Rote Welt im
äußeren Sonnensystem
von Stefan
Deiters
astronews.com
16. März 2004
Amerikanische Astronomen haben das am weitesten von der Sonne entfernte Objekt
entdeckt, das unser Zentralgestirn umkreist. Sie tauften die rötliche Welt in 13
Milliarden Kilometern Entfernung Sedna. Der Asteroid, der von manchen Medien
schon als zehnter Planet des Sonnensystems bezeichnet wurde, ist etwas kleiner
als Pluto und benötigt für einen Umlauf um die Sonne 10.500 Jahre. Er könnte zur Oortschen Wolke gehören.
So stellt sich ein Künstler Sedna vor. Unten das Entdeckungsfoto
aus dem November 2003. Bild/Foto:
California Institute of Tehcnology
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Wissenschaftler am California Institut of Technology haben gestern die
Entdeckung des am weitesten von der Sonne entfernten Objektes im Sonnensystem
bekannt gegeben. Die eisige Welt ist derzeit 13 Milliarden Kilometer von der
Sonne entfernt und benötigt für einen Umlauf um unser Zentralgestirn 10.500
Jahre. Auf seinem Orbit entfernt sich der Brocken bis auf 130 Milliarden
Kilometer von der Sonne. Mit diesen Bahndaten liegt der - von den Entdeckern
Sedna getaufte - Asteroid mit dem offiziellen Namen 2003 VB12 deutlich außerhalb
des so genannten Kuiper-Gürtels und könnte das erste Objekt der Oortschen Wolke
sein, das entdeckt wurde. Sedna ist in der Mythologie der Inuit die
Göttin des Meeres.
"Unsere Sonne würde auf Sedna so klein erscheinen, dass man sie mit einer
Nadelspitze komplett verdecken könnte", erläutert Dr. Michael Brown vom
California Institute of Technology im kalifornischen Pasadena, der das
Entdeckerteam leitete. Der Asteroid hat etwa drei Viertel des Ausmaßes von Pluto
und ist nach Mars das röteste Objekt im Sonnensystem. Sedna wurde am 14.
November 2003 mit Hilfe des Samuel Oschin Telescopes am Palomar Observatory entdeckt.
Das neue NASA-Infrarotteleskop Spitzer hat Sedna auch unter die Lupe
genommen.
Sedna ist im wahrsten Sinne des Wortes eine kalte Welt: Die Temperatur auf
der Oberfläche dürfte nie minus 240 Grad Celsius übersteigen. Meist dürfte es
sogar noch kälter sein, wenn sich der Asteroid auf seiner Bahn immer weiter von der
Sonne entfernt. Aus der Tatsache, dass sogar das extrem empfindliche
Weltraumteleskop Spitzer keinerlei Wärmeabstrahlung von Sedna finden konnte,
folgerten die Forscher, dass das Objekt einen Durchmesser von weniger als 1.700
Kilometern haben muss, was kleiner ist als der von Pluto. Sedna reiht sich in der
Größe, so ergab die Auswertung aller verfügbaren Daten, zwischen Pluto und dem
2002 vom selben Team entdeckten Kuiper-Gürtel-Objekt Quaoar (astronews.com
berichtete) ein.
Der extrem unkreisförmige Orbit von Sedna ist bislang im Sonnensystem
einzigartig. Allerdings sollten Objekte der bislang nur theoretisch
vorhergesagten Oortschen Wolke solche Bahndaten aufweisen. Durch diese Wolke
erklären Astronomen das Auftauchen mancher Kometen. Allerdings liegt Sedna etwa
zehn Mal dichter an der Sonne als die prognostizierte Entfernung dieser Wolke.
Brown glaubt, dass Sedna zu einer "inneren Oortschen Wolke" gehören könnte,
die durch das Vorüberziehen eines Sterns in der Frühphase des Sonnensystems
entstanden sein könnte. "Dieser Stern wäre so nah gewesen, dass er am Himmel
heller geschienen hätte als der Vollmond und für rund 20.000 Jahre zu sehen
war", so Brown. Er dürfte auch zu einem regelrechten Kometenschauer geführt
haben, der eventuell frühes Leben auf der Erde vernichtet hat.
In einigen Medien wird derzeit heftig spekuliert, ob Sedna nicht der so lange
gesuchte zehnte Planet des Sonnensystems ist. Angesichts der Diskussion vor fünf
Jahren, ob überhaupt Pluto der neunte Planet ist (astronews.com berichtete),
scheint diese Diskussion allerdings unnötig zu sein. Mit immer besseren
Instrumenten, die kontinuierlich den Himmel überwachen, werden vermutlich in den
nächsten Jahren weitere Welten am Rande des Sonnensystems entdeckt werden, die
vielleicht sogar die Größe des Pluto erreichen. Ihnen allen gemeinsam ist, dass
sie von ihrer Entstehungsgeschichte eben nicht den anderen Planeten gleichen,
sondern eher den Asteroiden.
Das Sedna-Entdeckerteam will in der nächsten Zeit versuchen, mehr über die eisige Welt
zu erfahren: So können sie sich nicht erklären, warum der ferne Brocken so rot
erscheint. "Wir können uns nicht erklären, was sich auf der Oberfläche dieses
Objektes befindet", so Chad Trujillo vom Gemini-Observatory, einer der
Sedna-Entdecker. "Es ist auf jeden Fall nichts, was wir vorhergesagt hätten."
Das Hubble-Weltraumteleskop soll nun helfen - auch bei der Frage, ob Sedna
tatsächlich einen Mond hat. Erste Daten weisen nämlich darauf hin.
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