Hatte der Saturn schon immer Ringe?
von Stefan Deiters astronews.com
13. Dezember 2007
Die Ringe des Saturn geben den Astronomen weiterhin Rätsel
auf. So vertreten einige Forscher nach Auswertung von Daten der Saturnsonde Cassini
nun die Ansicht, dass die Saturnringe rund 4,5 Milliarden Jahre alt sein könnten
und sich damit in einer Zeit gebildet haben, in der unser Sonnensystem noch im
Entstehen war. Sie haben sich seitdem allerdings ständig verändert.

Künstlerische
Darstellung der Teilchen eines Saturnrings. Sie
bestehen überwiegend aus Eis.
Bild:
NASA / JPL / University of Colorado |
Larry Esposito, verantwortlich für den Ultraviolet Imaging Spectrograpph an Bord der Saturnsonde
Cassini, glaubt inzwischen nicht mehr
daran, dass die Ringe des Saturn vor vielleicht 100 Millionen Jahren durch die
Zerstörung eines Saturnmonds durch einen Kometen entstanden sind. Die These von
den relativ jungen Saturnringen war nach Auswertung von Bildern entstanden, die
die Voyager-Sonden und später das Weltraumteleskop Hubble gemacht hatten. Doch
Cassinis Blick auf das Ringsystem, davon ist Esposito überzeugt, spricht gegen
ein einmaliges Ereignis, das für die Ringe verantwortlich ist. Das Alter der einzelnen
Ringe würde sich nämlich erheblich unterscheiden und Ringmaterial würde wieder
und wieder recycelt.
"Die Beweislage spricht dafür, dass Saturn während seiner gesamten Geschichte
ein Ringsystem hatte", fasst Esposito seine Ergebnisse zusammen. Und der
Wissenschaftler am Laboratory of Atmospheric and Space Physics der
University of Colorado ergänzt: "Wir beobachten ein erhebliches und schnelles
Recycling von Ringmaterial. Monde werden immer wieder zerstört und produzieren
neue Ringpartikel, woraus dann wieder neue Monde entstehen."
Esposito hat seine Resultate gestern zusammen mit seinem Kollegen Miodrag
Sremcevic auf einem Treffen der American Geophysical Union in San Francisco
vorgestellt. "Wir haben entdeckt, dass die Ringe, die wir heute sehen nicht erst
- auf einer kosmischen Zeitskala - gestern entstanden sind", so Esposito. "Das
bedeutet, dass es nicht nur Glück ist, dass wir die Ringe heute sehen, sondern
das sie schon immer da waren. Sie haben sich zwar andauernd verändert, aber es
wird sie noch viele Milliarden Jahre lang geben."
Lange Zeit, so erläutert Esposito, hätten Wissenschaftler geglaubt, dass
Ringe, die so alt wie Saturn selbst wären, dunkler sein müssten, weil sie
ständig durch Meteoritenstaub verschmutzt werden. Dies aber hätte man in Spektren
erkennen müssen. Die neuen Cassini-Daten würden nun aber darauf hindeuten, dass
die zur Verfügung stehende Masse an Eis und Gestein im Ringsystem vermutlich
deutlich größer ist als ursprünglich angenommen. Das würde erklären helfen,
warum das Ringsystem mit bodengestützten Teleskopen betrachtet relativ hell
erscheint.
"Je mehr Masse in den Ringen vorhanden ist, desto mehr Rohmaterial steht für
die Recycling-Vorgänge zur Verfügung und die kosmische Verschmutzung fällt nicht
mehr so stark ins Gewicht", so der Forscher. "Das hilft uns zu erklären, warum
die Ringe viel heller und sauberer erscheinen als wir es erwartet hatten."
Esposito ist ein alter Saturnring-Experte: 1979 hatte er auf Aufnahmen von
Pioneer 11 den sehr schwachen F-Ring des Saturn entdeckt. Und genau
hier fand er auch Beweise für seine Recycling-Theorie, die er zusammen mit Kollegen in
einer kommenden Ausgabe des Magazins Icarus veröffentlichen wird: Die Forscher
beobachteten nämlich, wie das Licht eines entfernten Sterns vom F-Ring des
Saturns teilweise verdeckt wird und spürten auf diese Weise Klumpen in einer Größe
zwischen 27 Metern und zehn Kilometern auf. Da diese Klumpen leicht
lichtdurchlässig waren, handelt es sich vermutlich um Eisklumpen, die sich immer
wieder zusammenfinden und auseinanderbrechen.
Auch wenn nach Espositos Ansicht die Saturnringe mehr als nur ein kurzlebiges
Phänomen sind, ist das, was wir heute sehen können, trotzdem einmalig. Die
Saturnringe der Zukunft werden nämlich anders aussehen als das Ringsystem heute. Das
wäre genauso, wie mit großen Städten auf der Erde: "Die Städte existieren für
Jahrhunderte oder Jahrtausende, aber die Bewohner und die Häuser verändern sich
ständig."
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