EXTRASOLARE PLANETEN
Gasriese
verdampft um HD 209458
Redaktion
astronews.com
13. März 2003
Mit Hilfe des Hubble-Weltraumteleskops ist es Astronomen
erstmals gelungen, das Verdampfen der Atmosphäre eines extrasolaren
Planeten zu beobachten. Auf Dauer, so glauben die Forscher, könnte
ein großer Teil dieses Planeten verschwinden und lediglich ein dichter
Kern zurückbleiben. Bei der fernen Welt handelt es sich um einen so
genannten "heißen Jupiter", also einen Gasriesen in sehr naher
Umlaufbahn um seine Sonne.
So stellen sich die Forscher das Szenario um den
die 150 Lichtjahre entfernte Sonne HD 209458 vor. Foto:
ESA, Alfred Vidal-Madjar, NASA |
Der Exoplanet mit der Bezeichnung HD 209458b umkreist seinen gelblichen,
sonnenähnlichen Stern in "nur" sieben Millionen km Entfernung. Zum Vergleich:
Jupiter, der nächste Gasriese in unserem Sonnensystem, ist 780 Millionen km von
unserer Sonne entfernt. Für eine Umrundung seines Sterns benötigt er 3,5 Tage.
Die jüngsten Beobachtungen mit dem gemeinsam von der ESA und der NASA
betriebenen Hubble-Weltraumteleskop zeigen, dass der Planet von einer
heißen, aufgeblähten und in den Weltraum entweichenden Wasserstoffatmosphäre
umgeben ist. Wegen dieser riesigen Wasserstoffhülle gleicht der Planet einem
Kometen, da er einen Schweif hinter sich herzieht. Auch die Erde hat eine
ausgedehnte Atmosphäre, aus der Wasserstoffgas entweicht, aber die Verlustrate
ist deutlich niedriger. Über ihre Entdeckung berichtete das hauptsächlich
europäische Team unter der Leitung von Alfred Vidal-Madjar (Institut für
Astrophysik des CNRS in Paris) in der heute erscheinenden Ausgabe der
Fachzeitschrift Nature. "Uns überraschte, dass sich die
Wasserstoffatmosphäre dieses Planeten über 200.000 Kilometer erstreckt", so
Vidal-Madjar.
Die Erforschung extrasolarer Planeten ist keine einfache Angelegenheit, vor
allem wenn sie ihrem Zentralstern sehr nahe sind, weil in der Regel das
Sternenlicht zu stark blendet. Auch in diesem Fall konnte Hubble den
Planeten wegen seiner zu großen Nähe zu seinem Stern nicht direkt fotografieren.
Die Astronomen konnten HD 209458b jedoch indirekt beobachten, da er jedes Mal,
wenn er vor dem Stern vorbeizieht, das Licht eines kleinen Teils des Sterns
verdeckt. Licht, das um den Planeten herum dessen Atmosphäre durchdringt, wird
gestreut und erhält eine für diese Atmosphäre charakteristische Signatur.
Vergleichbar ist dies mit dem Sonnenlicht, das die Erdatmosphäre bei
Sonnenuntergang in schrägem Winkel durchdringt und dadurch rot erscheint. Mit
Hilfe von Hubbles abbildendem Spektrographen (STIS) konnten die
Astronomen messen, wie viel die Atmosphäre des Planeten aus den Lichtstrahlen
des Sterns herausfiltert. Sie sahen einen überraschenden Abfall in der
Wasserstoffemission des Sterns, wofür das Vorhandensein einer riesigen,
aufgeblähten Atmosphäre die beste Erklärung ist.
Warum aber entweicht die Atmosphäre? Die äußere Atmosphäre des Planeten wird
durch den nahen Stern so stark erhitzt und aufgebläht, dass sie beginnt, sich
der Anziehungskraft des Planeten zu entziehen. Unter dem Einfluss der von dem
Stern ausgehenden sengenden Hitze verdampft der Wasserstoff in der oberen
Atmosphäre des Planeten. "Die Atmosphäre wird erhitzt, so dass der Wasserstoff
sich der Anziehungskraft des Planeten entzieht und unter dem Druck des
Sternenlichts zu einem breiten Schweif hinter dem Planeten aufgefächert wird,
der dem eines Kometen ähnelt", erläutert Alain Lecavelier des Etangs vom Pariser
Institut für Astrophysik. Die Astronomen schätzen, dass mindestens 10 000 Tonnen
Wasserstoff pro Sekunde von HD 209458b entweichen, möglicherweise aber noch viel
mehr. Der Planet könnte daher bereits einen recht großen Teil seiner Masse
verloren haben.
HD 209458b gehört zu einer besonderen Art extrasolarer Planeten, die als
"heiße Jupiter" bekannt sind. Diese Planeten umkreisen ihren Stern in
gefährlicher Nähe. Es handelt sich um gasförmige Riesenplaneten, die sich wohl
in den kalten Randregionen des Sternensystems gebildet und dann spiralförmig zu
ihren nahen Umlaufbahnen hinbewegt haben. Diese neue Entdeckung könnte erklären
helfen, warum heiße Jupiter ihr Zentralgestirn so oft in einem Abstand von
wenigen Millionen Kilometern umlaufen. Sie kommen ihrem Stern selten näher als 7
Millionen Kilometer - die Entfernung im Fall von HD 209458b. Der kürzeste
bekannte Abstand beträgt 5,7 Millionen Kilometer. Heiße Jupiter haben eine
Umlaufzeit von höchstens drei Tagen. Vielleicht ist die Verdampfung der
Atmosphäre eine mögliche Erklärung für die den Umlaufbahnen heißer Jupiter
gesetzte innere Grenze.
HD 209458b hat einen 1,3 mal größeren Durchmesser als Jupiter und ein Drittel
weniger Masse. Seine Umlaufbahn ist acht Mal kleiner als die Bahn des Merkur um
die Sonne. Der Zentralstern ähnelt unserer Sonne und ist 150 Lichtjahre von der
Erde entfernt. Mit dem Fernglas ist er im Sternbild Pegasus als Stern der
siebten Größenklasse erkennbar. Er erlangte 1999 plötzlich astronomische
Berühmtheit, als der extrasolare Planet HD 209458b vor ihm vorbeizog und ihn
teilweise verdeckte. Damals konnte erstmals die Entdeckung eines vorbeiziehenden
extrasolaren Planeten bestätigt werden (astronews.com berichtete). Im Jahr 2001
wurde dann mit dem Hubble-Teleskop im unteren Teil der Gashülle dieses
Planeten das Element Natrium als erster Hinweis auf die Existenz einer
Atmosphäre bei einem extrasolaren Planeten aufgespürt (astronews.com
berichtete).
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