Nach seiner Entdeckung hatte der Asteroid Apophis kurzzeitig
für Aufregung gesorgt, bestand doch die Möglichkeit, dass er 2029 mit der Erde
kollidiert. Das wird sicher nicht passieren, doch könnte der nahe Vorüberflug
eine gute Gelegenheit darstellen, den Brocken zu untersuchen. In Würzburg schaut
man sich nun mögliche Missionsszenarien mit Kleinsatelliten an.
Der Autor eines Katastrophenromans hätte es sich nicht schöner ausdenken
können: Ausgerechnet an einem Freitag, dem Dreizehnten, wird der potenziell
gefährliche Asteroid (99942) Apophis der Erde extrem nahekommen: Nur noch
rund 30.000 Kilometer liegen am 13. April 2029 zwischen dem kosmischen
Gesteinsbrocken und der Erde. Man wird Apophis dann auch von Deutschland aus
mit bloßem Auge als Lichtpunkt am Abendhimmel sehen können.
Was den Asteroiden so gefährlich macht: Sein mittlerer Durchmesser
beträgt stolze 340 Meter. Würde er die Erde treffen, wären bei einem
Aufschlag an Land die Zerstörungen enorm. "Allein der Einschlagskrater
dürfte einen Durchmesser von einigen Kilometern haben, und die Wucht des
Aufpralls könnte eine Fläche von der Größe Mitteleuropas verwüsten", schätzt
Jonathan Männel, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für
Raumfahrttechnik der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Doch
keine Panik: Zumindest in den nächsten 100 Jahren wird Apophis die Erde
verschonen, wie die NASA berechnet hat. Seit der Asteroid 2004 entdeckt und
als gefährlich eingestuft wurde, haben die US-amerikanische und andere
Weltraumorganisationen seine Bahn genau im Blick und wissen mittlerweile,
dass er an der Erde vorbeifliegen wird.
Asteroiden sind unregelmäßig geformte Objekte, die sich auf Umlaufbahnen
um die Sonne bewegen. Bislang sind an die 1,3 Millionen Asteroiden in
unserem Sonnensystem bekannt, etwa 2500 gelten als potenziell gefährlich –
weil sich ihre Umlaufbahnen der Erdbahn auf weniger als circa 20
Mondentfernungen annähern und ihr Durchmesser größer als 140 Meter ist. Die
Wissenschaft weiß nicht besonders viel über Asteroiden: Bisher gab es nur
gut 20 Satellitenmissionen, die diese Himmelskörper als Ziel hatten. Wie
sind Asteroiden aufgebaut? Was beeinflusst ihre Flugbahn? Was passiert mit
ihnen, wenn sie nah an anderen Objekten vorbeifliegen und deren
Gravitationskraft zu spüren bekommen? Viele Fragen sind zu klären. Weil nur
etwa alle 1000 Jahre ein Asteroid dieser Größe der Erde so nah kommt, ergibt
sich die seltene Gelegenheit, den Asteroiden mit relativ geringem Aufwand zu
untersuchen. Dabei könnte die Menschheit auch Erkenntnisse gewinnen, mit
deren Hilfe sich Abwehrmaßnahmen gegen gefährliche Asteroiden entwickeln
lassen.
Welchen Beitrag könnte Deutschland zur Erforschung von Apophis leisten?
Dieser Frage geht ein JMU-Team um den Raumfahrttechniker Professor Hakan
Kayal im Projekt NEAlight nach. Mit rund 300.000 Euro Förderung vom
Bundeswirtschaftsministerium untersuchen derzeit Projektleiter Jonathan
Männel und die wissenschaftlichen Mitarbeiter Tobias Neumann und Clemens
Riegler drei Konzepte für deutsche Kleinsatellitenmissionen. Alle drei
basieren auf den Ergebnissen des SATEX-Projekts aus dem Jahr 2023, in dem
das Würzburger Team das Potenzial von Kleinsatelliten für interplanetare
Missionen analysiert hat.
Konzept Nummer eins: Für eine nationale Mission baut Kayals Team einen
Kleinsatelliten, der den Asteroiden Apophis zwei Monate lang auf seinem Weg
zum erdnächsten Punkt begleitet und auch einige Wochen danach an ihm
dranbleibt. In dieser Zeit sollen die Veränderungen von Apophis fotografisch
dokumentiert und mit verschiedenen Messungen untersucht werden. Diese
Strategie hält einige technische Herausforderungen bereit, weil der
Kleinsatellit eine weite Distanz zurücklegen und dabei weitgehend autonom
funktionieren muss.
Konzept Nummer zwei: Deutschland beteiligt sich an der geplanten
europäischen RAMSES-Mission. Diese sieht einen größeren Satelliten vor,
bestückt mit Kleinsatelliten, Teleskopen und anderen Messinstrumenten, der
zu Apophis fliegt und ihn beim Vorbeiflug an der Erde über längere Zeit
begleitet. Einer der Kleinsatelliten könnte aus Würzburg sein und den
Asteroiden im Verbund mit den anderen Satelliten erforschen. Für das
JMU-Team wäre hier der technische Aufwand kleiner und der wissenschaftliche
Erkenntnisgewinn größer. Ob die RAMSES-Mission letzten Endes realisiert
wird, hängt allerdings auch von der Bereitschaft der europäischen
ESA-Partner ab, das Projekt mitzufinanzieren.
Konzept Nummer drei: Ein an der JMU gebauter Kleinsatellit fliegt einmal
kurz am Asteroiden vorbei, wenn dieser der Erde am nächsten ist, und macht
Fotos. Auf diese Weise ließe sich demonstrieren, dass eine solche Mission
auch mit preisgünstigen Kleinsatelliten möglich ist. Der Aufwand wäre
relativ klein, die Beobachtungszeit aber kurz und der Erkenntnisgewinn
vermutlich eher gering. Diese Mission könnte wenige Tage vor dem Eintreffen
von Apophis beginnen – bei den ersten beiden Konzepten müsste der Satellit
schon ein Jahr zuvor starten.
Im Projekt NEAlight wird Kayals Team die Anforderungen an diese drei
Missionsszenarien detailliert ausarbeiten, die grundlegenden
Missionsarchitekturen definieren und die Realisierungsmöglichkeiten
bewerten. Weiterhin wird es anhand der drei Konzepte
Realisierungsmöglichkeiten für zukünftige interplanetare Kleinsatelliten
betrachten, die beispielsweise zum Mond oder zu anderen erdnahen Asteroiden
(near-earth asteroids, abgekürzt NEA) fliegen.
Das Projekt "Untersuchung von Kleinsatellitenmissionsideen zu Near Earth
Astroids (NEA) mit Fokus auf (99942) Apophis“ (NEAlight)" ist Anfang Mai
2024 gestartet und läuft ein Jahr. Es wird im Interdisziplinären
Forschungszentrum für Extraterrestrik (IFEX) an der Professur für
Raumfahrttechnik durchgeführt und mit rund 306.000 Euro vom Deutschen
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) aus Mitteln des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Klimaschutz gefördert.