Eine Röntgen-Kamera für das Rendezvous mit der Erde
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Würzburg astronews.com
5. März 2025
In vier Jahren wird der Asteroid Apophis der Erde sehr nahe
kommen - eine Chance für die Wissenschaft, mehr über diesen etwa 375 Meter
durchmessenden Brocken zu erfahren. Ein Forschungsteam der Universität Würzburg
entwickelt daher eine Weltraum-Kamera, die mit einer neuen Technik neue Bilder
von ihm liefern soll. Wie die Kamera ins All gelangt, weiß das Team allerdings
noch nicht.

Künstlerische Darstellung des Asteroiden
Apophis.
Bild: ESA-Science Office [Großansicht] |
Er ist benannt nach dem altägyptischen Dämon der Finsternis und wird
ausgerechnet an einem Freitag, den Dreizehnten, der Erde am nächsten kommen: der
Asteroid Apophis. Aktuellen Berechnungen nach wird er sich im April 2029 der
Erde bis auf eine Distanz von gut 32.000 Kilometern nähern – was nicht allzu
viel ist, wenn man weiß, dass viele Satelliten in einer Höhe von etwa 36.000
Kilometern um die Erde kreisen. Der Vorbeiflug ist für Forschungsteams weltweit
eine willkommene Gelegenheit, das Objekt aus dem Weltraum genauer unter die Lupe
zu nehmen. Mit einem erhöhten Aufkommen an Satelliten und Weltraumsonden ist
deshalb in dieser Zeit zu rechnen, schon allein, weil Astronomen davon ausgehen,
dass ein vergleichbarer Asteroid nur alle 5000 bis 10.000 Jahre der Erde so
nahekommt.
Auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der
Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) werden dann gebannt an den Himmel
blicken: Das Team um Professor Sergio Montenegro plant, bis dahin eine neuartige
Kamera zu entwickeln und in den Orbit zu schicken, die sehr spezielle Bilder von
Apophis liefert. Montenegro hat an der JMU den Lehrstuhl für Informationstechnik
für Luft- und Raumfahrt inne. In dem Projekt arbeitet er mit dem Hamburger
Unternehmen X-Spectrum zusammen, einem Spezialisten für die Entwicklung von
Röntgensensoren.
"Wenn Sonnenlicht auf Himmelskörper ohne Atmosphäre, wie beispielsweise
Asteroiden oder den Mond, trifft, werden die Röntgenanteile des Lichts vom
Regolith absorbiert", erklärt Montenegro den Hintergrund des Projekts. Mit
Regolith bezeichnet die Wissenschaft eine lockere, heterogene Schicht aus Staub,
Erde, zerbrochenem Gestein und anderen Materialien, die die feste Oberfläche von
Planeten, Monden und Asteroiden bedeckt. Die absorbierten Röntgenanteile lösen
ihrerseits sekundäre Röntgenphotonen aus dem Regolith aus, die in Form von
Fluoreszenz in den Weltraum abgegeben werden und mit der entsprechenden Technik
nachgewiesen werden können. "Diese Fluoreszenz korreliert mit der elementaren
Zusammensetzung des Regoliths, so dass wir dessen chemische Zusammensetzung
bestimmen können, ohne den Boden zu berühren", so Montenegro. Gängige Kameras
eignen sich dafür nicht; ihre Sensoren sind in der Regel dazu ausgelegt,
elektromagnetische Wellen im für Menschen sichtbaren Bereich zu verarbeiten.
Röntgenstahlen können sie nicht lesen.
Ganz anders die Sensoren, die X-Spektrum baut. Die sind schon jetzt auf dem
Markt, arbeiten "superschnell" und sind "superempfindlich", wie Montenegro sagt.
Mit einer Reihe von technischen Modifikationen ließen sie sich gut für die
Beobachtung von Apophis verwenden, sagt der Raumfahrtinformatiker. Die Aufnahmen
der Kamera würden es dann ermöglichen, die Zusammensetzung des Asteroiden
Apophis während seines nahen Vorbeiflugs im Jahr 2029 zu analysieren. Die Kamera
verwendet dafür die für Synchrotron-Anwendungen übliche Photonenzähltechnik –
optimiert für den Bereich, in dem Regolith Fluoreszenz aussendet, den
sogenannten weichen Röntgenbereich.
"Wir entwickeln damit den weltweit ersten Photonendetektor in diesem Bereich
der Röntgenstrahlung", erklärt der Wissenschaftler. "Der zusätzliche Vorteil
ist, dass es sich um eine Kamera mit 250.000 Pixeln handeln wird", so Montenegro
weiter. 250.000 Pixel klingt nicht besonders beeindruckend, wenn man bedenkt,
dass das neue iPhone 48 Megabyte schafft. "Wir wollen einen Detektor mit 250.000
Pixeln bauen, der im Navigationsmodus eine Reaktionszeit von nur einer
Nanosekunde hat", erklärt Montenegro. Zum Vergleich: Die schnellsten Sensoren,
die bislang im Weltraum getestet wurden, sind Einzelpixel-Detektoren mit einer
Zeitempfindlichkeit von etwa 80 Nanosekunden. Die neue
Hochgeschwindigkeits-Röntgenkamera stellt somit einen Quantensprung für diese
Technologie dar.
Mit rund 750.000 Euro finanziert das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt
(DLR) das Projekt; knapp ein Drittel dieser Summe geht an das Team von
Montenegro. "Unsere Kamera ist im Unterschied zu aktuellen Röntgensensoren
strahlungsbeständig, leistungsoptimiert und erfordert darüber hinaus keine
Kühlung", schildert Montenegro das Konzept. Und noch ein Detail unterscheidet
die "Röntgenkamera" von klassischen Modellen. Letztere reagieren auf
unterschiedliche Lichtverhältnisse, indem sie die Blende öffnen oder schließen.
Im Bereich von Röntgenstrahlung funktioniert dieses Konzept nicht, da die
Strahlen eine Blende problemlos durchdringen. Die Antwort des Entwicklerteams
auf dieses Problem sind Chips, die die Empfindlichkeit der Sensoren der
jeweiligen Lichtsituation anpassen. Von einer "flexiblen Rekonfiguration der
operativen Empfindlichkeit", spricht Montenegro.
Darüber hinaus wird die an der Universität Würzburg entwickelte Kamera "die
erste ereignisbasierte Röntgenkamera sein, die für den Weltraum geeignet ist".
Ereignisbasiert bedeutet, dass nur dann aufgezeichnet wird, wenn Photonen auf
den Detektor treffen. "Bisher waren herkömmliche bildbasierte
Aufzeichnungsgeräte, wie beispielsweise CCDs, der Standard bei
Weltraummissionen. Diese lesen die Informationen Pixel für Pixel und Zeile für
Zeile aus, was bis zu einem Bruchteil einer Millisekunde dauern kann. Unsere
ereignisbasierte Kamera kann Photonen sehr viel schneller erfassen", erklärt
Montenegro.
Gut vier Jahre hat das Würzburg-Hamburger Team noch Zeit, seine Röntgenkamera
zu entwickeln, bis Apophis an der Erde vorbeizieht. Noch offen ist die Frage,
wie die Kamera dann in seine Nähe kommt. Was diesen Aspekt angeht, ist
Montenegro allerdings optimistisch: "Wir gehen davon aus, dass in diesem
Zeitraum sehr viele Raketen starten werden, beladen mit Satelliten und Sonden
zur Beobachtung von Apophis. Da wird sicherlich noch Platz sein für unsere
Kamera." Schließlich sei diese nur etwa halb so groß wie ein gewöhnlicher
Schuhkarton.
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