Erklärung für retrograde heiße Jupiter
von
Rainer Kayser
12.
Mai 2011
Unter den mehr als 500 Planeten um ferne Sonnen, die
Astronomen seit 1995 aufgespürt haben, finden sich zahlreiche Welten mit
überraschenden Eigenschaften. So entdeckte man Gasriesen auf engen Umlaufbahnen,
die ihre Sonnen entgegen der Drehrichtung des Sterns umkreisen. Amerikanische
Forscher könnten nun eine Erklärung für das Phänomen gefunden haben.
Ein zweiter großer Planet (als kleiner Punkt
oben links zu sehen) könnte für den retrograden
Orbit des Gasriesen um seine Sonne verantwortlich
sein.
Bild: Lynette Cook / Eurekalert
/ Northwestern University |
Die Anziehungskraft eines zweiten großen Planeten kann einen jupiterähnlichen Gasriesen nicht nur nahe an den Stern wandern lassen, sondern sogar die Richtung seiner Umlaufbahn umkehren. Das zeigen Computersimulationen, die amerikanische Forscher im Fachblatt
Nature
präsentieren. Bislang waren Umlaufbahnen gegen den allgemeinen Drehsinn eines Planetensystems für die Astronomen ein unerklärliches Phänomen.
Seit 1995 haben die Himmelsforscher über 500 Planeten bei anderen Sternen aufgespürt. Viele davon sind so genannte heiße Jupiter, große Gasplaneten auf extrem engen Umlaufbahnen. Etwa ein Viertel dieser heißen Jupiter kreist verkehrt herum, also gegen die Drehrichtung des Sterns.
"Und das ist verrückt, insbesondere für einen Planeten so nahe an einem Stern", erklärt Frederic Rasio von der
Northwestern University in Evanston, USA. Denn da ein Stern und seine Planeten aus einer rotierenden Gaswolke entstehen, sollten alle Himmelskörper in einem System die gleiche Rotationsrichtung - die der ursprünglichen Gaswolke - zeigen. Gegenläufige Umlaufbahnen
"verletzen offensichtlich unser grundlegendes Verständnis der Planetenentstehung", so Rasio weiter.
Rasio und sein Team haben nun mithilfe von Computersimulationen untersucht, wie sich die Anziehungskraft eines weiteren großen Planeten auf die Bahn eines jupiterähnlichen Himmelskörpers auswirkt. Wie die Forscher berichten, führen sich aufsummierende Störungen zunächst dazu, dass die Bahn des Gasplaneten zu einer langgestreckten Ellipse deformiert wird, die ihn nahe an den Stern heranführt. Gezeitenkräfte des Sterns bei den nahen Vorübergängen zwingen den Planeten dann im nächsten Schritt auf eine enge Umlaufbahn - er ist zu einem heißen Jupiter geworden.
Soweit war der Ablauf bereits von früheren Simulationen her bekannt. Neu an der Arbeit von Rasio und seinem Team ist, dass sie einen sehr effektiven Austausch der Drehmomente zwischen den beiden beteiligten Planeten zeigt. Dadurch kann die Umlaufbahn des heißen Jupiters kippen bis er schließlich gegenläufig um seinen Stern kreist. Damit haben die Forscher nun jedoch ein anderes Problem:
"Wir haben früher gedacht, unser Sonnensystem sei typisch für Planetensysteme", so Rasio.
"Jetzt müssen wir erkennen, dass wir die Ausnahme sind." Nun gilt es also herauszufinden, warum unser Sonnensystem zu etwas Besonderem geworden ist.
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