Ganz neuer Blick auf die Saturnringe
von Stefan Deiters astronews.com
22. September 2009
Am 11. August fiel die Sonne direkt auf die Kante der
Saturnringe. Die Saturnsonde Cassini hatte bei diesem Schauspiel, das
nur etwa alle 15 Jahre zu beobachten ist, die beste Beobachtungsposition. Das
Cassini-Team nutzte das Saturnäquinoktium dann auch für ausführliche Beobachtungen
des Ringsystems. Sie entdeckten dabei Strukturen, die weitaus größer sind als
man es bislang für möglich gehalten hatte.
Blick von Cassini auf die Ringe des Saturn. Das
Bild entstand am 12. August 2009, etwa 1,25 Tage
nach dem exakten Äquinoktium des Ringplaneten.
Bild: NASA / JPL / Space Science
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"Es ist als wenn man eine 3D-Brille aufsetzen würde und damit zum ersten Mal
die dritte Dimension sieht", vergleicht Bob Pappalardo,
Cassini-Projektwissenschaftler am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA. "Das
gehört mit zu den wichtigsten Dingen, die uns Cassini gezeigt hat." Am 11.
August 2009 fiel das Sonnenlicht direkt auf die Kante der Saturnringe, die Ringe
wurden praktisch unsichtbar. Dieses Schauspiel ist zwei Mal während
eines Saturnjahres von 29,7 Erdjahren zu beobachten. Die Erde durchläuft ein
solches Äquinoktium, oder die Tag- und Nachtgleiche, auch zwei Mal pro Umlauf um
die Sonne, nämlich zu Frühlings- und Herbstbeginn.
Die besonderen Lichtverhältnisse machte sich das Cassini-Team etwa
eine Woche lang zunutze, um nach Strukturen zu suchen, die aus der Ebene der
Ringe herausragen. Schon länger war bekannt, dass es an einigen Stellen des
Ringsystems entsprechende Klumpen gibt, doch konnte man deren genaue Ausmaße nicht
bestimmen. Dies wurde erst durch ihren Schattenwurf möglich, der wiederum nur
bei den besonderen Lichtverhältnissen um das Äquinoktium zu beobachten war.
"Die größte Überraschung war, dass wir an so vielen Stellen vertikale
Strukturen oberhalb und unterhalb der ansonsten sehr dünnen Ringe gesehen
haben", erläutert Linda Spilker vom JPL. "Um genau zu verstehen, was wir da
sehen, brauchen wir noch etwas Zeit, doch ist sicher, dass uns diese Bilder
helfen werden, das Alter und die Entwicklung der Ringe deutlich besser zu
verstehen."
Die Saturnringe erstrecken sich bis in eine Entfernung von etwa 140.000
Kilometern vom Zentrum des Saturns gerechnet, die Hauptringe A, B, C und D sind
aber nicht dicker als vielleicht zehn Meter. Auf den neuen Bildern von Cassini
sind nun auch zahlreiche vertikale Strukturen zu erkennen. Schon früher hatte
die Sonde zudem Riefenstrukturen entdeckt, die sich viele Hundert Kilometer über die
einzelnen Ringgrenzen hinaus erstrecken.
Die Höhen der neu entdeckten Klumpen in den Ringen sind
beachtlich: So hat offenbar der Saturnmond Daphnis, der sich in der
Ringebene um den Planeten bewegt, durch seine Anziehungskraft Klumpen mit einer
Höhe von vier Kilometern aufgetürmt. "Wir dachten immer, die Ringebene wäre
nicht dicker als ein zweistöckiges Haus hoch ist und jetzt finden wir Strukturen
mit einer Höhe von mehr als drei Kilometern", meint Carolyn Porco, Leiterin des
Cassini
Imaging Teams am Space Science Institute in Boulder. "Ist das nicht einfach
unverschämt? Das ist ja fast wie in einem Science Fiction-Film."
Die Wissenschaftler entdeckten auf den Aufnahmen außerdem Indizien für
Kollisionen zwischen kleineren Brocken in den Ringen. Die Untersuchung dieser
Staubwolken sollte den Forschern helfen, mehr über das Alter und die Entwicklung
des Ringsystems herauszufinden. Mit einem Spektrometer hat Cassini auch die
Temperatur in dem Ringsystem bestimmt. Während des Äquinoktiums wurde die
tiefste dort je gemessene Temperatur ermittelt: Im A-Ring war es nur etwa
-230 Grad Celsius "warm". Auch hieraus lassen sich Rückschlüsse auf die Größe
und andere Eigenschaften der Ringpartikel ziehen.
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