Zwei Planeten um zwei Sonnen
von Stefan Deiters astronews.com
29. August 2012
Astronomen haben mithilfe des Weltraumteleskops Kepler
in rund 4.900 Lichtjahren Entfernung ein Planetensystem entdeckt, bei dem zwei
Planeten um ein Doppelsternsystem kreisen. Einer der Planeten, ein Gasriese von
etwa Neptungröße, befindet sich sogar in der habitablen Zone des Systems.
Um das enge
Doppelsternsystem Kepler-47 kreisen zwei
Planeten.
Bild: NASA/JPL-Caltech/T. Pyle |
Viele Sterne der Milchstraße sind keine Einzelsterne wie die Sonne, sondern
Teil eines Doppel- oder sogar eines Mehrfachsystems. Lange Zeit glaubten
Astronomen, dass die Turbulenzen rund um diese Systeme es Planeten sehr schwer
machen würden, sich überhaupt zu bilden oder aber längere Zeit zu existieren.
Doch dann wurden immer wieder Planeten in Doppelsternsystemen entdeckt -
Planeten, die beispielsweise nur um einen der Partner kreisen oder sogar um
beide. Im Falle von Kepler-47 konnte die Wissenschaftler nun zwei ferne Welten
nachweisen, die um ein enges Doppelsternsystem ihre Runden ziehen.
Das System Kepler-47 ist 4.900 Lichtjahre von der Erde entfernt und befindet
sich im Sternbild Schwan. Von der Erde aus gesehen bedecken sich die beiden
Sterne des Systems alle 7,5 Tage. Einer der Sterne ist etwa ähnlich groß wie die
Sonne, hat jedoch nur 84 Prozent ihrer Helligkeit. Der zweite Stern hat nur ein
Drittel der Größe der Sonne und weniger als ein Hundertstel ihrer Leuchtkraft.
"Im Gegensatz zu einem einzelnen Planeten, der um einen einzelnen Stern
kreist, müssen einem Planeten um ein Doppelsternsystem Transits eines
'beweglichen Ziels' gelingen", erläutert Jerome Orosz von der San Diego
State University die Schwierigkeiten bei der Entdeckung des Systems. Orosz
ist auch Erstautor eines Fachartikels über den Fund, der morgen in der
Zeitschrift Science erscheint. "Die Intervalle waren dann der
entscheidende Hinweis darauf, dass diese Planeten das Doppelsternsystem
umkreisen."
Das Weltraumteleskop Kepler sucht nach fernen Planeten, indem es
ständig mehr als 150.000 Sterne anvisiert und nach geringfügigen
Helligkeitsschwankungen fahndet, die sich durch einen Planeten erklären lassen
würden, der - von der Erde aus betrachtet - vor dem entfernten Stern
vorüberzieht. Wurde bei einem Stern ein charakteristischer Helligkeitsabfall
beobachtet, versuchen die Astronomen dann durch zusätzliche Beobachtungen des
Systems den Fund zu bestätigen, was einige Zeit in Anspruch nehmen kann. So gibt
es noch Hunderte von Planetenkandidaten, die das Kepler-Team erst noch
durch Nachuntersuchungen verifizieren muss.
Der innere der beiden neuentdeckten Planeten, Kepler-47b, umkreist das
Sternenpaar in weniger als 50 Tagen. Es dürfte sich bei diesem Planeten um eine
äußerst heiße Welt handeln. Kepler-47b hat etwa den dreifachen Erdradius. Bei
dem äußeren Planeten, Kepler-47c, handelt es sich um einen Gasriesen, der etwas
größer als der Neptun ist. Er umkreist seine Sonnen alle 303 Tage und dürfte
damit in der habitablen Zone des Systems liegen, also in jenem Bereich, in dem
Wasser in seiner flüssigen Form vorkommen könnte.
"Im Gegensatz zu unserer Sonne sind viele Sterne Teil eines Mehrfachsystems,
in dem zwei oder mehr Sterne sich gegenseitig umrunden", erläutert William
Borucki, der verantwortliche Wissenschaftler der Kepler-Mission am
Ames Research Center der NASA die Bedeutung der Entdeckung. "Die Frage war
immer, ob es in solchen Systemen Planeten oder sogar Planetensysteme gibt. Die
Kepler-Entdeckung zeigt jetzt, dass das der Fall ist. Bei unserer Suche
nach bewohnbaren Planeten, haben wir jetzt noch mehr Möglichkeiten für die
Existenz von potentiellem Leben gefunden."
"Dass es um das Doppelsternsystem Kepler-47 ein richtiges Planetensystem
gibt, ist eine faszinierende Entdeckung", meint auch Greg Laughlin von der
University of California in Santa Cruz. "Solche Planeten dürften sich nach
den allgemein akzeptierten Modellen nur sehr schwer bilden können. Ich glaube,
dass Theoretiker, mich eingeschlossen, nun überlegen werden, wie wir unsere
Vorstellungen anpassen müssen, um besser zu verstehen, wie Planeten in
Staubscheiben um Doppelsterne entstehen können."
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