Die heiße Atmosphäre von WASP-43b
von Stefan Deiters astronews.com
14. Oktober 2014
Mithilfe des Weltraumteleskops Hubble haben
Astronomen die bislang detaillierteste Karte der Temperatur in der Atmosphäre
eines extrasolaren Planeten erstellt und zudem deren Wassergehalt bestimmt. Das
Wetter auf der fernen Welt dürfte jedoch alles andere als gemütlich sein: Der Gasriese WASP-43b ist seiner Sonne nämlich so nah, dass ein Jahr nur 19 Stunden
dauert.

Der Planet WASP-43b bei einem Umlauf um
seinen Stern. Die Farbe des Planeten in dieser
Grafik zeigt seine Temperatur an.
Bild: NASA, ESA und Z. Levay (STScI)
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Bei WASP-43b handelt es sich um einen sogenannten Transitplaneten. Das
bedeutet, dass der Planet - von der Erde aus betrachtet - regelmäßig vor seinem
Zentralstern vorüberzieht und dabei die Helligkeit der fernen Sonne leicht
reduziert. Diese besondere Konstellation macht es den Astronomen möglich, etwas
mehr über die ferne Welt herauszufinden.
WASP-43b liegt rund 260 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild
Sextant. Der Planet ist ein Gasriese, der etwa die Größe des Jupiter hat,
jedoch dessen doppelte Masse. Anders als der größte Planet in unserem
Sonnensystem, umkreist WASP-43b seinen Zentralstern in einem äußerst geringen
Abstand: Ein Jahr auf der fernen Welt dauert dadurch nur 19 Stunden. Es ist ein
Rekord für einen extrasolaren Planeten dieser Größe.
In gleich zwei Untersuchungen haben Astronomen nun versucht, auf Grundlage
von Hubble-Beobachtungen eine detaillierte Wetterkarte von WASP-43b zu
erstellen. Eine Studie beschäftigte sich dabei mit der Temperatur in
verschiedenen Schichten der Atmosphäre, die andere mit der Menge und der
Verteilung des Wasserdampfs darin.
"Unsere Beobachtungen liefern erstmals eine zweidimensionale Karte über die
thermische Struktur des Planeten", so Kevin Stevenson von der University of
Chicago. "Diese Karten können zur Überprüfung von Modellrechnungen verwendet
werden, die die Zirkulation von Wärme von der heißen Tagseite zur kühleren
Nachtseite des Planeten beschreiben."
Genau wie unser Mond in gebundener Rotation die Erde umläuft und wir daher
nur grob eine Seite des Mondes von der Erde aus zu Gesicht bekommen, ist auch
bei WASP-43b eine Seite des Planeten immer dem Zentralstern des Systems
zugewandt. Auf der Tagseite des Planeten herrschen Temperaturen von über 1.500
Grad Celsius, auf der dunklen Nachtseite ist es hingegen mit nur 500 Grad
Celsius vergleichsweise kühl. Dies dürfte für heftige Winde von der Tagseite zur
Nachtseite des Planeten sorgen.
Für ihre Studien kombinierten die Wissenschaftler erstmals zwei
Verfahren zur Untersuchung der Atmosphären von extrasolaren Planeten: Durch die
spektrale Untersuchung des Lichts des Zentralsterns, das auch die Atmosphäre des
Planeten durchlaufen hat, ermittelten sie den Anteil von Wasser in der
Atmosphäre an der Tag-und-Nacht-Grenze der fernen Welt.
Dank der äußerst präzisen Beobachtungen, die mit Hubble möglich sind, gelang
es den Astronomen zudem mehr als 99,95 Prozent des Lichts vom Zentralstern aus
den Beobachtungen herauszufiltern und so nur das Licht zu untersuchen, das vom
Planeten selbst stammt. Sie konnten so Wassergehalt und Temperatur an
verschiedenen Längengraden bestimmen.
"Wir waren in der Lage, innerhalb von vier Tagen drei komplette Umläufe zu
beobachten - also drei Jahre auf dem fernen Planeten", erklärt Jacob Bean von
der University of Chicago. "Das war entscheidend, um erstmals eine vollständige
Temperaturkarte eines extrasolaren Planeten zu erstellen und herauszufinden,
welche Elemente darin vorhanden sind und wo."
Die Ergebnisse sind für die Astronomen auch deshalb von Bedeutung, weil sie
etwas über die Vorgänge bei der Entstehung von Planeten verraten können. "Da es
bei uns im Sonnensystem keinen Planeten mit solchen extremen Bedingungen gibt,
ist diese bizarre Welt ein ideales Laboratorium, um ein besseres
Verständnis über Planetenentstehung und planetare Physik zu gewinnen", so Nikku
Madhusudhan von der englischen University of Cambridge. "In diesem Fall passen
die Daten gut zu bereits existierenden Modellen über das Verhalten solcher
Planeten."
WASP-43b reflektiert offenbar nur sehr wenig Licht von seinem Zentralstern. Allerdings verfügt
seine Atmosphäre über Wasserdampf. "Der Planet
ist so heiß, dass sämtliches Wasser hier dampfförmig ist und nicht etwa in
Eiswolken vorliegt, wie wir sie auf Jupiter finden", so Laura Kreidberg von der
University of Chicago.
Wie viel Wasser sich in den Gasriesen des Sonnensystems befindet, weiß man
nur relativ ungenau. Hier liegt das Wasser nämlich in Form von Eis vor und
ist tief im Inneren der Atmosphäre des Planeten verborgen, so dass es der
Erfassung durch Sonden nur schwer zugänglich ist. Da bei WASP-43b das Wasser
komplett dampfförmig ist, waren hier die Messungen einfacher. Und die
nachgewiesene Wassermenge entsprach der, die man für ein Objekt mit der
chemischen Zusammensetzung unserer Sonne erwarten würde.
"Dies verrät uns etwas Fundamentales darüber, wie der Planet entstanden ist",
so Kreidberg. "Wir wollen nun versuchen, den Wassergehalt von verschiedenen
Planeten und auch ihre chemische Zusammensetzung zu bestimmen und daraus mehr
darüber lernen, wie Planeten verschiedener Größe und unterschiedlichen Typs um
unsere Sonne und um andere Sterne entstehen." Dies wird aber wohl erst mit
dem Nachfolger von Hubble, dem James Webb Space Telescope, in größerem
Umfang möglich werden.
Über ihre Untersuchungen berichteten die Astronomen in zwei Fachartikeln, die
in den Zeitschriften Science und The Astrophysical Journal Letters
erschienen sind.
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