Zehnter Planet im Kuiper-Gürtel
entdeckt?
von Stefan
Deiters
astronews.com
30. Juli 2005
Amerikanische
Astronomen glauben, einen zehnten Planeten im Sonnensystem entdeckt zu haben:
Das Team um Dr. Mike Brown vom California Institute of Technology gab am Freitagabend die Entdeckung eines typischen Kuiper-Gürtel-Objektes bekannt, das
allerdings größer
als der Planet Pluto ist. Daher, so die Ansicht der Forscher, könne man es nur
als Planet klassifizieren.
So stellt sich ein Künstler die neu entdeckte Welt am Rand
unseres Sonnensystems vor. Bild: NASA / JPL-Caltech
Erste Aufnahme von 2003 UB313 aus dem Oktober 2003. Foto:
Samuel Oschin Telescope, Palomar Observatory |
Der jetzt entdeckte "Planet" trägt die vorläufige Bezeichnung 2003 UB313 und
befindet sich zur Zeit in einer Entfernung von 97 Astronomischen Einheiten von
der Sonne. Eine Astronomische Einheit entspricht der Entfernung der Erde von
der Sonne. Obwohl die Neuentdeckung ein typisches Objekt des Kuiper-Gürtels ist,
muss es, so die Astronomen, schon auf Grund seiner Größe als Planet
klassifiziert werden und nicht - wie bislang alle anderen in
jener Region entdeckten Objekte - als Kuiper-Gürtel-Objekt. 2003 UB313 ist das am weitesten
von der Sonne entfernte Objekt, das bislang entdeckt wurde und das dritthellste
Objekt des Kuiper-Gürtels.
"2003 UB313 wird in den nächsten sechs Monaten zu beobachten sein und liegt
am frühen Morgen am Osthimmel im Sternbild Walfisch", erläutert Brown, der das
Objekt zusammen mit seinem Kollegen Chad Trujillo vom Gemini Observatory und
David Rabinowitz von der Yale University am 8. Januar als Mitglied des Kuiper-Gürtels identifizierte.
Brown und Trujillo haben 2003 UB313 erstmals
im Oktober 2003 mit dem Samuel Oschin Telescope fotografiert. Da das Objekt aber so
weit von der Erde entfernt ist und sich daher so langsam um die Sonne bewegt,
haben sie seine Bewegung am Himmel erst erkannt, als sie im Januar dieses
Jahres die damaligen Daten noch einmal analysierten.
"Es ist ganz bestimmt größer als Pluto", ist sich Brown sicher. Dabei stützt
sich der Professor für planetare Astronomie auf die Helligkeit von 2003 UB313.
Zwar ist das Reflektionsvermögen des Objektes nicht bekannt - das heißt, dass man
nicht genau sagen kann, wie viel Sonnenlicht von 2003 UB313 reflektiert wird,
doch lässt sich zumindest eine Mindestgröße für das Objekt angeben.
"Selbst wenn
es 100 Prozent des Lichtes reflektiert, das es von der Sonne erreicht, ist es
immer noch so groß wie der Pluto", rechnet Brown vor. "Ich schätze es ist etwa
eineinhalb Mal so groß wie der neunte Planet, aber wir sind uns da noch nicht
sicher. Sicher sind wir uns aber, dass dieses das erste Objekt ist, das im
äußeren Sonnensystem gefunden wurde und größer als Pluto ist."
Auch eine obere Grenzgröße können Brown und seine Kollegen angeben: Da man
2003 UB313 mit dem Infrarot-Teleskop Spitzer nicht aufspüren kann, muss sein
Durchmesser kleiner sein als 3.000 Kilometer. Die Wissenschaftler haben als
Entdecker von 2003 UB313 schon einen Namen für das neue Objekt, den sie
bei der Internationalen Astronomischen Union (IAU) eingereicht haben. Sie wollen
eine Entscheidung der IAU abwarten, bevor sie ihren Namen verraten.
Brown und Trujillo sind bei der Jagd nach dem zehnten Planeten keine
Unbekannten: Sie sind auch die Entdecker von Sedna und Quaoar, zwei weiteren
eisige Welten in den äußeren Regionen des Sonnensystems, die allerdings kleiner
sind als Pluto (astronews.com berichtete). Der Fund eines Objektes, das größer
als Pluto ist, dürfte die Diskussion um die Frage, wie man eigentlich einen
Planeten definieren soll, neu beleben.
1999 gab es eine heftige Diskussion über
die Frage, ob Pluto selbst den Status eines Planeten haben sollte. Von seiner
Geschichte müsste er eher als Kuiper-Gürtel-Objekt angesehen werden und sein
Status als Planet hat wohl eher historische Gründe. Es wird interessant sein,
wie sich die Internationale Astronomische Union nun verhält und welchen Status
sie 2003 UB313 zubilligt. Nicht auszuschließen ist nämlich, dass bald noch
weitere Objekte in den äußeren Regionen des Sonnensystems entdeckt werden, die
größer als Pluto sind.
Der Kuiper-Gürtel ist eine scheibenförmige Region, die sich hinter der
Neptunbahn in einer Entfernung von ungefähr 30 bis 100 Astronomische Einheiten
erstreckt. In dieser Gegend befinden sich eine Unzahl von kleinen vereisten
Felsbrocken, die gelegentlich aus ihrer Bahn geworfen werden und dann als
Kometen in die Nähe der Sonne und der Erde kommen. Mit immer besseren Teleskopen
kann man die größeren unter ihnen entdecken und so hat man mittlerweile eine
Vielzahl dieser Trans-Neptun- oder Kuiper-Gürtel-Objekte ausgemacht. Es gibt Schätzungen, nach
denen es vermutlich mindestens 10.000 Kuiper-Gürtel-Objekte mit einem
Durchmesser von über 100 Kilometern gibt.
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2003 UB313, Michael Browns Webseite über das neu entdeckte
Objekt |
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