Umweltsatellit fünf Jahre im All
Redaktion / DLR
astronews.com
2. März 2007
Vor fünf Jahren, in der Nacht zum 1. März 2002, startete der
größte Umweltsatellit der Welt mit einer Ariane 5 vom Weltraumbahnhof
Kourou in Französisch Guayana. Seither umkreist Envisat (Enviromental
Satellite) 14 Mal am Tag die Erde in einer Höhe von rund 800 Kilometern und
sammelt dabei Daten über den Zustand von Ozeanen, Landmassen, Gletschern und der
Atmosphäre. Zwei Instrumente an Bord kommen aus Deutschland.
Der europäische Umweltsatellit Envisat sammelt seit fünf Jahren
Daten über den Zustand des Systems Erde. Bild: ESA |
In seinen ersten fünf Jahren hat der von der Europäischen
Weltraumorganisation ESA betriebene Umweltsatellit Envisat rund 500
Terabyte an Daten gesammelt. Diese Datenmenge entspricht in etwa einem Turm aus
DVDs in der Höhe des Kölner Doms. Die Daten werden zu über 50 verschiedenen
Informations-Produkten verarbeitet. Messungen der drei atmosphärischen Sensoren
sowie des Radar-Instruments werden dabei unter anderem im Deutschen
Fernerkundungsdatenzentrum (DFD) des DLR in Oberpfaffenhofen ausgewertet.
Mehrere Tausend Forscher weltweit befassen sich mit den Daten des
Umweltsatelliten. Bislang gab es zu ENVISAT über 1300 Forschungsvorhaben.
Von den zehn wissenschaftlichen Instrumenten an Bord stammen zwei aus
Deutschland: das Interferometer MIPAS (Michelson Interferometer for passive
Atmospheric Spounding) und der Atmosphärensensor SCIAMACHY (Scanning
Imaging Spectrometer for Atmospheric Chartography), der vom Deutschen
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in deutsch-niederländischer Kooperation
beigesteuert wurde.
SCIAMACHY vergleicht direktes Sonnenlicht mit dem durch die
Atmosphäre geschwächten Sonnenlicht. Die in der Luft enthaltenen Gase
hinterlassen im Spektrum charakteristische "Fingerabdrücke". Das erlaubt den
Forschern, genaue Rückschlüsse auf die Konzentration von Luftschadstoffen zu
ziehen. Neben Stickstoffdioxid konnten mit SCIAMACHY über ein Dutzend weiterer
Spurengase der Erdatmosphäre global vermessen werden. Dies ermöglichte es
deutschen Wissenschaftlern, die ersten weltweiten Karten der Treibhausgase
Kohlendioxid und Methan zu erstellen.
Ein deutsch-amerikanisches Wissenschaftsteam konnte kürzlich anhand von
SCIAMACHY-Daten in einigen Bereichen der USA einen Rückgang des Luftschadstoffs
Stickstoffdioxid um bis zu 35 Prozent im Vergleich zu 1999 nachweisen.
Stickstoffdioxid reizt die Atemwege, verursacht Sommersmog und Sauren Regen.
Hauptquelle sind Verbrennungsvorgänge, zum Beispiel in der Industrie und in
Motoren. Grund für die Abnahme der Stickstoffdioxid-Konzentration sind neu
installierte Abgas-Kontrollsysteme bei drei großen Kraftwerken. Die Untersuchung
der Wissenschaftler zeigt, wie erfolgreich Maßnahmen zur Reinigung von
Kraftwerk-Abgasen sein können. In Gebieten der USA, in denen die Luft vor allem
durch den Straßenverkehr mit Stickoxiden belastet wird, konnten die Forscher
hingegen keine Verbesserungen feststellen.
Für eine weitere Überraschung sorgten Daten von SCIAMACHY, die eine
ungewöhnlich hohe Konzentration von Methan über den tropischen Regenwäldern
zeigten. Alle gängigen Modellrechnungen hatten wesentlich niedrigere Werte
vorausgesagt. Methan ist zusammen mit Kohlendioxid eines der wichtigsten
Treibhausgase. Bisher waren Wissenschaftler davon ausgegangen, dass sich die
Regenwälder rein positiv auf den Anteil der Treibhausgase auswirken, da sie
Kohlendioxid speichern. Ursache für die hohe Methankonzentration konnte nur ein
bis dahin unbekannter biologischer Vorgang sein, bei dem das Gas durch
Regenwaldpflanzen produziert wurde. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für
Kernphysik in Heidelberg entdeckten den unbekannten Prozess bei Labormessungen.
Im Programm "Lebender Planet" der ESA sind bereits sechs weitere
Wissenschaftssatelliten in Arbeit. Einige Instrumenten-Konzepte von Envisat
sollen auch im Rahmen des GMES-Programms (Global Monitoring for Environment
and Security) realisiert werden. GMES ist eine gemeinsame Initiative der
Europäischen Kommission und der Europäischen Weltraumorganisation ESA für
Globale Umwelt- und Sicherheitsüberwachung.
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