Planetenbildende Scheibe mit drei Ringen und Eisenkörnern
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
26. Februar 2024
Mithilfe des Very Large Telescope Interferometer
wurde im Zentralbereich einer planetenbildenden Scheibe eines jungen Sterns eine
Struktur mit drei Ringen entdeckt - möglicherweise bilden sich hier gerade zwei
Planeten. Zudem fanden sich Hinweise auf feste Eisenkörner im Staub, so dass es
spannende Ähnlichkeiten zum jungen Sonnensystem gibt.
Eine künstlerische Darstellung der
dreiringigen Struktur in der planetenbildenden Scheibe um HD
144432. Durch Beobachtungen mit dem Very Large Telescope
Interferometer (VLTI) der ESO wurden verschiedene
Silikatverbindungen und möglicherweise Eisen gefunden,
Substanzen, die auch in großen Mengen in den Gesteinsplaneten
des Sonnensystems vorkommen. Bild:
Jenry [Großansicht] |
Die Entstehungsgeschichte der Erde und des Sonnensystems fasziniert die
Wissenschaft und die Öffentlichkeit gleichermaßen. Durch die Erforschung der
heutigen Eigenschaften unseres Heimatplaneten und anderer Objekte im
Sonnensystem haben Forscherinnen und Forscher eine umfassende Vorstellung von
den Bedingungen entwickelt, unter denen sie sich aus einer Scheibe aus Staub und
Gas entwickelt haben, die die junge Sonne vor etwa 4,5 Milliarden Jahren umgab.
Mit den atemberaubenden Fortschritten in der Erforschung der Stern- und
Planetenentstehung, die sich mit weit entfernten Himmelsobjekten befasst, können
wir nun die Bedingungen in der Umgebung junger Sterne untersuchen und sie mit
denen vergleichen, die für das frühe Sonnensystem ermittelt wurden. Mithilfe des
Very Large Telescope Interferometer (VLTI) der Europäischen
Südsternwarte (ESO) hat ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von
József Varga vom Konkoly-Observatorium in Budapest genau das getan: Sie
beobachteten die planetenbildende Scheibe des jungen Sterns HD 144432 in etwa
500 Lichtjahren Entfernung.
"Bei der Untersuchung der Staubverteilung in der innersten Region der Scheibe
entdeckten wir zum ersten Mal eine komplexe Struktur, bei der sich der Staub in
einer solchen Umgebung in drei konzentrischen Ringen anhäuft", sagt Roy van
Boekel vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg. "Diese
Region entspricht der Zone, in der sich die Gesteinsplaneten im Sonnensystem
gebildet haben." Im Vergleich zum Sonnensystem liegt der erste Ring um HD 144432
innerhalb der Umlaufbahn des Merkurs und der zweite in der Nähe der Marsbahn.
Weiterhin befindet sich der dritte Ring ungefähr auf der Umlaufbahn des
Jupiters. Bisher haben Astronominnen und Astronomen solche Anordnungen vorrangig
über größere Bereiche hinweg gefunden, die der Zone jenseits der Umlaufbahn des
Saturn um die Sonne entsprechen.
Ringsysteme in den Scheiben um junge Sterne deuten im Allgemeinen darauf hin,
dass sich in den Lücken Planeten bilden, die auf ihrem Weg Staub und Gas
aufnehmen. HD 144432 ist jedoch das erste Beispiel für ein solch komplexes
Ringsystem nahe an seinem Wirtsstern. Es kommt in einer Zone mit einem hohen
Staubanteil vor, dem Baustein von Gesteinsplaneten wie der Erde. Die Forschenden
gehen davon aus, dass die Ringe auf das Vorhandensein von zwei Planeten
hindeuten, die sich in den Lücken gebildet haben, und schätzen, dass ihre Masse
in etwa der des Jupiters entspricht.
Das Forschungsteam bestimmte die Staubzusammensetzung in der Scheibe bis zu
einer Entfernung vom Zentralstern, die dem Abstand des Jupiters von der Sonne
entspricht. Was sie dabei gefunden haben, ist den Wissenschaftlern, die die Erde
und die Gesteinsplaneten im Sonnensystem untersuchen, sehr vertraut:
verschiedene Silikate (Metall-Silizium-Sauerstoff-Verbindungen) und andere
Mineralien, die in der Erdkruste und im Erdmantel vorkommen, sowie
möglicherweise metallisches Eisen, wie es im Kern des Merkurs und der Erde
vorhanden ist. Sollte sich dies bestätigen, wäre diese Studie die erste, die
Eisen in einer planetenbildenden Scheibe entdeckt hat.
"Astronomen haben die Beobachtungen von staubigen Scheiben bisher mit einer
Mischung aus Kohlenstoff- und Silikatstaub erklärt, Materialien, die wir fast
überall im Universum sehen", erläutert van Boekel. Aus chemischer Sicht ist
jedoch eine Mischung aus Eisen und Silikat für die heißen, inneren
Scheibenregionen plausibler. Und in der Tat liefert das chemische Modell, das
Varga auf die Daten angewandt hat, in diesem Fall bessere Ergebnisse, wenn Eisen
anstelle von Kohlenstoff berücksichtigt wird. Außerdem kann der in der Scheibe
von HD 144432 beobachtete Staub am inneren Rand bis zu ca. 1500 Grad Celsius
heiß sein und weiter draußen bis zu moderaten ca. 25 Grad Celsius.
In den heißen Regionen in der Nähe des Sterns schmelzen Mineralien und Eisen
und kondensieren erneut zu festen Verbindungen, oft als Kristalle. Die
Kohlenstoffkörner wiederum würden die Hitze nicht überleben und stattdessen als
Kohlenmonoxid- oder Kohlendioxidgas vorliegen. Dennoch könnte Kohlenstoff ein
bedeutender Bestandteil der festen Partikel in der kalten äußeren Scheibe sein,
die mit den Beobachtungen im Rahmen dieser Studie nicht aufgespürt werden
können. Eisenreicher und kohlenstoffarmer Staub würde auch gut zu den
Bedingungen im Sonnensystem passen. Merkur und die Erde sind eisenreiche
Planeten, während die Erde relativ wenig Kohlenstoff enthält. "Wir denken, dass
die Scheibe von HD 144432 dem frühen Sonnensystem sehr ähnlich sein könnte, das
die heutigen Gesteinsplaneten mit viel Eisen versorgt hat", sagt van Boekel.
"Wir vermuten, dass unsere Studie ein weiteres Beispiel dafür ist, dass die
Zusammensetzung unseres Sonnensystems recht typisch zu sein scheint."
Diese Ergebnisse waren nur mit außergewöhnlich hochauflösenden Beobachtungen
möglich, wie sie das VLTI liefert. Durch die Kombination der vier
8,2-Meter-Teleskope des Very Large Telescope am Paranal-Observatorium der ESO
können sie Details so auflösen, als ob die Astronominnen und Astronomen ein
Teleskop mit einem Hauptspiegel von 200 Metern Durchmesser einsetzen würden.
Varga, van Boekel und ihre Mitarbeiter sammelten Daten mit drei Instrumenten, um
eine breite Wellenlängenabdeckung von 1,6 bis 13 Mikrometern zu erreichen, was
infrarotes Licht darstellt.
Die Erstellung von Bildern mit einem Interferometer, wie wir sie von
Einzelteleskopen gewohnt sind, ist jedoch nicht gerade einfach und sehr
zeitaufwendig. Eine effizientere Nutzung der kostbaren Beobachtungszeit zur
Entschlüsselung der Objektstruktur besteht darin, die kargen Daten mit Modellen
von möglichen Konfigurationen zu vergleichen. Im Fall der Scheibe von HD 144432
gibt eine Form aus drei Ringen die Daten am besten wieder. Wie häufig sind aber
strukturreiche, eisenhaltige, planetenbildende Scheiben? Neben dem Sonnensystem
scheint HD 144432 ein weiteres Beispiel für die Entstehung von Planeten in einer
eisenreichen Umgebung zu sein. Die Astronominnen und Astronomen werden sich
jedoch nicht darauf beschränken.
"Wir haben noch ein paar vielversprechende Kandidaten, die darauf warten,
dass das VLTI sie genauer unter die Lupe nimmt", erklärt van Boekel. Bei
früheren Beobachtungen entdeckte das Team eine Reihe von Scheiben um junge
Sterne, die auf Konfigurationen hindeuten, die es wert sind, genauer betrachtet
zu werden. Mit den neuesten VLTI-Instrumenten werden sie schließlich deren
detaillierte Struktur und chemische Zusammensetzung präzise ergründen.
Letztendlich können die Forschenden vielleicht sogar klären, ob sich Planeten
regelmäßig in eisenreichen Staubscheiben in der Nähe ihrer Muttersterne bilden.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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