte MeerKAT zu einer Entdeckungsmaschine für Pulsare und
andere zeitabhängige Phänomene in der Astrophysik werden. Der Empfänger wird am
MPIfR entworfen und aufgebaut, in Zusammenarbeit mit Kollegen von den
Universitäten in Manchester und Oxford.
"Dieses Projekt ist eine Bestätigung für die herausragende Qualität von
MeerKAT und dem südafrikanischen Team, von dem das Teleskop entworfen und gebaut
wurde", meint Bernie Fanaroff, der Direktor des SKA-Südafrika-Projekts. "Wir
freuen uns über die starke und noch weiter wachsende Zusammenarbeit zwischen
südafrikanischen und deutschen Forschern im Bereich Astronomie."
Der MPIfR-MeerKAT-Empfänger wird ein komplettes Empfangssystem darstellen,
das aus einem Frontendsystem zur Datenaufnahme sowie einem Backendsystem zur
Datenverarbeitung mit hoher Zeitauflösung bestehen wird. Die empfangenen
Frequenzen liegen in einem Bereich zwischen 1,6 und 3,5 Gigahertz (GHz). Die
aufgenommene Datenrate von 5,5 TeraBit/Sekunde entspricht 147 komplett
beschriebenen DVDs pro Sekunde oder einer halben Million DVDs pro Stunde.
Bei einer derart gigantischen Datenmenge ist eine Online-Datenreduktion
zwingend erforderlich, wofür wiederum eine sehr hohe Rechenleistung benötigt
wird. Solche Ansprüche an die Technik führen zwangsläufig auch zu neuen
technologischen Entwicklungen, die für zukünftige Instrumente auch über den
Bereich der Radioastronomie hinaus eingesetzt werden können. Das
Empfängerprojekt hat ein Gesamtvolumen von 11 Millionen Euro. Es wird von der
Max-Planck-Gesellschaft finanziert.
MeerKAT ist ein komplett finanziertes Radio-Observatorium, das zur Zeit im
nördlichen Teil von Südafrika errichtet wird. Es wird nach seiner Fertigstellung
das größte und empfindlichste Radioteleskop auf der Südhalbkugel der Erde
darstellen, bis Mitte des nächsten Jahrzehnts das Square Kilometre Array
(SKA) unter Integration von MeerKAT in Betrieb gehen wird. MeerKAT wird aus
insgesamt 64 Einzelantennen mit jeweils 13,5 Metern Durchmesser bestehen. Nach
seiner Fertigstellung wird MeerKAT nahezu fünfmal empfindlicher sein als das
64-Meter-Parkes-Radioteleskop, das zur Zeit größte Radioteleskop auf der
Südhalbkugel.
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