Dunkle Materie nicht für Wachstum verantwortlich
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik astronews.com
24. Januar 2011
Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Wachstum von supermassereichen
Schwarzen Löchern und der Dunkler Materie einer Galaxie. Das ist das Ergebnis
einer jetzt veröffentlichten Untersuchung von Astronomen aus Deutschland und den
USA. Die Masse eines Schwarzen Lochs, so die Schlussfolgerung der
Wissenschaftler, wird von der Entstehung des galaktischen Bulges bestimmt.
Die
Sombrero-Galaxie (M104, NGC 4594) ist ein
Beispiel für eine Galaxie, die von einem Bulge
dominiert wird. Sie enthält ein Schwarzes Loch
mit etwa 1000 Millionen Sonnenmassen.
Bild: NASA und das Hubble Heritage Team (STScI/AURA)
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Massereiche Schwarze Löcher gibt es im Zentrum fast aller Galaxien,
wobei die größten Galaxien - die auch von den größten Halos aus Dunkler
Materie umgeben sind - die massereichsten Schwarzen Löcher beherbergen.
Dies führte zu der Vermutung, dass es eine direkte Verbindung zwischen
Dunkler Materie und Schwarzen Löchern geben und dass somit die Physik
exotischer Materie das Wachstum eines Schwarzen Lochs bestimmen könnte.
Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik,
der Universitätssternwarte München und der University of Texas
in Austin haben nun eine umfangreiche Studie an Galaxien durchgeführt um
den Beweis zu erbringen, dass die Masse eines Schwarzen Lochs nicht
direkt mit der Masse des Halos aus Dunkler Materie zusammenhängt. Die
Masse des Schwarzen Lochs wird vielmehr durch die Entstehung des
galaktischen Bulges bestimmt. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die
Wissenschaftler in der vergangenen Woche in der Fachzeitschrift
Nature.
Galaxien wie unsere Milchstraße bestehen aus Milliarden Sternen sowie
gewaltigen Mengen an Gas und Staub. Diese Komponenten können bei
unterschiedlichen Wellenlängen beobachtet werden, vom Radio- und
Infrarotbereich für kühlere Gebiete bis hin zu optischen und
Röntgenwellenlängen für Teile, die auf hohe Temperaturen aufgeheizt
wurden.
Es gibt aber noch zwei weitere wichtige Komponenten, die keinerlei Licht
aussenden und sich nur durch ihre gravitative Wirkung bemerkbar machen.
Alle Galaxien sind in einen Halo aus "Dunkler Materie" eingebettet, der
weit über die sichtbaren Ränder der Galaxie hinausreicht und den größten
Teil ihrer Masse beiträgt. Auch wenn dieser Halo nicht direkt beobachtet
werden kann, so kann er doch aufgrund seiner Wirkung auf die Bewegung
der Sterne, Gas und Staub vermessen werden. Die Beschaffenheit der
Dunklen Materie ist bislang unbekannt, allerdings glauben die
Wissenschaftler, dass sie aus exotischen Teilchen bestehen, die sich
grundlegend von der normalen (baryonischen) Materie unterscheiden, aus
der wir, die Erde, die Sonne und Sterne gemacht sind.
Der zweite unsichtbare Bestandteil einer Galaxie ist das extrem
massereiche Schwarze Loch in ihrer Mitte. Im Zentrum unserer Milchstraße
befindet sich ein Schwarzes Loch, das etwa vier Millionen mal schwerer
ist als die Sonne. Derartige Schwerkraftmonster konnten in allen
leuchtkräftigen Galaxien mit zentralen Bulges, also mit einem deutlichen
Konzentration von Sternen im Zentrum, nachgewiesen werden, bei denen
eine direkte Suche möglich war; die Astronomen nehmen an, dass die
meisten oder sogar alle Galaxien mit einem Bulge ein Schwarzes Loch in
ihrem Zentrum beherbergen.
Auch diese Komponente der Galaxie kann aber nicht direkt beobachtet
werden; die Masse des Schwarzen Lochs ergibt sich aus der Bewegung der
Sterne in seiner Umgebung. Seit 2002 gibt es Spekulationen, dass ein
enger Zusammenhang zwischen der Masse des Schwarzen Lochs und der
äußeren Rotationsgeschwindigkeit in galaktischen Scheiben bestehen
könnte, die vom Dunklen Materiehalo bestimmt wird. Dies würde bedeuten,
dass die unbekannte Physik der exotischen Dunklen Materie auf irgendeine
Weise das Wachstum des Schwarzen Lochs bestimmen würde.
Andererseits wurde schon einige Jahre zuvor gezeigt, dass die Masse des
Schwarzen Lochs gut mit der Masse des Bulges oder der Leuchtkraft
korreliert. Da größere Galaxien im Allgemeinen auch größere Bulges
besitzen, war nicht klar, welche dieser Korrelationen nun tatsächlich
das Wachstum der Schwarzen Löcher bestimmt. Um diese Frage zu
beantworten, untersuchten John Kormendy und Ralf Bender Galaxien, die in
massereichen Halos aus Dunkler Materie eingebettet sind und damit hohe
Rotationsgeschwindigkeiten aufweisen, die aber nur kleine oder gar keine
Bulges haben.
Dabei fanden sie heraus, dass Galaxien ohne Bulge - selbst wenn sie von
massereichen Dunklen Materiehalos umgeben waren - im besten Fall
Schwarze Löcher sehr kleiner Masse enthielten. Die Forscher konnten
damit zeigen, dass das Wachstum der Schwarzen Löcher hauptsächlich mit
der Entstehung eines Bulges und nicht mit der Dunklen Materie
zusammenhängen. "Man kann sich nur schwer vorstellen, wie eine über
große Entfernungen dünn verteilte Dunkle Materie das Wachstum eines
Schwarzen Lochs in einem winzigen Raum tief im Innern einer Galaxie
beeinflussen könnte", sagt Ralf Bender vom Max-Planck-Institut für
extraterrestrische Physik und der Universitätssternwarte München.
John Kormendy von der University of Texas ergänzt: "Es ist
weitaus plausibler, dass die Schwarzen Löcher durch Gas aus ihrer
Umgebung wachsen, insbesondere während der Entstehungsphase der
Galaxien." Im allgemein anerkannten Bild der Strukturbildung im
Universum werden die Scheiben von Galaxien durch häufige Verschmelzungen
mit anderen Galaxien durcheinander gewirbelt, wodurch Gas ins Zentrum
fallen kann. Dies löst zum einen eine erhöhte Sternentstehungsaktivität
aus und führt dem Schwarzen Loch zum anderen Material zu. Kormendys und
Benders Beobachtungen deuten darauf hin, dass dies in der Tat der
dominierende Prozess ist, der zur Entstehung und zum Wachstum Schwarzer
Löcher führt.
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