Medaille für zwei kleine Saturnringe
Redaktion /
Pressenotiz des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
22. Juni 2009
Im Rahmen seiner Doktorarbeit entdeckte ein Doktorand am
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung zwei unscheinbare Ringe des
Saturn. Die Ringe begleiten die beiden winzigen Saturntrabanten Methone und
Anthe. Die Arbeit, für die einiges an detektivischem Gespür nötig war, belohnte
die Max-Planck-Gesellschaft jetzt mit der Otto-Hahn-Medaille.

Ein Ring aus Staubteilchen begleitet den
Saturnmond Anthe.
Bild: NASA / JPL / Space Science
Institute |
Wie bei vielen der kleineren Jupitermonde erstrecken sich auch entlang der
Umlaufbahnen der kleinen Saturnmonde Methone und Anthe Ringe aus winzigen
Staubteilchen. Zu diesem Ergebnis ist Dr. Elias Roussos vom Max-Planck-Institut
für Sonnensystemforschung in seiner Doktorarbeit gekommen. Basis dieser
Entdeckung waren Daten eines Teilchenspektrometers an Bord der Raumsonde
Cassini. Aufnahmen einer Kamera bestätigten diese Vorhersage im vergangenen
Herbst.
Das Ringsystem, das den riesigen Gasplaneten umgibt, ist somit komplizierter
als bisher gedacht. Die Max-Planck-Gesellschaft hat Roussos für seine
Forschungsergebnisse nun mit der Otto-Hahn-Medaille ausgezeichnet. Dabei standen
allerdings nicht nur die Monde und Ringe des Saturns im Mittelpunkt. Auch zum
Verständnis der magnetischen Umgebung des Mars hat der 30-Jährige wesentlich
beigetragen.
Mindestens 60 Monde umkreisen den Riesenplaneten Saturn. Der größte Mond,
Titan, stellt sogar den Planeten Merkur in den Schatten; die kleinsten Monde
messen hingegen nur wenige Kilometer im Durchmesser. Auf ihrem Weg um den
Planeten hinterlassen all diese Himmelskörper Spuren in der Umgebung des Saturn:
Manche speisen die Ringe und die Magnetosphäre - also die magnetische Umgebung -
des Gasriesen durch herausgeschlagenes Material oder durch aktive Wassergeysire.
Andere "saugen" diese Staubteilchen wie Staubsauger an. Die Lücken zwischen
den Ringen entsprechen deshalb oft der Umlaufbahn eines Mondes. Zudem
absorbieren die Monde auch die Elektronen und Ionen, welche die Magnetosphäre
des Saturns bevölkern. "Die Monde lassen sich deshalb als Werkzeug nutzen, um
diese magnetische Umgebung des Saturns genauer zu untersuchen", erklärt Roussos
seinen Ansatz.
Ein genaues Bild der Elektronen und Ionen, die den Saturn umgeben,
verschaffen sich die Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für
Sonnensystemforschung seit 2004 mit Hilfe des Instruments LEMMS (Low Energy
Magnetospheric Measurement System) an Bord der Raumsonde Cassini. Das
Instrument wurde in den Laboren des Instituts entwickelt und gebaut. Auf seinem
Weg durch das Ringsystem und die Magnetosphäre des Saturns misst LEMMS die
Energien dieser Teilchen und kann so auch ihre räumliche Verteilung bestimmen.
In manchen Regionen konnte das Instrument allerdings stellenweise keine
Elektronen oder Ionen messen: Dort könnten größere Körper wie etwa Monde oder
Ringe die geladenen Teilchen auf ihren Bahnen entlang des Magnetfeldes des
Planeten absorbiert und so eine Lücke hinterlassen haben.
Aus solchen Messdaten ist es Roussos unter anderem gelungen, zwei bisher
unbekannte Ringe im Saturnsystem vorherzusagen. Sie gehören zu den nur wenige
Kilometer großen Monden Methone und Anthe und sind wahrscheinlich durch
Meteoriteneinschläge auf den Monden selbst entstanden. "Es handelt sich nicht um
geschlossene Ringe, die den Saturn komplett umspannen", beschreibt Roussos. "Sie
erstrecken sich nur mehrere tausend Kilometer vor und hinter dem jeweiligen Mond
und begleiten ihn auf seiner Umlaufbahn um den Saturn."
Die Schwierigkeit bestand vor allem darin, aus der "Datenlücke" von LEMMS auf
das Objekt zu schließen, das diese verursacht hatte. Denn nachdem der Mond oder
der Ring eine Stelle passiert und dort Teilchen "angesaugt" hat, füllen die
zurückgebliebenen Teilchen die Lücke zum Teil wieder auf. Ganz so, als wenn man
in einem Topf voller Brei mit einem Löffel eine Furche zieht. Auch diese
schließt sich nach kurzer Zeit wieder. "Dennoch ließen sich die Messdaten durch
die Anwesenheit der Monde allein nicht erklären", so Roussos. Eine Kamera an
Bord der Raumsonde Cassini konnte diese Entdeckung im Herbst
vergangenen Jahres bestätigen.
Das gleiche Konzept konnte Roussos auf Daten anwenden, die LEMMS bei einem
nahen Vorbeiflug am Mond Rhea gesammelt hatte. Es gelang ihm, die kurzzeitigen
"Lücken" in der Zählrate der Elektronen mit etwa ein bis zehn Zentimeter großen
Teilchen in Verbindung zu bringen, die den Mond auf stabilen Umlaufbahnen
umkreisen. Dies ist ein starker Hinweis auf das erste Ringsystem um einen Mond
in unserem Sonnensystem (astronews.com berichtete). Die Bestätigung durch eine
sehr schwierige, wenn auch nicht unmögliche Kameraaufnahme steht hier allerdings
noch aus.
Trotz dieser Erfolge erstreckt sich das Forschungsinteresse von Roussos nicht
allein auf den Saturn. Im Verlauf seiner Promotion hat der 30-Jährige an
zahlreichen weiteren Weltraummissionen mitgewirkt, wie etwa Venus Express
und Mars Express. Mit Hilfe von Daten der Marssonde, die seit 2003 den
roten Planeten umkreist, hat Roussos dessen nähere Umgebung untersucht. Anders
als die Erde besitzt der Mars zwar kein Magnetfeld, das tief im Planeteninnern
entsteht. Doch von manchen Bereichen auf der Planetenoberfläche geht eine
Magnetisierung aus. Zusammen mit dem Sonnenwind, dem Strom aus geladenen
Teilchen von der Sonne, entsteht so die komplexe, magnetische Umgebung des
Planeten. Roussos ist es gelungen, den Einfluss des Sonnenwindes von dem der
Oberflächenmagnetisierung auf die Magnetosphäre zu trennen.
Dr. Elias Roussos hat an der Universität von Athen und der International
Space University in Straßburg studiert. Von Januar 2005 bis Februar 2008
hat er am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau
geforscht und an der TU Braunschweig promoviert. Seine Doktorarbeit hat die
Max-Planck-Gesellschaft (MPG) jetzt mit der Otto-Hahn-Medaille ausgezeichnet.
Die MPG würdigt mit dieser Auszeichnung in jedem Jahr außergewöhnliche
Leistungen junger Wissenschaftler. In diesem Jahr haben 37
Nachwuchswissenschaftler aus den Bereichen Chemie, Physik und Technik die
Otto-Hahn-Medaille erhalten.
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