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Mithilfe des Weltraumteleskops Hubble haben Astronomen die bislang detaillierteste Karte der Temperatur in der Atmosphäre eines extrasolaren Planeten erstellt und zudem deren Wassergehalt bestimmt. Das Wetter auf der fernen Welt dürfte jedoch alles andere als gemütlich sein: Der Gasriese WASP-43b ist seiner Sonne nämlich so nah, dass ein Jahr nur 19 Stunden dauert.
Bei WASP-43b handelt es sich um einen sogenannten Transitplaneten. Das bedeutet, dass der Planet - von der Erde aus betrachtet - regelmäßig vor seinem Zentralstern vorüberzieht und dabei die Helligkeit der fernen Sonne leicht reduziert. Diese besondere Konstellation macht es den Astronomen möglich, etwas mehr über die ferne Welt herauszufinden. WASP-43b liegt rund 260 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Sextant. Der Planet ist ein Gasriese, der etwa die Größe des Jupiter hat, jedoch dessen doppelte Masse. Anders als der größte Planet in unserem Sonnensystem, umkreist WASP-43b seinen Zentralstern in einem äußerst geringen Abstand: Ein Jahr auf der fernen Welt dauert dadurch nur 19 Stunden. Es ist ein Rekord für einen extrasolaren Planeten dieser Größe. In gleich zwei Untersuchungen haben Astronomen nun versucht, auf Grundlage von Hubble-Beobachtungen eine detaillierte Wetterkarte von WASP-43b zu erstellen. Eine Studie beschäftigte sich dabei mit der Temperatur in verschiedenen Schichten der Atmosphäre, die andere mit der Menge und der Verteilung des Wasserdampfs darin. "Unsere Beobachtungen liefern erstmals eine zweidimensionale Karte über die thermische Struktur des Planeten", so Kevin Stevenson von der University of Chicago. "Diese Karten können zur Überprüfung von Modellrechnungen verwendet werden, die die Zirkulation von Wärme von der heißen Tagseite zur kühleren Nachtseite des Planeten beschreiben."
Genau wie unser Mond in gebundener Rotation die Erde umläuft und wir daher nur grob eine Seite des Mondes von der Erde aus zu Gesicht bekommen, ist auch bei WASP-43b eine Seite des Planeten immer dem Zentralstern des Systems zugewandt. Auf der Tagseite des Planeten herrschen Temperaturen von über 1.500 Grad Celsius, auf der dunklen Nachtseite ist es hingegen mit nur 500 Grad Celsius vergleichsweise kühl. Dies dürfte für heftige Winde von der Tagseite zur Nachtseite des Planeten sorgen. Für ihre Studien kombinierten die Wissenschaftler erstmals zwei Verfahren zur Untersuchung der Atmosphären von extrasolaren Planeten: Durch die spektrale Untersuchung des Lichts des Zentralsterns, das auch die Atmosphäre des Planeten durchlaufen hat, ermittelten sie den Anteil von Wasser in der Atmosphäre an der Tag-und-Nacht-Grenze der fernen Welt. Dank der äußerst präzisen Beobachtungen, die mit Hubble möglich sind, gelang es den Astronomen zudem mehr als 99,95 Prozent des Lichts vom Zentralstern aus den Beobachtungen herauszufiltern und so nur das Licht zu untersuchen, das vom Planeten selbst stammt. Sie konnten so Wassergehalt und Temperatur an verschiedenen Längengraden bestimmen. "Wir waren in der Lage, innerhalb von vier Tagen drei komplette Umläufe zu beobachten - also drei Jahre auf dem fernen Planeten", erklärt Jacob Bean von der University of Chicago. "Das war entscheidend, um erstmals eine vollständige Temperaturkarte eines extrasolaren Planeten zu erstellen und herauszufinden, welche Elemente darin vorhanden sind und wo." Die Ergebnisse sind für die Astronomen auch deshalb von Bedeutung, weil sie etwas über die Vorgänge bei der Entstehung von Planeten verraten können. "Da es bei uns im Sonnensystem keinen Planeten mit solchen extremen Bedingungen gibt, ist diese bizarre Welt ein ideales Laboratorium, um ein besseres Verständnis über Planetenentstehung und planetare Physik zu gewinnen", so Nikku Madhusudhan von der englischen University of Cambridge. "In diesem Fall passen die Daten gut zu bereits existierenden Modellen über das Verhalten solcher Planeten." WASP-43b reflektiert offenbar nur sehr wenig Licht von seinem Zentralstern. Allerdings verfügt seine Atmosphäre über Wasserdampf. "Der Planet ist so heiß, dass sämtliches Wasser hier dampfförmig ist und nicht etwa in Eiswolken vorliegt, wie wir sie auf Jupiter finden", so Laura Kreidberg von der University of Chicago. Wie viel Wasser sich in den Gasriesen des Sonnensystems befindet, weiß man nur relativ ungenau. Hier liegt das Wasser nämlich in Form von Eis vor und ist tief im Inneren der Atmosphäre des Planeten verborgen, so dass es der Erfassung durch Sonden nur schwer zugänglich ist. Da bei WASP-43b das Wasser komplett dampfförmig ist, waren hier die Messungen einfacher. Und die nachgewiesene Wassermenge entsprach der, die man für ein Objekt mit der chemischen Zusammensetzung unserer Sonne erwarten würde. "Dies verrät uns etwas Fundamentales darüber, wie der Planet entstanden ist", so Kreidberg. "Wir wollen nun versuchen, den Wassergehalt von verschiedenen Planeten und auch ihre chemische Zusammensetzung zu bestimmen und daraus mehr darüber lernen, wie Planeten verschiedener Größe und unterschiedlichen Typs um unsere Sonne und um andere Sterne entstehen." Dies wird aber wohl erst mit dem Nachfolger von Hubble, dem James Webb Space Telescope, in größerem Umfang möglich werden. Über ihre Untersuchungen berichteten die Astronomen in zwei Fachartikeln, die in den Zeitschriften Science und The Astrophysical Journal Letters erschienen sind.
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