Russische Marssonde noch immer im Erdorbit
von Stefan Deiters astronews.com
9. November 2011
Zunächst sah alles perfekt aus: Ohne besondere Vorkommnisse
hob gestern Abend die russische Trägerrakete vom Typ Zenit 2FG vom Weltraumbahnhof Baikonur
ab. An Bord befand sich die Sonde Phobos-Grunt, die inzwischen
eigentlich auf dem Weg zum Mars sein sollte. Doch nach dem Bilderbuchstart lief
offenbar nichts mehr nach Plan: Phobos-Grunt befindet sich noch immer
im Erdorbit.

Der Start von Phobos-Grunt
gestern Abend.
Foto: Roskosmos / DLR |
Es sah nach einem Bilderbuchstart aus: Gestern um 21.16 Uhr MEZ
hob die russische Marsmission Phobos-Grunt an Bord einer Trägerrakete
vom Typ Zenit 2FG von Baikonur
aus ab. Rund elf Minuten später trennte sich die Trägerrakete wie vorgesehen von
Phobos-Grunt und einer Raketenstufe, die die Sonde weiter Richtung Mars
beschleunigen sollte. Dieses Manöver war rund drei Stunden nach dem Start
geplant und sollte über Südamerika ausgeführt werden und damit außerhalb der
Sichtweite der russischen Bodenstationen.
Doch offenbar klappte diese Zündung nicht wie vorgesehen: Das russische
Kontrollteam konnte Phobos-Grunt anschließend nämlich nicht auf dem
Orbit entdecken, auf dem sich die Sonde eigentlich hätte befinden müssen. "Wir
hatten eine harte Nacht und konnten die Sonde für lange Zeit nicht orten", sagte
der Chef der russischen Weltraumbehörde Vladimir Popovkin nach Angaben der
Webseite Spaceflight Now der Nachrichtenagentur Novosti. "Wir
haben nun ihre Position. Es hat sich herausgestellt, dass das Antriebssystem
versagt hat. Weder die erste Zündung, noch die zweite Zündung hat
stattgefunden." Mit der ersten Zündung hätte Phobos-Grunt auf einen
weiten elliptischen Orbit um die Erde gebracht werden sollen, mit der zweiten
dann auf den Weg zum Mars. Phobos-Grunt müsste sich somit noch in dem
ursprünglichen niedrigen Erdorbit befinden, auf dem die Sonde in einer Höhe
zwischen 207 und 347 Kilometern um die Erde kreist.
Über die Ursachen gibt es bislang nur wage Vermutungen: Es könnte sich um ein
Problem mit der Hardware oder der Software handeln. Im Falle eines
Softwarefehlers seien die Aussichten auf eine Rettung von Phobos-Grunt
vergleichsweise gut. Ein Hardwareversagen dürfte hingegen ein Scheitern der
Mission sehr wahrscheinlich machen. Für die russischen Weltraumbehörde wäre dies
ein schwerer Schlag: Schon die letzte russische Mission zum Mars schaffte es
1996 nicht über den Erdorbit hinaus.
Nach Angaben von Popovkin stehen den Ingenieuren etwa drei Tage zur
Verfügung, um mit einem überarbeiteten Flugplan und einer Zündung der Triebwerke
den Mars doch noch zu erreichen. Genug Treibstoff würde sich schließlich noch an
Bord der Sonde befinden, so dass sich Phobos-Grunt noch immer auf den
richtigen Kurs bringen lassen würde. Die Mission sei daher, so Popovkin, noch
nicht gescheitert.
Das Antriebssystem von Phobos-Grunt basiert auf einer Fregat-Oberstufe,
mit der schon öfter Satelliten von einem Parkorbit auf eine höhere Umlaufbahn
gebracht worden sind. Sie wird allerdings bei Phobos-Grunt erstmals für
eine interplanetare Mission eingesetzt.
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