Russland gibt Sonde nicht verloren
von Stefan Deiters astronews.com
15. November 2011 (Update 24. November 2011)
Nach dem erfolgreichen Start eines Sojus-Raumschiffs
zur ISS hat sich der Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos auf
einer Pressekonferenz auch zur Mission Phobos-Grunt geäußert. Die Sonde
wird nach seinen Angaben bis mindestens Januar 2012 im Orbit bleiben, das
Startfenster zum Mars sich allerdings schon Anfang Dezember schließen. Kontakt
zu Phobos-Grunt gibt es noch immer nicht.

Die Sonde Phobos-Grunt.
Bild: Roskosmos / DLR |
Die Informationspolitik der russischen Raumfahrtbehörde
Roskosmos war bislang alles andere als vorbildlich. Die Webseite
RussianSpaceWeb spricht folgerichtig von einem "Public relation desaster":
Journalisten hätten bei der Kontaktaufnahme mit Roskosmos ähnliche
Probleme wie Roskosmos bei der Kontaktaufnahme mit Phobos-Grunt.
Frei zugängliche Informationen, etwa auf der Webseite der Behörde, gab es nicht,
russische Nachrichtenagenturen verbreiteten teilweise Gerüchte, die aus
Diskussionsforen im Internet stammten.
Nach dem erfolgreichen Start eines Sojus-Raumschiffs am Montagmorgen
(astronews.com berichtete) stellte sich nun Roskosmos-Chef Vladimir
Popovkin der Presse. Die meisten Fragen betrafen dabei natürlich
Phobos-Grunt und nicht das gerade gestartete Sojus-Raumschiff.
Nach Angaben von Popovkin würde Phobos-Grunt noch bis Januar in einer
Erdumlaufbahn bleiben, allerdings bestünde nur noch bis Anfang Dezember die
Möglichkeit, mit dem vorhandenen Treibstoff auch tatsächlich den Mars zu
erreichen. Damit widersprach er Medienberichten, nach denen bereits Ende
November mit einem Absturz der Sonde zu rechnen ist und sich das Startfenster
zum Mars bereits am 20. November schließt.
Noch immer gäbe es, so der Roskosmos-Chef, eine Chance, die Mission
zu retten. Bislang sei es aber nicht gelungen, Telemetrie-Daten der Sonde
aufzufangen, um herauszufinden, was genau eigentlich schief gelaufen ist.
Hauptproblem dabei ist, dass die zur Kommunikation verwendeten Antennen sich nur
sehr langsam nachführen lassen, die Sonde sich aber wegen des niedrigen Orbits
sehr schnell am Himmel bewegt. Mehr als sieben Minuten stehen daher während
einer Kontaktmöglichkeit nicht zur Verfügung.
"Alle Systeme des Raumschiffs arbeiten normal", zeigte sich Popovkin aber
dennoch überzeugt. "Die Sonde richtet sich immer zur Sonne aus. Es ist also noch
nicht vorbei." Durch die Ausrichtung von Phobos-Grunt zur Sonne ist
sichergestellt, dass ausreichend Strom für die Bordsysteme zur Verfügung steht.
Es soll nun weiterhin versucht werden, neue Software zur Sonde hochzuladen. Bis
Anfang Dezember, so der Roskosmos-Chef, würde man die Mission nicht
aufgeben.
Popovkin widersprach auch Berichten, nach denen Designfehler für die Probleme
von Phobos-Grunt verantwortlich sein sollen. Auch sieht er keine Gefahr
für Menschen auf der Erde, falls es 2012 tatsächlich zu einem Absturz der Sonde
kommen sollte: Es gäbe keinen Zweifel daran, dass die Sonde bei einem
Wiedereintritt explodiert, sobald sie die dichteren Schichten der Atmosphäre
erreicht.
Update (24. November 2011): Der ESA ist es gelungen, für
einige Minuten Kontakt mit Phobos-Grunt aufzunehmen. Offenbar wurden
dabei auch Telemetrie-Daten der Sonde empfangen. Es ist das erste Mal, dass das
Team überhaupt etwas von Phobos-Grunt gehört hat. Was dies für eine
Rettung bedeutet, ist bislang noch unklar. Die russischen Ingenieure werten die
Daten aus.
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