Ein Quasar wird geboren
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam astronews.com
28. September 2012
Wie beeinflussen sich zentrale Schwarze Löcher und ihre
Wirtsgalaxien? Diese Frage beschäftigt Astronomen schon seit vielen Jahren.
Wissenschaftler konnten diese Wechselwirkungen jetzt erstmals im entscheidenden
Moment, nämlich während der Zündung eines Quasars, verfolgen und so zeigen, dass
die Sternentstehungsrate davor wesentlich höher ist als danach.
So stellt sich ein Künstler einen der
untersuchten Quasare vor.
Bild: ESO/M. Kornmesser |
"Wir haben es geschafft, die Wechselwirkung zwischen dem Schwarzen
Loch im Zentrum und der Muttergalaxie im entscheidenden Augenblick - der Geburt
eines Quasars - zu beobachten," fasst Tanya Urrutia, Wissenschaftlerin am
Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam, das Besondere an den jetzt
vorgestellten Beobachtungen zusammen. "Quasare spielen eine entscheidende Rolle
in der Galaxienentwicklung und bestimmen die Eigenschaften der massereichen
Galaxien in unserem lokalen Universum."
Im Rahmen ihrer Studie untersuchten die Forscher insgesamt 13 leuchtkräftige,
aber durch Staub verborgene Quasare in einer Entfernung von etwa sechs
Milliarden Lichtjahren, also zu einer Zeit, in der das Universum rund halb so
alt war wie heute.
Besonders bei Kollisionen von Galaxien, werden den zentralen Schwarzen
Löchern große Menge an Material zugeführt. Das Schwarze Loch wird dadurch aktiv
und ein Quasar entsteht. Bevor das Material nämlich im Schwarzen Loch
verschwindet, heizt es sich auf extreme Temperaturen auf und gibt eine intensive
Strahlung ab, wodurch das Zentrum der Galaxie extrem hell erscheint. Diese
Strahlung wiederum kann die Sternentstehung, die auch durch die Kollision
angeregt wurde, wieder unterdrücken.
Die jetzt in einem Fachartikel in der Zeitschrift The Astrophysical
Journal vorgestellte Arbeit zeigt, wie die Energie aus der Umgebung des
Schwarzen Lochs die Sternentstehungsrate in der Muttergalaxie beeinflusst und
dass diese nach der "Zündung" eines Quasars deutlich abnimmt. Die höchste
Sternentstehungsrate lässt sich in einer Galaxie also offenbar stets vor dem
Wachstum des Schwarzen Lochs beobachten. "Der Anfang der Sternentstehung geht
der Zündung des Quasars voran," so Urrutia.
Bisherige Versuche, Quasare in der entscheidenden Phase ihrer Geburt zu
beobachten scheiterten oft daran, dass das Licht der Quasare durch erhebliche
Vorkommen von Staub, wie er bei Kollisionen von Galaxien entsteht, verdunkelt
und gerötet wurde. Staub wiederum absorbiert das ultraviolette sowie optische
Licht und strahlt dieses in infraroten Wellenlängen zurück. Erst aufwendig
durchgeführte Beobachtungskampagnen mit dem Keck-Teleskop auf Hawaii
ermöglichten den Wissenschaftlern junge Quasare in einer statistisch relevanten
Anzahl zu beobachten.
Die Astronomen untersuchten auch wie gefräßig Schwarze Löcher sind, also mit
welcher Rate Material in das Schwarze Loch fällt. Mit dem
Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer sahen die Forscher, dass je röter ein
Quasar ist, er umso mehr Materie aufsaugt. Hubble-Beobachtungen
ergaben, dass die untersuchten staubigen Quasare sich in Galaxien mit einem sehr
unregelmäßigen Erscheinungsbild befinden, sie also tatsächlich wohl gerade eine
Kollision hinter sich hatten und der Quasar durch diese aktiviert wurde.
Man vermutet schon länger, dass das Wachstum der zentralen Schwarzen Löcher
und der sie umgebenden Galaxien zusammenhängt: So hat man beispielsweise
entdeckt, dass es offenbar eine Beziehung zwischen der Masse des zentralen
Schwarzen Lochs und der Leuchtkraft der Muttergalaxie gibt. Bei den jungen
Quasare der Studien erwiesen sich die Schwarzen Löcher allerdings als etwas
weniger massereich als vermutet. Offenbar haben sich die Schwarzen Löcher im
Verhältnis zu den anderen Prozessen in ihren Muttergalaxien, welche durch die
Galaxienkollision in Gang gesetzt wurden, langsamer entwickelt.
Obwohl Quasare extreme Energien freisetzen und sie über Milliarden von
Lichtjahren zu sehen sind, handelt es sich im Grunde genommen um sehr kleine
Objekte - zumindest im Vergleich zu der Galaxie, in deren Zentrum sie sich
befinden. Die Strahlungsregion hat etwa die Größe unseres Sonnensystems während
die Galaxie ein Ausmaß von zehntausenden von Lichtjahren haben kann. "Es ist
erstaunlich, dass etwas, das auf einer sehr kleinen Skala passiert die große
Muttergalaxie so sehr beeinflussen kann", so Urrutia. "Es ist, als ob jemand,
der mit einem Stock am Strand spielt, das Verhalten aller Weltozeane
beeinflussen und bestimmen würde."
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