Wasserdampf um fernen Eisriesen
von Stefan Deiters astronews.com
25. September 2014
Durch die Zusammenarbeit der Weltraumteleskope Kepler,
Hubble und Spitzer ist es Astronomen gelungen, erstmals
Wasserdampf in der Atmosphäre eines nur neptungroßen Planeten nachzuweisen. Bei
der Welt in rund 120 Lichtjahren Entfernung handelt es sich um den masseärmsten
Planeten, bei dem dieser Nachweis bislang gelungen ist.
So könnte ein Transit von HAT-P-11b vor
seiner Sonne aussehen.
Bild: NASA / JPL-Caltech [Großansicht] |
Der Planet HAT-P-11b ist ungefähr so groß wie der Eisriese Neptun in unserem
Sonnensystem und umkreist einen Stern im Sternbild Schwan, der rund 120
Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Anders als Neptun umrundet HAT-P-11b
seine Sonne allerdings in einem äußerst geringen Abstand: Für einen Umlauf
benötigt die ferne Welt nur etwa fünf Tage.
Bei HAT-P-11b dürfte es sich also um eine sehr warme Welt handeln. Die
Astronomen vermuten, dass der Planet einen festen Gesteinskern besitzt, einen
Mantel aus flüssigem Material und Eis sowie eine dichte Atmosphäre aus Gas.
Genaueres über die Zusammensetzung solcher fernen Eisriesen wusste man bislang
jedoch nicht.
Für Wissenschaftler ist es nicht einfach, mehr über Planeten in anderen
Sonnensystemen zu erfahren. Die besten Chancen dazu bieten sich, wenn man den
Planeten entweder direkt beobachten kann oder er aber – von der Erde aus
betrachtet – kurz vor seiner Sonne vorüberzieht. Bei HAT-P-11b war letzteres der
Fall, die ferne Welt ist also ein Transitplanet.
Während der Planet vor der Scheibe seiner Sonne vorüberzieht, durchläuft auch
ein Teil des Lichts des Sterns auf dem Weg zur Erde die Atmosphäre des Planeten.
Ein im richtigen Moment aufgenommenes Spektrum kann den Astronomen daher
etwas über die Zusammensetzung der Atmosphäre der fernen Welt verraten. Bislang
war dies jedoch nur bei deutlich größeren Planeten möglich, die einfacher zu
beobachten sind.
Jetzt gelang dies erstmals - dank der Leistungsfähigkeit des
Weltraumteleskops Hubble - auch bei einem kleineren Planeten:
Die Astronomen konnten Wasserdampf in der Atmosphäre von HAT-P-11b nachweisen.
"Wenn Astronomen mit ihren teleskopischen Beobachtungen beginnen, wünschen sie
sich Glück mit den Worten 'Clear Skies' ('klarer Himmel')", meint Jonathan
Fraine von der University of Maryland, einer der beteiligten
Astronomen. "In diesem Fall haben wir einen klaren Himmel auf einem fernen
Planeten gefunden. Das war Glück, denn dadurch konnten Wolken nicht den Blick
auf die Wassermoleküle behindern."
Über das Wetter auf der fernen Welt wussten die Astronomen bei Beginn ihrer
Untersuchung verständlicherweise noch nichts: "Wir haben mit der Beobachtung der
Atmosphäre von HAT-P-11b begonnen, ohne zu wissen, ob es gerade wolkig ist oder
nicht", erläutert Teammitglied Nikku Madhusudhan von der Universität im
englischen Cambridge. "Durch Spektroskopie konnten wir mit Hubble nun
Wasserdampf in der Atmosphäre nachweisen. Das bedeutet, dass keine dicken Wolken
unseren Blick versperrt haben und macht uns zuversichtlich, dass wir in Zukunft
noch mehr kleinere, wolkenlose Planeten beobachten können."
Doch bevor sich die Astronomen sicher sein konnten, dass sie tatsächlich
Wasserdampf auf HAT-P-11b nachgewiesen hatten, musste sie überprüfen, ob die
entdeckte Signatur nicht vielleicht durch Wasserdampf entstanden ist, der sich
in einer kalten Region auf dem Zentralstern des fernen Systems befindet, also in
einem Sternenfleck. Hier
konnte nun Kepler helfen: Das Weltraumteleskop hatte die Himmelsregion
von HAT-P-11b mehrere Jahre lang anvisiert. Durch Kombination dieser Daten mit
Beobachtungen des Infrarot-Weltraumteleskops Spitzer ließ sich
ermitteln, dass die Sternenflecken auf dem Stern so heiß sein müssen, dass es
dort keinen Wasserdampf geben kann. Das Signal des Wasserdampfs musste also aus
der Planetenatmosphäre stammen.
Die Daten der drei Teleskope lassen somit den Schluss zu, dass HAT-P-11b von
Wasserdampf, Wasserstoffgas und bislang noch nicht identifizierten Molekülen
umgeben ist. Damit ist die ferne Welt auch der bislang kleinste Planet, bei dem
Moleküle direkt mithilfe spektroskopischer Untersuchungen nachgewiesen werden
konnte.
Die aktuelle Entdeckung ist für die Astronomen ein wichtiger Schritt zum
Verständnis der Entstehung von ganz unterschiedlichen Planeten um ferne Sonnen.
Die Hoffnung ist, die erprobte Methode nicht nur auf weitere neptungroße
Planeten anwenden zu können, sondern in nicht allzu fernen Zukunft auch auf
kleinere, mehr erdähnliche Gesteinsplaneten. Hier könnten detaillierte Analysen
der atmosphärischen Zusammensetzung eventuell auch Hinweise auf mögliches Leben
auf den fernen Welten liefern.
Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen in der aktuellen Ausgabe des
Wissenschaftsmagazins Nature.
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