Auf
schicksalhafter Todesspirale?
Redaktion
astronews.com
12. November 2004
Die europäische Sonde Mars Express
macht nicht nur eindrucksvolle Aufnahmen des roten Planeten. Jetzt sandte die
Sonde detaillierte Bilder des Marsmondes Phobos zur Erde. Den geheimnisvollen
Trabanten spürte Mars Express allerdings an einer anderen Stelle auf als
erwartet: Befindet sich der Mond schon auf einer Todesspirale Richtung Mars?
Der Marsmond Phobos aus einer Entfernung von weniger als 200
Kilometern. Foto: ESA / DLR / FU Berlin (G. Neukum) [Großansicht] |
Am 22. August 2004 machte die vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt
(DLR) betriebene, hochauflösende Stereokamera HRSC an Bord der ESA-Raumsonde
Mars Express in Orbit 756 eindrucksvolle Aufnahmen des Marsmondes Phobos.
Die aus einer Entfernung von weniger als 200 Kilometern fotografierten Bilder
haben eine Auflösung von ungefähr sieben Meter pro Bildpunkt. Phobos ist mit
seinen unregelmäßigen Abmessungen von 27 mal 21,6 mal 18,8 Kilometern, anders als
der Erdmond, kein kugelförmiger Trabant. Seine Form gleicht eher einem
Asteroiden.
Überraschend ist die Erkenntnis, dass Phobos zum Zeitpunkt der Aufnahmen
seiner vorhergesagten Orbit-Position um etwa fünf Kilometer voraus eilte.
Möglicherweise ist dies ein Anzeichen für eine orbitale Beschleunigung, die den
winzigen Mond dem Mars auf einer spiralförmigen Bahn immer näher bringt. Phobos
könnte schließlich durch die Gravitationskräfte des Planeten in etwa 50
Millionen Jahren auseinandergerissen und zu einem kurzlebigen Marsring werden.
Oder aber der Mond stürzt auf den Mars; die Frage soll im Laufe der Mars
Express Mission noch genauer untersucht werden.
Auffallend ist das parallele Muster der Furchen auf Phobos. Es scheint die
dem Mars zugewandte Seite zwischen Äquator und Nordpol vollständig zu
überziehen, wobei die Abstände zwischen den Furchen sehr regelmäßig sind. Sie
durchschneiden die meisten größeren Krater. Die Frage nach dem Ursprung der
Furchen konnte noch nicht geklärt werden. Es könnte sich um "Schrammen" handeln,
die durch Gesteinsbrocken, die den Mond getroffen haben, entstanden sind. Oder
sie sind das Ergebnis von starken Gezeiten-Wechselwirkungen mit dem Mars. Diese
könnten tektonische Kräfte verursacht haben, die zu Spannungen im Inneren des
Mondes führten.
In einigen der verschieden großen Krater findet man deutliche Schwankungen in
der Helligkeit, bei manchen befindet sich dunkles Material am Kraterboden. Man
erkennt auch Krater, bei denen Regolith (durch Meteoriteneinschläge produzierter
Gesteinsschutt und Gesteinsmehl) die Kraterwand hinabgerutscht ist. Andere
zeigen sehr dunkles Auswurfmaterial, das möglicherweise zu den dunkelsten
Materialien im Sonnensystem zählt.
Mit der einzigartigen Fähigkeit der hochauflösenden Stereokamera HRSC,
Oberflächen nahezu gleichzeitig in zehn verschiedenen Kanälen aufzunehmen, wird
die Bestimmung der Form des Mondes, seine Topographie, Farbe, die Lichtstreuung
des staubförmigen Bodens, des Regoliths, aber auch die Messung von Rotations-
und Orbitaleigenschaften des Mondes ermöglicht. Diese Bilder, die bei ihrer
besten Auflösung sieben Meter pro Pixel erreichen, übertreffen hinsichtlich
ihrer zusammenhängenden Abdeckung der beleuchteten Oberfläche die Daten von
früheren Missionen. So nahm der amerikanische Viking Orbiter (1976 bis
1978) zwar wenige kleine Gebiete mit einer Auflösung von einigen Metern auf, die
Bilder waren jedoch aufgrund des nahen und schnellen Vorbeiflugs unscharf.
Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der
Europäischen Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator Prof. Dr.
Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin), der auch die technische Konzeption
der hochauflösenden Stereokamera entworfen hat, geleitet. Das Wissenschaftsteam
besteht aus 45 Co-Investigatoren aus 32 Instituten und zehn Nationen. Die Kamera
wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und in Kooperation mit
industriellen Partnern gebaut. Die Kamera wird vom DLR-Institut für
Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben. Hier erfolgt auch die
systematische Datenprozessierung. Die hier gezeigten Darstellungen wurden vom
Institut für Geologische Wissenschaften der FU Berlin in Zusammenarbeit mit dem
DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin erstellt.
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