Erklärung für ungewöhnliche Planetenbahnen?
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Bonn astronews.com
30. August 2011
In den letzten Jahren haben Astronomen immer mehr
extrasolare Planetensysteme entdeckt, in denen die Planeten nicht auf so
geordneten Bahnen um ihren Zentralstern kreisen wie dies in unserem Sonnensystem
der Fall ist. Bonner Astronomen haben nun zusammen mit englischen Kollegen ein
Modell entwickelt, das diese ungewöhnlichen Bahnen erklären könnte.
Dieser
Ausschnitt aus einer Simulation zeigt den Moment,
in dem der Stern mit der protoplanetaren Scheibe
Gas aus der Wolke des anderen Sterns abzieht und
dieses in Form eines Rings um sich herum
ansammelt.
Bild: Ingo Thies, AIfA/UniBonn |
Die Erde dreht sich um die Sonne, und zwar im gleichen Drehsinn, wie die Sonne
um sich selbst rotiert - zu dieser Erkenntnis war bereits Galileo gelangt. Doch
das muss nicht immer so sein, wie Beobachtungen von extrasolaren
Planetensystemen in den vergangenen Jahren gezeigt haben. Und genau für diese
haben sich Astronomen der Universität Bonn um Professor Dr. Pavel Kroupa
interessiert. Die fernen Welten umlaufen ihren Mutterstern auf schiefen oder
elliptischen Bahnen. Einige bewegen sich sogar entgegengesetzt zu dessen
Eigenrotation.
Doch wie lassen sich solche ungewöhnlichen Bahnen erklären? Eigentlich sollten
die Planeten nämlich in einer rotierenden Staubscheibe um eine junge Sonne
entstanden sein und so ganz natürlich deren Drehrichtung übernommen haben. Um
diese Ungereimtheiten zu klären, haben die Bonner Astronomen zusammen mit
englischen Kollegen ein neues Computermodell entwickelt, das berücksichtigt, das
Sterne in vielen Fällen in engen Gruppen, in sogenannten Sternhaufen, entstehen,
so dass die Planetenentstehung nicht wirklich isoliert abläuft.
Die Simulationen ergaben, dass sich das Gas und der Staub rund um zwei gerade
entstehende Sterne erheblich beeinflussen können, wenn sich beide Systeme zu
nahe kommen. Der eine Stern zieht dann wie ein kosmischer Staubsauger
massenweise Gas aus der Wolke des anderen Sterns in seine eigene Umlaufbahn. Das
Gas strömt so in zufälliger Richtung auf die bereits vorhandene Umlaufbahn aus
Gas und Staub ein und dreht diese aus ihrer Richtung.
"Im Extremfall können Umlaufbahnen sogar ganz ihren Drehsinn wechseln und in die
andere Richtung kreisen", beschreibt Kroupa. Durch die fremden Gasströme werde
der innere Bereich der Wolke zusammengedrängt, was die Verklumpung der
Staubwolken zu Planeten beschleunigt. Außerdem gebe es Planeten, deren
Umlaufbahnen so stark geneigt seien, dass sie das ganze System instabil machten:
"Die leichten Planeten werden dadurch nach und nach aus dem System geschleudert,
während die schwereren Planeten auf engere Bahnen gedrängt werden", erklärt Dr.
Ingo Thies, der die Computersimulationen durchführte.
Nach Ansicht der Bonner Astronomen könnte ihr neues Modell zur
Planetenentstehung Fragen beantworten, die bisherigen Modelle offen gelassen
haben. Diese würden nämlich schön geordnete Bahnen in derselben Ebene und mit
dem gleichen Drehsinn vorhersagen, in dem der Stern um sich selbst rotiert. Doch
selbst die Ebene unseres Sonnensystems ist etwa sieben Grad gegenüber dem
Sonnenäquator geneigt. Daher sei ein frühes Rendezvous mit der Gaswolke eines
anderen Sterns dafür durchaus eine plausible, wenn nicht sogar die einfachste
Erklärung für die schiefen Planetenbahnen, meint Thies: "Zu unserem Glück
verlief dieses Treffen jedoch glimpflich, so dass die Erde heute in geordneten
Bahnen ihre Kreise zieht."
Die Astronomen berichten über ihre Ergebnisse in einem Artikel in der
Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society.
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