ESA-Umweltsatellit antwortet nicht mehr
von Stefan Deiters astronews.com
13. April 2012
Erst kürzlich feierte man bei der europäischen
Weltraumagentur ESA das zehnjährige Jubiläum des Umweltsatelliten Envisat.
Jetzt scheint es ein ernstes Problem mit der Mission zu geben, die bislang
zuverlässig Daten über den Zustand unseres Planeten zur Erde gefunkt hat. Seit
vergangenen Sonntag hat man keinen Kontakt mehr zu Envisat.
Meldet sich nicht mehr: der europäische Umweltsatellit Envisat.
Bild: ESA |
Erste Anzeichen für ein ernstes Problem gab es bereits am 8. April
2012, als der Kontakt zu dem Satelliten unerwartet abbrach und bei einem
Überflug nicht wie geplant Daten zur Bodenstation im schwedischen Kiruna
übermittelt werden konnten. Seitdem bemüht sich die europäische Weltraumagentur
ESA wieder Kontakt zu dem Umweltsatelliten zu bekommen, der am 28. Februar 2002
gestartet wurde (astronews.com berichtete). Erst vor wenigen Wochen feierte man
bei der ESA das zehnjährige Jubiläum von Envisat im All. Dieser sollte,
so die Hoffnung damals, noch mindestens so lange Daten liefern, bis
entsprechende europäische Nachfolgemissionen gestartet sind. Ursprünglich war
Envisat nur für eine fünfjährige Missionsdauer ausgelegt.
Nach Auftreten der ersten Unregelmäßigkeiten bei Envisat erklärte
das Missionskontrollteam der ESA den Satelliten sofort zu einem Notfall und
forderte weitere Unterstützung von Bodenstationen rund um den Globus an, um den
Kontakt zu Envisat wieder herzustellen. In den vergangenen Tagen waren
diese Bemühungen allerdings erfolglos. Man weiß bislang nur, dass sich
Envisat noch auf einer stabilen Umlaufbahn um die Erde befindet. Inzwischen
versucht eine Arbeitsgruppe den Grund für den Abbruch der Kommunikation zu
ermitteln.
Envisat ist der bislang komplexeste Erdbeobachtungssatellit. Die
Daten des Satelliten lieferten den Wissenschaftlern wichtige Informationen über
die Entwicklung des Klimas auf der Erde. Durch Kombination mit Daten früherer
Missionen lässt sich die Veränderung des Erdklimas bis ins Jahr 1991
zurückverfolgen. Damit keine größeren Lücken bei diesen Beobachtungen entstehen,
hatten die beteiligten Wissenschaftlerteams gehofft, dass Envisat noch
mindestens so lange funktioniert, bis mit den Sentinel-Satelliten eine
Nachfolgemission gestartet ist.
"Die Unterbrechung der Envisat-Dienste zeigt, dass der Start der
GMES Sentinel-Satelliten, die Envisat ersetzen sollen, nunmehr
dringend erforderlich ist", meint Volker Liebig, der ESA-Direktor für
Erdbeobachtungsprogramme. GMES steht für "Global Monitoring for Environment und
Security" und ist ein gemeinsames Programm der Europäischen Union, der ESA und
der europäischen Umweltagentur. Sentinel wird aus mehreren Missionen
bestehen, die jeweils bestimmte Erdbeobachtungsaufgaben übernehmen sollen. Für
Sentinel-1 bis Sentinel-3 werden eigenen Satelliten
entwickelt, Sentinel-4 und Sentinel-5 werden auf europäischen
Wettersatelliten mitfliegen.
Für Sentinel-1 bis Sentinel-3 sollen jeweils zwei
Satelliten gestartet werden, der erste Start ist für das kommende Jahr geplant.
Sollten die Problem mit Envisat nicht behoben werden können, besteht
nach ESA-Angaben eine Vereinbarung mit der Canadian Space Agency zur
Übernahme von Daten der kanadischen Radarsat-Mission, um zumindest noch
bestimmte Dienste anbieten zu können, die bislang auf Envisat-Daten
basierten.
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