Ruhige Sonne verhindert Erderwärmung nicht
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung astronews.com
11. März 2010
Unsere Sonne zeigt seit vielen Monaten nur eine äußerst geringe Aktivität.
Dieses tiefe solare Minimum könnte nach Ansicht einiger Sonnenphysiker eine
kleine Eiszeit ähnlich der im späten 17. Jahrhundert auslösen. Wäre es
möglich, dass diese vielleicht die prognostizierte Erderwärmung eindämmen
hilft? Eine neue Studie des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)
macht wenig Hoffnung.
Am gestrigen Mittwoch waren auf unserer Sonne
keine Sonnenflecken erkennbar. Das Bild wurde mit
dem "Michelson Doppler Imager" des
Sonnenobservatoriums SOHO aufgenommen.
Bild:
SOHO (ESA & NASA) |
Ein neues lang anhaltendes Minimum der Sonnenaktivität würde den
Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur aufgrund der vom Menschen
verursachten Treibhausgas-Emissionen nur geringfügig verlangsamen. Nach
einer neuen Studie von Wissenschaftlern des Potsdam-Instituts für
Klimafolgenforschung (PIK), veröffentlicht in der Online-Ausgabe der
Zeitschrift Geophysical Research Letters, würde die Erwärmung
bis zum Ende dieses Jahrhunderts um höchstens 0,3 Grad Celsius geringer
ausfallen, als nach Szenarien weiterhin zunehmender Emissionen zu
erwarten ist. Der Temperaturanstieg würde damit um weniger als zehn
Prozent vermindert.
"Die Vorstellung, dass es zu einer neuen Kleinen Eiszeit kommt, sollte die
Sonne tatsächlich in eine lange Ruhephase eintreten, ist falsch", sagt Georg
Feulner, der Leitautor der Studie. "Ein neues großes Minimum der Sonnenaktivität
würde die starke Erwärmung nicht verhindern, die bei unvermindertem
Treibhausgas-Ausstoß zu erwarten ist", so Feulner weiter.
Die Beobachtungen von Sonnenflecken, sichtbaren Anzeichen stärkerer
Sonnenaktivität und höherer Strahlungsintensität, zeigen, dass sich die Sonne
zurzeit in der tiefsten und längsten Ruhephase seit fast einem Jahrhundert
befindet (astronews.com berichtete). Seit Beginn der Satellitenmessungen in den
1970 Jahren war die Sonnenstrahlung nie schwächer als zurzeit. Einige
Solarphysiker nehmen an, dass dies den Beginn eines neuen großen Minimums der
Sonnenaktivität, ähnlich dem Maunder-Minimum im späten 17. Jahrhundert, anzeigen
könnte. Das Maunder-Minimum wird mit der so genannten Kleinen Eiszeit in
Verbindung gebracht, zu der spürbar niedrigere Temperaturen herrschten.
Feulner und Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
(PIK) haben nun den Effekt eines großen Minimums im 21. Jahrhundert mit einem
gekoppelten Klimamodell untersucht, das die Ozeane, die Atmosphäre und die
Landoberfläche abbildet. Die Forscher legten den Simulationen einen mittleren
und einen starken Anstieg der Treibhausgas-Emissionen nach den Szenarien A1B und
A2 des Weltklimarates IPCC zugrunde. Sie berücksichtigten auch Vulkanausbrüche,
die nicht vorhersagbar sind, indem sie ebenso viele und so starke Eruptionen wie
im 20. Jahrhundert zufällig über das 21. Jahrhundert verteilten.
Mit diesen Grundannahmen wurden drei unterschiedliche Entwicklungen der
Sonnenaktivität simuliert: Einmal gingen die Forscher davon aus, dass sich der
normale Elf-Jahres-Zyklus der Sonnenaktivität bis zum Jahr 2100 wiederholt und
kein großes Minimum auftritt. In den zwei anderen Experimenten tritt die Sonne
jeweils in ein Minimum ein, das bis zum Ende des Jahrhunderts anhält. Die Werte
der Sonnenstrahlung wurden dazu um 0,08 Prozent beziehungsweise 0,25 Prozent
geringer angesetzt als im Jahr 1950. Datenreihen legen nahe, dass die
Sonnenstrahlung während des Maunder-Minimums etwa 0,08 Prozent unter dem Wert
von 1950 lag.
Wird der Elf-Jahres-Zyklus der Sonnenaktivität bis 2100 fortgesetzt, ergeben
die Simulationen einen Temperaturanstieg von 3,7 oder 4,5 Grad Celsius über den
Referenzwert aus den Jahren 1961 bis 1990, je nach Emissionsszenario. Diese
Ergebnisse stimmten gut mit neuen Projektionen überein, berichten die Forscher.
Für ein neues großes Minimum mit einer Sonneneinstrahlung wie während des
Maunder-Minimums ergibt sich nach beiden Emissionsszenarien ein um etwa 0,1 Grad
Celsius geringerer Anstieg. Im Experiment mit der stärkeren Verminderung der
Sonnenstrahlung um 0,25 Prozent beträgt die Minderung 0,26 Grad Celsius,
ebenfalls in beiden Emissionsszenarien.
"Wahrscheinlich würde ein neues großes Minimum zu 0,1 bis 0,2 Grad Celsius
geringeren Temperaturen im Jahr 2100 führen", sagt Stefan Rahmstorf, Leiter des
Forschungsbereichs Erdsystemanalyse am PIK. Sämtliche Unsicherheiten der
Temperaturberechnungen, der wirkenden Kräfte und der Modelle ergeben den Faktor
drei als maximalen Fehler. Der solare Kühlungseffekt würde also wahrscheinlich
nicht mehr als 0,3 Grad Celsius betragen. "Ein neues Maunder-Minimum der
Sonnenaktivität könnte die globale Erwärmung aufgrund der vom Menschen
verursachten Treibhausgas-Emissionen nicht ausgleichen", schließen die Autoren.
Zudem wäre jeder Abkühlungseffekt nur vorübergehend wirksam, da große
Sonnenminima normalerweise nur einige Jahrzehnte bis maximal ein Jahrhundert
andauern. "Auch aktuelle Temperaturmessungen belegen, dass die Auswirkungen
verminderter Sonnenaktivität auf das Klima sehr gering sind", sagt Rahmstorf.
Das derzeitige Minimum habe die globale Erwärmung nicht merklich gebremst. Über
die vergangenen dreißig Jahre ist die Mitteltemperatur stetig um 0,16 Grad
Celsius pro Jahrzehnt angestiegen.
Laut der Messdaten von Bodenstationen des Goddard Institute for Space
Studies der US-Weltraumbehörde NASA ist das Jahr 2009 trotz des derzeitigen
Sonnenminimums das zweitwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen, übertroffen nur
vom Jahr 2005. Auf der Südhalbkugel ist es bei weitem das wärmste. Der Januar
des Jahres 2010, auch wenn es aus deutscher Sicht schwer vorstellbar erscheint,
war global der zweitwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen, nur der Januar 2007
war noch wärmer.
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